Golfhotel Störche und Biber im Rough

Wer Golfen möchte wie der Aldi-Gründer, kann auf dem von ihm mitgestalteten Platz bei Donaueschingen abschlagen.

 Schon Aldi-Gründer Karl Albrecht wusste den 1976 gebauten Öschberghof und den Golfplatz zu schätzen.

Schon Aldi-Gründer Karl Albrecht wusste den 1976 gebauten Öschberghof und den Golfplatz zu schätzen.

Foto: Stefan Quante

Wird er wirklich kommen, zur „Tee Time“ um 9.30 Uhr? Schließlich hat Direktor Alexander Aisenbrey einen 16-Stunden-Tag mit einer betreuungsintensiven Familienfeier hinter sich. Unwahrscheinlich, dass er die Verabredung zum Golfen zur vergleichsweise frühen Stunde wirklich einhält...

Aber Aisenbrey ist der erste an Loch Eins. Er hat sich schon eingeschlagen und strahlt voller Vor- und Nachfreude. Sein Öschberghof hat die coronagerechte Familienparty ebenso tadellos überstanden wie er selbst. Er überlässt mir die Ehre des ersten Abschlages und erweist sich auch sonst als perfekter Gastgeber: Seinen Schlag donnert der Direktor in die dicht gestaffelte Baumreihe zur Linken. Der guten Laune tut das keinen Abbruch, auch wenn die gewohnte Form noch auf sich warten lässt. Kein Wunder, denn: „Wir haben drei intensive Baujahre hinter uns – bei laufendem Betrieb. Da bin ich nicht oft zum Spielen gekommen.“ Von dem seit 1976 bestehenden Hotel ist dabei nicht viel übrig geblieben. Zu den vorhandenen und rundum renovierten 73 Zimmern sind 53 neue, ein Spa mit 5000 Quadratmetern, ein ganzjährig beheizter Außenpool, ein Fußballplatz, fünf Tagungsräume, zwei neue Restaurants und zwei weitere Golfplätze direkt am Hotel hinzugekommen. Auf Anhieb gab es dafür die höchste Weihe für ein Hotel – die Kategorisierung als Fünf-Sterne-Superior-Haus, und zwar mit der höchsten Punktzahl in ganz Baden-Württemberg. Noch vor der berühmten Traube-Tonbach in Baiersbronn, wo Aisenbrey bis vor 20 Jahren selbst gearbeitet hatte. Durch sein Wirken dort wurde er einem gewissen Karl Albrecht und seinem Geschäftsführer Ulrich Wolters empfohlen. Wolters, der Chef von Aldi-Süd, erkannte seine Gastgeber-Qualitäten und bot dem damals 29-Jährigen die Leitung des Öschberghofes, damals ein kleines Hotel in der Nähe seines Logistikzentrums Donaueschingen.

Karl Albrecht war ein begeisterter Golfspieler, hatte ein einstelliges Handicap, doch konnte nicht sehr weit schlagen. Ulrich Wolters sagt über seinen langjährigen Chef: „120 Meter war seine normale Abschlagdistanz. Aber er spielte unglaublich präzise und verlor fast nie einen Ball.“ Einmal wunderte sich Wolters über den schon ziemlich abgenutzten Ball seines Chefs, den das aber nicht störte. Erst als er Karl Albecht, den reichsten Mann Deutschlands, darauf hinwies, dass alte Bälle nicht mehr so weit fliegen, konterte der trocken: „Dann werde ich mir jetzt wohl mal einen Neuen kaufen.“

Den Old Course hat Albrecht selbst entworfen. Weil er mit dem Entwurf eines Golfplatz-Architekten nicht einverstanden war, zeichnete er auf Millimeter-Papier seinen eigenen Traumplatz. Noch heute, 45 Jahre später, beeindruckt der parkähnlich gestaltete Platz mit seinem stattlichen Baumbestand, sanften Hügeln und langen Bahnen. Und mit seiner eindrucksvollen Fauna. Während Alexander Aisenbrey an Loch drei zu gewohnter Form zurück findet, landet ein Weißstorch am Rande des benachbarten Fairways. Der Hoteldirektor wirkt unbeeindruckt, denn: „Wir haben hier ungefähr 30 Störche, aber auch Biber, große Milane, Rehe und leider auch noch ein paar Wildschweine.“

Dank seiner 30 Greenkeeper bleibt das rege Tierleben aber weitgehend ohne sichtbare Spuren. Nur ein paar angeknabberte Bäume deuten auf die streng geschützten Biber hin. Mehr und mehr kann Alexander Aisenbrey seine Platzkenntnis ausspielen. Da sind zum Beispiel die riesigen Vorgrüns, die den Ball ungewöhnlich stark bremsen. Wer da nicht präzise puttet, erlebt unangenehme Überraschungen. Zum Glück ist der Direktor nicht der kompetitive Typ, sondern eher Geselligkeitsgolfer mit Lust an Konversation.

Er schwärmt geradezu von seinen Mitarbeitern, die meisten sind noch ziemlich jung und erstaunlich motiviert. Warum das so ist? „Zusammen mit jetzt schon 80 weiteren Betrieben haben wir die Initiative Fair Job Hotels gestartet. Wir zahlen über Tarif, halten die vorgeschriebenen Arbeitszeiten streng ein und bieten zahlreiche Weiterbildungsmaßnahmen an.“ Denn gute Mitarbeiter für die Hotellerie zu finden werde immer schwieriger. Der junge Küchenchef seines neuen Gourmet-Restaurants Ösch Noir, Manuel Ulrich, etwa ist ein Eigengewächs. Ihn hat Aisenbrey zu seinem alten Chef und Freund, Heiner Finkbeiner, in die Traube-Tonbach geschickt. Dort hat er sich bei Drei-Sterne-Koch Torsten Michel den letzten Schliff geholt. Und was Manuel Ulrich seit der Restaurant-Eröffnung vor knapp einem Jahr an neu interpretierter Schwarzwaldküche auf den Tisch bringt, hat ihm soeben den ersten eigenen Michelin-Stern eingebracht. Kurz danach kam Corona. Die schlimmste Phase ist überstanden, Hotel und Restaurant sind voll geöffnet und fast alle Mitarbeiter wieder an Bord.

Aber Aisenbrey ist Realist: „Wir starten hier ja quasi zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres neu und müssen unsere lieb gewonnenen Stammgäste ebenso halten, wie eine neue Klientel vor allem aus Grenznähe erobern.“ Viele Schweizer sind schon da, wegen der geringen Entfernung und weil für sie Übernachtungspreise ab 398 Euro für ein Doppelzimmer mit Halbpension in dieser Liga eher ein Schnäppchen sind.

 Golfer kommen auf dem gepflegten Grün auf ihre Kosten.

Golfer kommen auf dem gepflegten Grün auf ihre Kosten.

Foto: Stefan Quante

Zum Abschluss der morgendlichen Golfrunde bekomme ich beiläufig noch einen Hinweis vom Direktor. Im Hexenweiher, dem Clubrestaurant, sei die alte Golftasche von Karl Albrecht ausgestellt. Der Blick lohnt sich – in die Seele eines leidenschaftlichen Golfers und auf ein ziemlich intensiv genutztes unscheinbares Sportgerät. „Hr. K. Albrecht“ steht auf dem Namensschild und daneben hängt ein häusliches Frotteetuch in Lachsrosa. Nur den neu gekauften Golfball suche ich vergeblich.

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