Zwischen Kölsch und Matjes Per Flusskreuzfahrt von Köln nach Amsterdam

Köln/Amsterdam · Auf einem Flusskreuzfahrtschiff gibt es keine Kletterwand wie auf manchen Hochsee-Dampfern, keinen Autoscooter, keine Riesenauswahl an Restaurants. Doch genau das kann entspannend sein - wie sich auf dem Rhein zwischen Köln und Amsterdam zeigt.

So schön ist eine Flusskreuzfahrt von Köln nach Amsterdam
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Foto: dpa-tmn/Andrea Warnecke

Von einer Auslaufparty auf dem Sonnendeck war im Tagesprogramm die Rede. Das ist gleich eine doppelte Übertreibung. Zum einen regnet es kurz nach 16.00 Uhr, als die Matrosen der „A-Rosa Brava“ in Köln die Leinen losmachen. Zum anderen: Party auf einem Flusskreuzfahrtschiff? Nennen wir es eher mal gemütliches Beisammenstehen in Regenjacke.

Passend zum Startort der Reise gibt es Kölsch aus dem Fass. Dazu waren Seemannslieder in Aussicht gestellt. Stattdessen werden es Bläck Fööss und die Höhner mit Karnevalsliedern, die aus den Lautsprechern auf dem Oberdeck schallen. Start für eine Flusskreuzfahrt, die in den kommenden Tagen auf dem Rhein und seinen Nebengewässern nach Belgien und in die Niederlande führen wird.

Kaum hat die „A-Rosa Brava“ die Stadtgrenze Kölns hinter sich gelassen, verziehen sich die Regenwolken. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages lassen sich ganz in Ruhe - die CD mit der Karnevalsmusik wurde mittlerweile gegen meditative Musik getauscht - und fast allein auf dem Sonnendeck genießen. Nur ein weiterer Passagier hat sich in mehrere Decken eingewickelt und lässt sich auf einem Liegestuhl den Wind um die Nase wehen.

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Foto: Roberta Patat / Shutterstock.com

Als Passagier, der schon auf Hochseekreuzfahrtschiffen unterwegs war, aber noch nicht auf dem Fluss, stellt man sich zu Beginn der Reise schon die Frage: Was mache ich hier eigentlich die ganze Zeit? Die „A-Rosa Brava“ kann man nicht mit einer der schwimmenden Städte auf dem Meer vergleichen, die Dutzende Restaurants, Bars, Attraktionen wie Autoscooter, Kletterwand und Wasserrutsche bieten. Die Unterhaltung beschränkt sich auf vier Minigolflöcher und Shuffleboard- sowie Schachfeld auf dem Sonnendeck.

Doch je länger man an Bord ist, desto seltener stellt man sich die Frage. Das geht auch den Mitreisenden so. „Eigentlich ist das viel entspannender als auf einem Hochseekreuzfahrtschiff“, sagt einer der Passagiere. „Ich muss mir nicht überlegen: In welche Bar gehe ich jetzt, in welchem Restaurant esse ich heute, welche Show besuche ich? Es gibt einfach keine Auswahl.“

Stattdessen: Kabinenfenster auf oder gleich aufs Sonnendeck. Die Landschaft vorbeiziehen lassen. Mal geht es durch eine Stadt, mal durch unberührte Flussauen, wo nur hin und wieder mal ein Angler am Ufer steht. Eine der größten Attraktionen sind die Schleusen auf der Strecke - noch dazu wenn sie so lustige Namen haben wie Kreekrak (gesprochen: Krickkrack).

Fast alle Passagiere haben sich am frühen Nachmittag des zweiten Tages auf dem Sonnendeck versammelt. Nur Zentimeter von der Schleusenmauer entfernt lenkt Kapitän Ulli Schwalbe das Schiff. Direkt nebenan parkt ein riesiger Frachter. Dahinter finden noch ein paar Jachten Platz. Rund zwei Meter geht es hinauf beziehungsweise hinab. Rund 15 Minuten dauert der ganze Vorgang, bis sich das Schleusentor auf der anderen Seite wieder öffnet.

Die Fahrt führt weiter durch das niederländisch-belgische Flachland. Die höchsten Erhebungen sind die Deiche. Langweilig wird es dennoch nicht: Schafe weiden auf den Wällen, Windräder drehen sich, ab und zu passiert die „A-Rosa Brava“ ein kleine Städtchen.

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Foto: dpa-tmn/Costa Kreuzfahrten

Am späten Nachmittag dann Ankunft in Antwerpen, dem ersten Stopp der Reise - spektakuläres Einparkmanöver inklusive: Rückwärts steuert Kapitän Schwalbe das 135 Meter lange Schiff durch einen schmalen Kanal. Die Klappbrücke, die normalerweise darüber führt, ist hochgekurbelt. Per Funk gibt ein Matrose am Heck des Schiffes durch, wie viel Platz noch ist.

Fast alle Passagiere haben in Antwerpen eine Führung durch die Stadt gebucht. Guide Leo zeigt der Gruppe den Grote Markt (das Rathaus ist leider eingerüstet, der Platz von einem Fahrradwettbewerb blockiert), die Kathedrale (nur von außen, weil gerade Gottesdienst ist), die Pauluskirche und den weltberühmten Bahnhof, „die Kathedrale der Eisenbahn“. Die Stadt beeindruckt, auch wenn wieder Regen einsetzt.

