Urlaub in Deutschland Wandern in der Mecklenburgischen Schweiz

Salem · In der Mecklenburgischen Schweiz gibt es keine Berge. Das ist für Wanderer, die sich nicht anstrengen wollen, ganz angenehm. Auch mit dem Fahrrad lässt sich die Region gut erkunden. Und die Seen laden zu Kanutouren ein, bei denen man sogar auf Biber trifft.

Urlaub in der Mecklenburgischen Schweiz
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Foto: dpa, ah

Am Kummerower See ist es abends um acht noch frühsommerlich hell. Gebadet wird nicht mehr. Und auch die Jugendlichen, die am Nachmittag beim Segelkurs waren, sind nicht mehr zu sehen. Dabei herrscht im Hafenbecken von Salem mitten in der Mecklenburgischen Schweiz noch überraschend viel Betrieb und einige Aufregung, als die Teilnehmer der Bibertour ihre Schwimmwesten anlegen und die Kanus ins Wasser lassen. Bis alle schließlich das Paddel in der Hand haben, dauert es noch eine ganze Weile. Doch dann starten gleich mehrere Vierer, ein Dreier und ein Achter mit den jüngsten Nachwuchskanuten. Die Wasseroberfläche wirkt ganz still. Links am Uferrand steht die Holzskulptur einer nackten Badenden, die sich gerade in die Fluten stürzen will. Auf ihren Fingerspitzen hat sich eine Möwe niedergelassen. Die Kanuten auf Bibersafari gleiten schnell an ihr vorbei.

Noch ruhiger wird es, als die Gruppe die Peene erreicht, die den Kummerower See durchfließt. Der kleine Fluss, der weiter im Norden in die Ostsee mündet, ist hier ein Naturparadies. Sein Ufer ist dicht mit Schilf bestanden, dahinter ragen gleich einige Bäume auf. Hier fühlen sich nicht nur viele Vogelarten wohl. Hier ist auch der Biber zu Hause.

Es dämmert inzwischen. Und je dunkler es wird, desto stiller wird es auch. Man hat fast Angst, mit dem Paddel die gelben Blüten der Seerosen zu verletzen, die man fast unvermeidlich berührt, wenn man vorwärtskommen möchte. Wer sich jetzt noch unterhalten will, senkt automatisch die Stimme. Von den anderen Booten ist nur noch das Glucksen beim Eintauchen der Paddel zu hören. Da, ist das nicht ein Biberkopf? Die Ruderer stoppen wie auf ein Signal hin sofort alle Bewegungen. Tatsächlich, der schwimmende Nager zieht von rechts kommend quer über den Fluss, nicht in rekordverdächtigem Tempo, aber doch so, als wüsste er genau, wo er hin will. Eine Biberburg ist am Ufer zu sehen, ein Hügel mit Ästen, den ahnungslose Großstädter vermutlich kaum als Biberbehausung identifiziert hätten.

Dann ist erst einmal Stille, und die Kanus bewegen sich erneut vorwärts, allerdings längst nicht mehr in so geschlossener Formation wie zu Beginn der Tour. Auf dem Rückweg in den Hafen von Salem wird es in den Booten wieder lauter: Die Jungs aus dem Kanu ganz vorne wollen gleich drei Biber auf einen Schlag im Schilf gesehen haben. Aber das ist vielleicht Kanutenlatein. Zumindest ein weiterer Biber war aber von allen Booten aus zu sehen.

Für viele Tiere ist die Mecklenburgische Schweiz ein ideales Revier. Wo sonst finden sich an der Straße noch Verkehrsschilder, die vor Otterwechsel warnen. Biber und Otter profitieren davon, dass die Region unmittelbar nördlich der bekannteren und touristisch erschlosseneren Mecklenburgischen Seenplatte so dünn besiedelt ist. Größere Industriebetriebe gibt es hier nicht. Und Touristen haben gar nicht viele Alternativen als sich an die Natur zu halten, beim Wandern zum Beispiel.

Die Mecklenburgische Schweiz ist wie gemacht für leichte Touren: Ihrem Namen zum Trotz gibt es keine Berge. Die Landschaft ist zwar nicht flach wie ein Teller, sondern im Gegenteil hügelig-gewellt. Die Erhöhungen sind den Gletscherbewegungen der Eiszeit zu verdanken. Und nur selten ist ein Punkt zu finden, der an 100 Meter über dem Meeresspiegel herankommt. Schweißtreibende Anstrengungen sind deshalb nicht zu erwarten. Und ebenfalls angenehm: Rennstrecken mit Staugefahr gibt es hier nicht. Auf dem Wanderrundweg Mecklenburgische Schweiz ist man oft unter sich und bewegt sich manchmal kilometerweit allein durch Wald und Flur. Dann geht es begleitet von Vogelgezwitscher durch schattigen Buchenwald, in dem die Äste auf den Wanderwegen auf Schulterhöhe herunterragen, und vorbei an riesigen Feldern mit Weizen oder Gerste. Auf manchen liegen schon große runde Strohballen. Hier und da blühen Kornblumen. Am Horizont ist immer mal wieder ein Jägerstand zu sehen. Und manchmal flitzt ein Kaninchen über den Weg, oder Hummeln umschwirren die Brombeerblüten am Wegesrand.

Salem am Westufer des Kummerower Sees, gerade 700 Jahre alt geworden, bietet sich auch als Startpunkt für solche Touren an, ins nahe Neukalen etwa. Die Wege sind ausgeschildert, ein Wegweiser zeigt sogar, wie weit es nach Salem in Indien ist: 7365 Kilometer. Oder bis zur gleichnamigen Hauptstadt des US-Bundesstaates Oregon: 8265.

Und wer es lieber etwas schneller mag, steigt aufs Rad. Viele Straßen sind Alleen, über die die Bäume ihre Äste spannen. Etliche Seen gibt es, die sich meist auch mit dem Rad umrunden lassen. Das gilt auch für den Kummerower See. Und wer noch einmal mit dem Schiff fahren will: Am Nordufer setzt bei Verchen eine Fähre über die Peene. Fahrräder dürfen mit an Bord. Der Ort am anderen Ufer heißt merkwürdigerweise Aalbude und hat seinen Namen von den Aalfischern, die hier schon in vergangenen Jahrhunderten ihrer Arbeit nachgingen.

Radler, die dem Ufer folgen, fahren eine Strecke auch am Naturschutzgebiet Neukalener Moorwiesen entlang, die seit einigen Jahren renaturiert werden. Die Landschaft hat hier geradezu etwas Unwirkliches mit den vielen Baumstämmen, die aus den inzwischen wieder überfluteten Flächen herausragen. Die Natur bekommt hier zurück, was ihr gehört, Schwänen und Blesshühnern gefällt das.

Ausflugsmöglichkeiten für Familien gibt es viele: Schloss Basedow zum Beispiel, das inmitten eines ansehnlichen Parks liegt, genau wie Burg Schlitz ein Stück westlich des Malchiner Sees. Wer mobil ist, erreicht von der Mecklenburgischen Schweiz aus schnell die Ostseeküste. Der Zoo in Rostock bietet sich für einen Tagesausflug genauso an wie das Ozeaneum in Stralsund. Noch näher liegt Marlow mit seinem Vogelpark, in dem Weißstörche über Wiesen staken, Pelikane auf dem Wasser miteinander kuscheln und Pinguine vom Beckenrand hüpfen. Publikumslieblinge sind die Loris, echte Flugkünstler, die mit enormem Tempo über die Köpfe der Besucher fliegen, als wollten sie angreifen. Dabei sind sie sehr zutraulich und fressen sogar aus der Hand. Und auch Güstrow liegt gleich um die Ecke mit seinem Renaissanceschloss aus dem 16. Jahrhundert. In der hübschen Kleinstadt hat außerdem der expressionistische Künstler Ernst Barlach (1870 bis 1938) zuletzt gelebt. Im Atelierhaus am Inselsee sind Skulpturen und Plastiken von ihm ausgestellt. Eines seiner berühmtesten Werke, der Schwebende Engel, ist im Dom zu sehen.

(dpa)
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