Bayern Auf Hopfenpfaden in der Hallertau

Die Hallertau im Herzen Bayerns ist mit 2400 Quadratkilometern das größte zusammenhängende Hopfenanbaugebiet der Welt. Bei einem Urlaub kommen nicht nur Biertrinker auf ihre Kosten.

 Das Kloster Weltenburg nahe Kelheim beherbergt die weltweit älteste Klosterbrauerei.

Das Kloster Weltenburg nahe Kelheim beherbergt die weltweit älteste Klosterbrauerei.

Foto: Michael Juhran

Kleopatra sagt man eine Vorliebe für Bäder in Eselsmilch nach. In Bad Gögging ziehen Gäste im Hotel Eisvogel ein Bad mit Bierzusatz, Maische und Hopfenöl vor. Eine vorzügliche Mischung, um die Haut zu reinigen, das Gemüt zu besänftigen und sich in einen Zustand des Wohlgefühls hineingleiten zu lassen. Hopfen – das wusste schon Hildegard von Bingen im Mittelalter – ist nicht nur antibakteriell, sondern beruhigt auch die Nerven und erzielt in Verbindung mit Bierhefe einen natürlichen Peeling-Effekt. Steigt man in die mit dunklem Gebräu und warmem Wasser gefüllte Wanne, kitzeln Bier­aromen den Geruchssinn, als hätte man sich in ein Sudhaus verirrt. Seit einigen Jahren erfreut sich dieses Badeprozedere großer Beliebtheit und selbst passionierte Biertrinker sehen in dieser „Zweckentfremdung“ keinen Frevel.

„Ich habe mit dieser Verwendung kein Problem“, sagt Hopfenbauer Johann Ostler, der im benachbarten Oberulrain 50 Hektar des grünen Goldes anbaut. „Solange er dem Körper gut tut, passt das schon“, zeigt er sich tolerant. Und überhaupt nutzte man in früheren Zeiten den Hopfen aufgrund seines Inhaltsstoffes Lipulin in erster Linie als Arznei. Besucht man mit Johann Ostler eines der Hopfenfelder, lässt sich durch den Maschinenpark führen oder betritt die Trocknungshallen, erhält man eine Vorstellung davon, wie aufwendig Anbau, Ernte und Verarbeitung des Hopfens sind. Durchschnittlich 230 Stunden Arbeit fließen in einen Hektar ein, etwa das Vierzigfache verglichen mit Getreide. Die Nachfrage nach neuen aromatischen Sorten stieg in den vergangenen Jahren ständig, auch dank der Craftbier-Brauer. Besonders im August und September vor der Ernte ist es eine Freude, durch die sieben Meter hohen, kräftig grünen Pflanzenspaliere zu gehen und an den Feldern entlang zu radeln. An warmen und feuchten Tagen kann man dem Hopfen fast beim Wachstum zusehen – mit bis zu 25 Zentimetern pro Tag nahezu rekordverdächtig.

Ohne den Einsatz von Maschinen war der Aufwand früher bis zu fünfzehn Mal höher, erfährt man im Deutschen Hopfenmuseum in Wolnzach. Dennoch handelte es sich bei der mühsamen Ernte nicht um eine „bierernste“ Angelegenheit. „Oft saßen die Saisonarbeiter beim Pflücken der Dolden gesellig beisammen und stimmten Lieder an“, weiß Astrid Wingert zu berichten.

So ganz nebenbei erfährt man in der Ausstellung auch, dass die Wikinger bereits im neunten Jahrhundert in Hai­thabu mit Hopfensamen Handel trieben. In Mitteleuropa nutzten fleißige Mönche das grüne Gold zur Haltbarmachung ihres selbstgebrauten Gerstensaftes. Es verwundert daher nicht, dass gerade in der Hallertau mit dem Kloster Weltenburg seit 1050 die wahrscheinlich älteste aktive Klosterbrauerei der Welt noch heute ihren Dienst versieht. „Das Weltenburger Dunkel, das man im Klosterbiergarten anbietet, gilt international als bestes Dunkelbier“, berichtet Donaufischer Lothar Ziegler, während er mit seinem Boot das idyllisch an einer Donauschleife gelegene Kloster passiert und auf die gewaltigen Jurafelsen nahe Kelheim zusteuert. Bereits zur Zeit der Römer soll es an diesem landschaftlich bezaubernden Flecken eine Siedlung gegeben haben.

Johann Ostler baut in Oberulrain 50 Hektar des grünen Goldes an.

Johann Ostler baut in Oberulrain 50 Hektar des grünen Goldes an.

Foto: Michael Juhran

Die Römer sollen dem Trank der Germanen wenig Wertschätzung entgegengebracht haben. „Sie labten sich lieber an ihrem Wein“, erläutert Gästeführerin Agnes Englerth bei einem Besuch des Kohortenkastells Abusina, das vom ersten bis zum fünften Jahrhundert als Stützpunkt zur Kontrolle der Donau und der Landstraßen diente. Freigelegte Grundmauern, Infotafeln und rekonstruierte Gebäudeteile lassen hier Geschichte lebendig werden. Auch die Überreste eines beheizbaren Bades treten zum Vorschein – ein Luxus, der sich im Römischen Museum für Kur- und Badewesen in Bad Gögging genauer begutachten lässt. Mit ihrem ausgeklügelten System von Fußboden- und Wandheizungen in Bädern und Schwitzbädern waren die Römer den Germanen weit voraus. Wirtschaftlich brachte die Römerzeit für die Region einen Aufschwung, denn die Besatzer entdeckten und nutzten heilende Schwefel- und Thermalquellen, die noch heute Reha-Patienten und Badegäste aus aller Welt anziehen. Auf Urlauber wartet in der großzügig errichteten Limes-Therme im Ortszentrum ein Heilmittel-Trio aus Schwefel- und Thermalwasser sowie lokal abgebauten Moorpackungen.

Eine magische Wirkung geht auch von einer Brauerei im nahen Abensberg aus, wo es dem umtriebigen und kunstinteressierten Besitzer gelang, den österreichischen Maler und Umweltaktivisten Friedensreich Hundertwasser für ein Gesamtkunstwerk zu gewinnen, das die Kunst der Brauerei mit den darstellenden Künsten in seltener Perfektion vereinigt. Allein die Architektur und Verzierung des nach Entwürfen Hundertwassers errichteten Kuchlbauer Turms lassen die Augen von Kunstfreunden erstrahlen. Die Innenarchitektur der Brauerei birgt weitere Schätze und im benachbarten „KunstHausAbensberg“ kann man Originalgrafiken, Architekturentwürfe, Plakate und Umweltprojekte bewundern. Genießt man anschließend im Biergarten der Brauerei ein leckeres Weißbier und lässt die Erlebnisse der Urlaubstage in der Hallertau Revue passieren, so kann man sich nicht nur über die vielen neuen Erkenntnisse freuen – man trinkt sein Bier künftig auch mit mehr Respekt.

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