Alaska Unterwegs im Grenzland

Alaska ist anders – ein Mekka für Outdoorenthusiasten, ein Labsal für stress-, lärm- und hitzegeplagte Großstädter, aber vor allem ein Paradies für Naturfreunde und Abenteurer.

Zodiakfahrten durch die Icy Bay gehören zu den schönsten Erlebnissen einer Alaska-Reise.

Zodiakfahrten durch die Icy Bay gehören zu den schönsten Erlebnissen einer Alaska-Reise.

Foto: Michael Juhran

Der nördlichste und größte Bundesstaat der USA ist zugleich der am dünnsten besiedelte und entlegenste. Viele Orte lassen sich lediglich per Flugzeug oder mit dem Schiff erreichen, weshalb man „The Last Frontier“ Amerikas am bequemsten per Expedition auf dem Wasser entdecken kann. Die norwegische Gesellschaft Hurtigruten gehört seit Mai 2022 zu den wenigen Kreuzfahrtunternehmen, die dabei mit dem Hybridschiff „Roald Amundsen“ bis nach Nome im Beringmeer vordringen.

Bevor wir an Bord des Schiffes gehen, erkunden wir den 3600-Seelen Ort. Unweit der Büste des Polarforschers erinnert ein Denkmal an die Zeiten, als das kleine Nome plötzlich im Rampenlicht der Weltpresse stand. 1898 stießen ein Norweger und zwei Schweden hier auf Gold und schon ein Jahr später bevölkerten rund 20.000 Glücksritter die Strände auf der Suche nach Reichtum und Glück. Überrascht treffen wir auf den deutschen Auswanderer Nils Hahn, der mit seiner Frau Diana und Tochter Lizzy Alaska Huskies züchtet. „Unendliche Natur weit und breit“, schwärmt der sympathische Musher, der bereits viermal erfolgreich das über 1600 Kilometer lange Iditarod-Schlittenhunderennen von Anchorage bis Nome unter härtesten Winterbedingungen zurückgelegt hat.

An Bord der Roald Amundsen zeichnet sich auf den Gesichtern der 310 Expeditionsteilnehmer eine durch unvorteilhafte Wetterprognosen gedämpfte Erwartungshaltung ab, die sich angesichts der Wasserfontänen von Finn- und Buckelwalen neben dem Schiff jedoch schon bald aufhellt. Die ersten von dösenden Seelöwen belagerten Inselgruppen ragen wie scharfe Haizähne aus der See empor. Bei St. Matthew ermöglichen Exkursionen mit wendigen Zodiaks eine nähere Erkundung der dicht von Papageientauchern und Lummen bevölkerten Felsen. In Chuginadak stoßen die aus Meeresvulkanen entstandenen Inseln mit ihren Gipfeln bis in die Wolkenschichten vor. Wir haben die Aleuten erreicht, eine 1750 Kilometer lange Inselkette, die Alaska mit Kamtschatka verbindet, durch das Abtauchen der Pazifischen unter die Nordamerikanische Platte entstand und als nördlicher Teil des Pazifischen Feuerrings zu den seismisch aktivsten Zonen der Erde gehört.

Ein Besuch der Insel Unalaska erinnert an die Zeit, als Alaska unter russischer Verwaltung stand, bevor es 1867 an die USA wechselte. Straßenschilder tragen vereinzelt russische Namen und die russisch-orthodoxe Kirche scheint noch immer das kulturell-religiöse Zentrum des Hafens zu sein, wie uns ein indigener Einheimischer bestätigt. Voller natürlicher Schönheit erstrahlen der Katmai-Nationalpark und die Kukak-Bay.

Erstmals stoßen wir während unserer Zodiak-Expeditionen auf Braunbären, von denen sich in den Buchten von Geographic Harbor ein Dutzend zu einem Picknick verabredet zu haben scheint. Geduldig scharren sie mit ihren Bärenjungen an den Stränden nach Muscheln. Nur die lässig auf ihren Rücken vorbeischwimmenden Seeotter wirken genervt und bleiben auf Distanz. Auch in Kodiak scheint die Sonne und lädt zu einer romantischen Wanderung zum Fort Abercrombie ein. Die Wege führen durch dichte, mit riesigen Moosflächen besetzte und mit Flechtengardinen behängte Wälder bis zur Küste mit ihren bizarren Felsgebilden. Wie in einem Märchen säumen Beerensträucher den Weg. Bei einem weiteren Stopp in Seward entdecken wir die ersten Lachse, die sich in einem Bach mitten im Ort auf die Wanderschaft zu ihren Laichplätzen machen.

Am Folgetag steuert Kapitän Svein Rune seinen Pott behutsam in die Icy Bay. Die von mehreren Gletschern gespeiste und mit kleinen Eisbergen übersäte Meeresbucht ist einer der Lieblingsplätze des Kapitäns. Die Zodiakfahrten durch dieses grandiose Naturschauspiel von Sonne, Wasser und Eis vor dem Hintergrund des majestätisch aufragenden Mount Saint Elias, dem viertgrößten Berg Nordamerikas, gehört mit Sicherheit zu den Momenten im Leben, die sich tief ins Gedächtnis einprägen. Im Kontrast dazu wird es in Sitka richtig grün. Weißkopfadler beäugen neugierig die Wanderer im Sitka National Historic Park. Totempfähle säumen die Wege und vom Küstenweg aus sieht man Tausende Lachse aus dem Wasser springen. Hobbyangler decken sich mit Wintervorräten ein, auf dem Meer wimmelt es von Kuttern und schließlich warten an den Flussoberläufen noch die Braunbären auf ihren Anteil an der größten Tiermigration auf unserer Erde, die Millionen Lachse in die Flussläufe Alaskas treibt.

Mit einer Jetboot-Fahrt auf dem Stikine River zum Glacier Lake und einem Abstecher in die von steilen Granitwänden eingerahmten Misty Fjords im südlichsten Teil Alaskas geht die Expeditionsreise ihrem Ende entgegen. Als das Schiff nach 6333 Kilometern in den Hafen von Vancouver einfährt, hat sie uns wieder, die Zivilisation mit ihrer Hochhaus-Skyline, dem Hafen für Wasserflugzeuge und den Menschen, die sich von weitaus größeren Kreuzfahrtschiffen wieder an Land begeben.

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