Der hat sich auch in Rotterdam am nächsten Morgen nicht verzogen. Die Bordzeitung ist gleichsam optimistisch: Trotz „90 Prozent Regenwahrscheinlichkeit“ sagt sie einen „sonnigen“ Tag voraus. Es werden dann eher 100 Prozent Regen - auch in den Schuhen, die nach einem Spaziergang zu den Kubushäusern und der Markthalle sowie einem Abstecher auf den Euromast-Turm völlig durchweicht sind. Dann doch lieber zurück aufs Schiff und in der kleinen, aber durchaus brauchbaren Sauna wieder aufheizen.

Die Flusskreuzfahrt hat mit so manchem Vorurteil zu kämpfen. Dazu gehört vor allem, dass angeblich nur Menschen jenseits der 80 an Bord sind. Die Rollatordichte auf der „A-Rosa Brava“ ist bei dieser Reise aber eher gering. Sogar eine Familie mit zwei Kindern ist an Bord. Neben den Rollatoren steht im Foyer also auch ein Kinderwagen. Für manchen mag das ein ungewohntes Bild auf einer Flusskreuzfahrt sein.

Hotelmanager Michael Frahm beobachtet schon länger einen Wandel: „Das Publikum ist deutlich jünger geworden.“ Das liege vielleicht auch daran, dass man auf einer Flusskreuzfahrt schnell runterkommt, zum Beispiel von einem stressigen Job.

Doch alles ist natürlich relativ. „Uns gefällt es wirklich sehr gut hier“, erzählt ein Mittsechziger eines Abends bei einer Runde Scrabble. „Aber wissen Sie, eine Sache stört uns dann doch: Hier sind ja nur Alte an Bord.“

An das Alter der Passagiere angepasst ist auch die Abendunterhaltung. Gastgeberin Heidi - „von der Alm“, wie sie sich am ersten Abend selbst vorstellt - bemüht sich, etwas Stimmung in die Lounge des Schiffes zu kriegen. Beim Musikbingo („Hände zum Himmel“, „Hey Baby“, „Ich war noch niemals in New York“) gelingt das ansatzweise, bei der Schnitzeljagd stellt sich aber schon die Frage, ob dies das Richtige für die anwesende Altersgruppe ist. So sind die Einzigen, die mit Heidi über das Schiff ziehen, eine Frauengruppe mittleren Alters. Besser kommt das Matjes-Essen mit Genever vormittags um elf mit den schon beim Auslaufen in Köln avisierten Seemannsliedern an.

Frühstück, Mittagessen, Kaffee und Kuchen, Abendessen: Alles wird bei A-Rosa in Buffetform serviert. Nicht nur in diesem Punkt werden die gemeinsamen Wurzeln mit Aida Cruises deutlich. Doch mit dem so häufig anzutreffenden Trubel in den Aida-Buffetrestaurants ist die Lage auf der „A-Rosa Brava“ bei weitem nicht zu vergleichen. Entspannt geht es zu, die Kellner kennen am zweiten Abend die Gäste mit Namen.

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Foto: Unsplash/Alonso Reyes

An eine Sache muss man sich bei einer Flusskreuzfahrt aber gewöhnen: Wenn man morgens den Vorhang aufzieht, kann es passieren, dass man entweder direkt an einem Bürgersteig steht - wo gerade ein Hund einen dicken Haufen vors Fenster setzt. Oder aber man liegt direkt neben einem anderen Schiff und kann dem Nachbarn direkt in die Kabine schauen. Puh, zum Glück ist man schon angezogen - die geschätzt 70 Jahre alte Dame in der Kabine gegenüber ist es nicht.

Gleich zwei weitere A-Rosa-Schwesterschiffe und eine Handvoll weitere Flusskreuzfahrtschiffe liegen an diesem Tag im Hafen von Amsterdam. Sonnendeck reiht sich an Sonnendeck. Mit einem kurzen Schritt könnte man auf das Nachbarschiff steigen.

Nur einen kurzen Fußmarsch entfernt liegt das Zentrum der niederländischen Hauptstadt. Auch das ist ein Vorteil gegenüber einer Hochseekreuzfahrt, bei der die Schiffe oft weit außerhalb der Städte anlegen. Von der 135 Meter langen „A-Rosa Brava“ geht es so ganz einfach auf das 20 Meter lange Boot für die Grachtenrundfahrt, ohne die ein Amsterdam-Besuch kein Amsterdam-Besuch wäre.

Informationen: Flusskreuzfahrt auf dem Rhein

Der Rhein mit seinen Nebenflüssen war 2017 laut der Branchenvereinigung IG River Cruise das zweitebeliebteste Flusskreuzfahrtziel der Deutschen nach der Donau. A-Rosa bietet auch 2019 Flusskreuzfahrten ab Köln in die Niederlande und Belgien in unterschiedlicher Länge an. Eine Vier-Nächte-Reise von Köln aus nach Amsterdam und Rotterdam kostet zum Beispiel ab 449 Euro. Auch andere große Anbieter wie Nicko Cruises, Phoenix Reisen und Croisi Europe sind auf dem Rhein unterwegs. In den Häfen werden organisierte Ausflüge angeboten, die extra kosten. Meist liegen die Schiffe jedoch nicht weit vom Zentrum entfernt, so dass man auch auf eigene Faust losziehen kann.

(ham/dpa)
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