Idyll für Wanderer und Kunstfreunde Das Blaue Land im Herbst

Seehausen (RPO). Die Abendsonne bringt das herbstliche Rot und Gelb der alten Buchen am Ufer zum Leuchten. Ein Paddelboot zerteilt die Wasseroberfläche und lässt die sich spiegelnden Strahlen leicht vibrieren. Zwei Blesshühner dümpeln auf den Wellen. Weit hinten im Dunst sind Alpen zu sehen - die reinste Idylle auf der Halbinsel, die bei Seehausen in den oberbayrischen Staffelsee ragt. Der Platz am Wasser ist ideal zum Ausruhen nach der Tour um den größten See des Blauen Landes.

 Eine malerische Kulisse.

Eine malerische Kulisse.

Foto: Tourist-Info Murnau, dpa-tmn

Im Blauen Land ist 2011 Blaues Jahr - weil die Künstlergruppe Der Blaue Reiter 100 Jahre alt geworden ist und sich der Todestag König Ludwig II., dessen Lieblingsfarbe Blau war, zum 125. Mal jährte. Etliche Ausstellungen und Veranstaltungen gab es aus diesem Anlass, nun wird es im Herbst wieder etwas ruhiger. Viele Wanderer wird das freuen.

 Ein herrlicher Ausblick auf den Staffelsee.

Ein herrlicher Ausblick auf den Staffelsee.

Foto: Tourist-Info Murnau, dpa-tmn

Für die 20 Kilometer lange Strecke um den Staffelsee sollte man zu Fuß einen ganzen Tag einplanen. Mit Fahrrädern, die vor Ort geliehen werden können, geht es natürlich schneller. Von Seehausen führt der Weg zunächst am Südufer des Sees entlang. Später geht es durch abgelegene Moor- und Naturschutzgebiete mit schönen Rastplätzen. Auf gut zwei Dritteln der Strecke liegt der Ferienort Uffing. Dort lädt der Gasthof "Alpenblick" mit seinem Biergarten am Wasser zur Einkehr ein.

Auch vom Wintergarten aus hat man bei klarem Wetter einen tollen Blick über das Wasser bis zu den Bergen. Wem 13 Kilometer genug sind, kann von hier aus das Schiff nehmen. Wer weiter laufen mag, kommt über Rieden nach Seehausen zurück. Das frühere Fischerdorf mit seinem Strandbad ist ein beliebtes Ausflugsziel. Manches alte Bauernhaus ist mit Malereien geschmückt, wie man sie etwa aus dem gut 20 Kilometer entfernten Oberammergau kennt. Kulinarisches Zentrum des Ortes ist der Gasthof "Stern". Wer deftiges altbayerisches Essen nach Omas Rezepten mag, große Portionen vom Schwein und Rind, dazu deftige Knödel, ist dort genau richtig.

Hochbetrieb in der Fußgängerzone

Hauptort des Blauen Landes ist das Städtchen Murnau, das umrahmt ist vom Murnauer Moos, dem Staffel- und dem Riegsee. In der denkmalgeschützten Fußgängerzone herrscht selbst an nebeltrüben Herbsttagen Hochbetrieb. Hauptanziehungspunkte für Touristen sind Murnaus kulturelle Attraktionen: Das Münter-Haus und das Schlossmuseum mit Bildern der Künstlergruppe Blauer Reiter um Gabriele Münter, Wassily Kandinsky und Franz Marc.

Inspiration für ihre Werke haben sich die Künstler Anfang des 20. Jahrhunderts zu einem großen Teil aus der Region rund um den "blauen" Staffelsee geholt. Das gilt auch für den Schriftsteller Ödön von Horvath, an dessen Leben und Werk eine Ausstellung im Schlossmuseum erinnert.

Am Hang oberhalb des Stadtzentrums steht in einem Blumengarten das Haus, das die Malerin Gabriele Münter zu Anfang des 20. Jahrhunderts zusammen mit Wassily Kandinsky und später mit ihrem Lebensgefährten Johannes Eichner bewohnte. Im Münter-Haus überdauerten zahlreiche Werke Kandinskys die Nazi-Zeit. Münter rettete sie vor der Zerstörung, indem sie die Werke in einem Kellerversteck einmauerte. Heute sind im Münter-Haus neben Möbeln und anderen Habseligkeiten der Künstlerin zahlreiche Gemälde der Künstler des Blauen Reiter zu sehen.

Eine gute Autoviertelstunde von Murnau entfernt liegt das Franz Marc Museum in Kochel am gleichnamigen See. Dort sind unter anderem die Roten Rehe und das Eselfries zu sehen, die zu Marcs bekanntesten Bildern gehören. Wie andere Künstler war Marc Anfang des 20. Jahrhunderts von München ins bayerische Voralpenland gezogen und hatte dort nach Motiven gesucht.

Das Museum präsentiert auf rund 700 Quadratmetern Ausstellungsfläche in seinem ebenso schlichten wie beeindruckenden Neubau zahlreiche Werke Marcs und seiner Zeitgenossen, darunter Paul Klee, Gabriele Münter, Ernst Ludwig Kirchner, August Macke und Wassily Kandinsky. Ein Aussichtsraum im Obergeschoss erlaubt einen grandiosen Blick auf den Kochelsee und die Alpen.

Ein Muss für Naturliebhaber ist die wohl schönste Wanderstrecke des Blauen Landes durch das Murnauer Moos. Allein die Kernfläche dieses für Mitteleuropa einzigartigen Areals misst rund 23 Quadratkilometer. Schon kurz nach dem Start vom Parkplatz unweit des Gasthofes "Ähndl" lohnt ein Abstecher in eines der ältesten Gotteshäuser im Staffelseegebiet, das im 8. Jahrhundert erbaute Georgskircherl.

Der Rundweg führt dann über weite Strecken am Lindenbach entlang. Auch wenn an manchen trüben Herbsttagen die Berge nur zu erahnen sind, kann der Blick weit über den größten Moorkomplex am Alpenrand streifen. Er beherbergt knapp 1000 Pflanzenarten, darunter seltene Gewächse wie das Karlszepter, die sibirische Schwertlilie oder den fleischfressenden Sonnentau.

Das Murnaer Moos gilt auch als größtes Vogelbrutgebiet Süddeutschlands. Ein Schild am Wegesrand warnt vor Kreuzottern. Auch Biber sind hier seit einigen Jahren wieder heimisch. Weiden am Bachufer sehen eindeutig so aus, als habe der Nager sie gefällt.

Etwa nach der Hälfte des gut zwölf Kilometer langen Rundweges kommt man zum Langen Filz, durch das ein Plankenweg führt. Große Teile dieses Hochmoores sind erst in jüngerer Vergangenheit durch die Verschließung von Entwässerungsgräben wieder "vernässt" worden. Der Rückweg führt über einem Höhenrücken, der an klaren Tagen immer wieder Blicke über das Moos hinweg auf die Alpen ermöglicht.

(tmn)
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