Mecklenburg-Vorpommern Sommerfrische mit Charme und Meer

Die Vorsaison im Ostseebad Boltenhagen verspricht viel Platz am Strand, Wanderungen an der Steilküste, Familienspaß, eindrucksvollen Fischerei-Alltag und Überraschungen im Klützer Winkel, dem grünen Hinterland.

 Familien haben viel Spaß an der Weißen Wiek im Seebad Boltenhagen an der Mecklenburgischen Ostseeküste.

Familien haben viel Spaß an der Weißen Wiek im Seebad Boltenhagen an der Mecklenburgischen Ostseeküste.

Foto: Bernd Schiller

Uwe Dunkelmann, Fischer an der mecklenburgischen Küste, ist eine Frohnatur. Natürlich baut sich auch bei ihm wie bei den meisten Kollegen entlang der deutschen Küsten gelegentlich Frust auf. Brüssel und Berlin haben mit bürokratischen Vorgaben aus nicht immer nachvollziehbaren Gründen die Fischerei in den vergangenen Jahren schwieriger gemacht. Auch die Naturschützer stoßen mit ihrer Fürsorge für die Kormorane zuweilen auf Unverständnis. Aber nichts ist Uwe, dessen Familie in vierter und fünfter Generation vor Boltenhagen fischt, so wichtig wie das Bekenntnis zu seinem Beruf: „Es gibt nicht Schöneres als frühmorgens hinaus zu fahren.“

 Der Fischer Uwe Dunkelmann liebt seinen Beruf trotz einiger Widrigkeiten.

Der Fischer Uwe Dunkelmann liebt seinen Beruf trotz einiger Widrigkeiten.

Foto: Bernd Schiller

An den meisten Tagen genießt er auf der „Uschi“, seinem zehn Meter langen Kutter, das Meer, die Ruhe, die Freiheit für sich allein. Manchmal aber nimmt er aber auch gern fünf, sechs Urlauber mit auf See. Wer mag, darf beim Einholen der Netze anpacken oder auch das Ruder selber in die Hand nehmen. Drei Stunden später kehren die Gäste beeindruckt, oft auch beglückt, an den Steg an der Weißen Wiek zurück.

Diese Bucht, eingerahmt von Jachten und Segelbooten, von einem modernen Hotel an der einen und von roten Fischerhütten an der anderen Seite, liegt nur fünf Autominuten vom Zentrum entfernt, von der neu gestalteten Dünenpromenade und von der 290 Meter langen Seebrücke, die seit zehn Jahren, als Nachfolgerin einer morsch gewordenen Brücke aus dem Jahre 1911, in die Ostsee ragt. Gleich gegenüber schlägt das grüne Herz des Seebads, mit Kurpark, Springbrunnen, dem Hotelklassiker „Großherzog von Mecklenburg“ und der Kurverwaltung.

Boltenhagen versteht sich als Sommerfrische mit zeitgemäßem Angebot. Von den nahen Nobelbädern im Westen, Travemünde, Timmendorf, Scharbeutz, oder, im Osten, von Binz auf Rügen, von den Kaiserbädern auf Usedom, hat es sich erfolgreich mit einem eigenen, sympathischen Profil abgesetzt: kinderfreundlich, naturnah, bodenständig – charmant, aber ohne Chichi. Die Perspektive ist auf Familienferien, Nachhaltigkeit, Revitalisierung, medizinische Wellness, auf Lebensfreude in vielerlei Ausprägung ausgelegt. Die Lage zwischen Lübeck und Wismar, idealen Ziele für Radwanderer, regt zu Ausflügen in die Geschichte der Backsteingotik und der Hanse an.

Noch näher liegen die Schätze der Natur: im Westen der Blick von der Steilküste übers Meer in Richtung Horizont, im Osten die Entdeckungen am naturbelassenen Strand der Wohlenberger Wiek – von Anglern, Lebenskünstlern und Sonnenuntergangs-Genießern empfohlen. Wer sich einer Wanderung mit der Natur- und Landschaftsführerin Astrid Appel anschließt (siehe Infos im Kasten) wird nicht nur erfahren, warum es ganz falsch ist, über angeschwemmtes Seegras die Nase zu rümpfen, was der Klimawandel mit der Küste macht, wo das Meer ausgleicht, was die Herbststürme vom Steilufer abgebrochen haben.

Auch das Land hinterm Strand, der märchenhaft wirkende Klützer Winkel, birgt Schätze, die es von Boltenhagen auf Radtouren oder Wanderungen zu entdecken gilt. Sanfte Hügel, viel Grün, fein renovierte Schlösser Herrenhäuser, Dörfer, die mancherorts noch wie aus der Zeit gefallen wirken. Stockrosen ranken sich am Fachwerk hoch, Linden- und Kastanienalleen laufen wie grüne Tunnel auf alte Gutshöfe zu. Ältere Frauen servieren selbst gebackene Brombeertorten in einem Garten unter alten Obstbäumen.

Mittendrin Klütz, ein verschlafenes Ackerbürgerstädtchen. Wenn da nicht die „Alte Molkerei“ wäre, in der ein buntes Völkchen ein Kreativzentrum eingerichtet hat. Oder das Literaturhaus mit Erinnerungen an Uwe Johnson, den „Dichter der beiden Deutschland“. Klütz war ihm vermutlich Vorbild für „Jerichow“, den fiktiven Schauplatz seines Romans „Jahrestage“. Und Schloss Bothmer, der schönste Barockpalast des Nordens.

 Schloss Bothmer liegt gerade einmal zehn Fahrradkilometer vom Seebad Boltenhagen entfernt.

Schloss Bothmer liegt gerade einmal zehn Fahrradkilometer vom Seebad Boltenhagen entfernt.

Foto: Bernd Schiller

Nostalgiker zuckeln hingegen seit 2014 gern mit einer Schmalspurbahn durch Felder und Wiesen, gerade mal sechs Kilometer von Klütz nach Reppenhagen, im entspannten Tempo von 1905. Damals begann die „Großherzoglich-Mecklenburgische Friedrich-Franz Eisenbahn“ ihren Dienst, seinerzeit noch bis Grevesmühlen. Nach bewegter Geschichte und langem Stillstand dampft „de Lütte Kaffeebrenner“ wieder durch ein besonders schönes Stück vom Winkel. Was es mit dem Kaffeebrenner auf sich hat, lässt man sich am besten von einem der Kondukteure in historischer Uniform erklären.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort