Costa Rica Costa Ricas grüne Superlative

Die frühere spanische Kolonie ist ein Land der Vulkane. Die Dichte an unterschiedlichen Tierarten ist in dem mittelamerikanischen Land besonders groß.

 Costa Rica besticht durch seine herrliche Natur. Insgesamt 25 Nationalparks gibt es in dem kleinen Land.

Costa Rica besticht durch seine herrliche Natur. Insgesamt 25 Nationalparks gibt es in dem kleinen Land.

Foto: Sten Martenson

Ein wenig Grollen sollte schon zu hören sein. Schließlich muss er seinem indianischen Namen „grollender Berg“ gerecht werden. Oder wenigstens ein dünnes, nach höllischem Schwefel riechendes Rauchfähnchen aufsteigen lassen. Gebannt, voller solcher geheimer Wünsche starren in- und ausländische Besucher in den Krater des Irazu. Bläulich-grün schimmert tief unten der Kratersee, 300 Meter entfernt. Aber Costa Ricas höchster Vulkan schweigt und zeigt keinerlei innere Regungen. Und das ist natürlich gut so, denn im anderen Falle wären Neugierige gar nicht so weit in gut 3400 Meter Höhe vorgedrungen.

Als John F. Kennedy, der legendäre amerikanische Präsident, wenige Monate bevor er 1963 einem schießwütigen Landsmann zum Opfer fiel, zu Besuch im kleinen mittelamerikanischen Staat weilte, hatte der Irazu dagegen spüren lassen, dass in ihm sehr wohl reichlich vulkanische Energie steckt. Die nicht weit entfernte Hauptstadt San José deckte er mit einer schmutzig-grauen Ascheschicht zu. Kennedy fühlte sich voller Mitgefühl veranlasst, der Stadt zwei riesige Schneeräumer zu schenken, die der Ascheinvasion ein schnelles Ende bereiten sollten.

 Hunderte Tierarten leben in Costa Rica: Aras, ...

Hunderte Tierarten leben in Costa Rica: Aras, ...

Foto: Sten Martenson

Costa Rica ist ein Land der Vulkane. Fünf von ihnen gelten derzeit als aktiv. Der Besuch des Poas ist seit Monaten untersagt. Reisegruppen werden von ihm ferngehalten. Und Arenal und Turrialba verstecken sich zwar überwiegend hinter dicken Wolkenbarrieren. Aber ihr vermeintlicher Schlummer täuscht. Denn beide waren vor noch nicht allzu langer Zeit sehr aktiv. Der Arenal, der sich markant aus flacher Landschaft erhebt, zerstörte im Juli 1968 die Ortschaften Pueblo Nuevo und Tabacon, was 87 Bewohner das Leben kostete. Bis vor neun Jahren spuckte er immer wieder Geröll und Lava aus. Der ­Arenalkegel wurde zur Touristenattraktion. Ein „Bilderbuchvulkan“! Investoren witterten gute Geschäfte, kauften Land auf und bauten rund um den Arenal Hotels für Vulkantouristen. Und wer heute in einem dieser Beherbergungsstätten Quartier macht, wird durch Schilder darauf aufmerksam gemacht, wo im Falle eines Ausbruchs sein Evakuierungsweg verläuft.

Aber Costa Rica ist nicht nur ein Land der Vulkane. Als Columbus im Jahre 1502 die karibische Küste des heutigen Costa Rica erreichte, waren die beutehungrigen Europäer vor allem auf wertvolles Gold erpicht. Sie nannten sie deshalb erwartungsvoll „reiche Küste“. Gut drei Jahrhunderte beherrschten die Spanier diesen Landstrich als Kolonie. 1821 wurde Costa Rica unabhängig und das auf ganz friedliche Weise, ein politischer Charakterzug, der sich 1948 mit der Abschaffung jeglichen Militärs vollendete.

 ...Leguane, ...

...Leguane, ...

Foto: Sten Martenson

Costa Rica begann mit seiner und von seiner Natur zu leben. Nicht ohne Stolz zählt Marco Royo-Seemann seinen touristischen Schützlingen die Superlative auf: zwar nur so groß wie Niedersachsen, aber mit unvorstellbarem Artenreichtum gesegnet. Mehr als 10.000 Pflanzenarten, 915 Vogel und 223 Landsäugetierarten, 227 Reptilien- und mehr als 160 Amphibienarten, ganz zu schweigen von den 35.000 Insektenarten. Fast ein Drittel des Landes steht unter Naturschutz, 25 staatliche und private Nationalparks wetteifern inzwischen um natursüchtige Besucher.

Links und rechts der Straße erstrecken sich auf der Fahrt in den Norden in Richtung Nicaragua die Ananas-, Zuckerrohr- und Maniok­plantagen. Immer wieder unterbrochen von kleinen Dörfern. Typisch für sie die Dreieinigkeit von Kirche, Fußballplatz und Schule. Die umstrittene Palmölgewinnung erobert neue Anbauflächen. Maria Luz Jimenez Badilla setzt dagegen auf Palmenherzen. Aufwändig werden die stachligen Palmenstängel nach durchschnittlich 18 Monaten Wachstum mit der Machete abgeschnitten, alles in Handarbeit. Jeder Hektar ergibt 500 Palmenherzen, nicht genug für Maria, um davon zu leben. Deshalb bietet sie nicht nur informative Besichtigungen für Costa Rica-Touristen an, sondern in ihrem luftigen Restaurant an der Straße nach PuertoViejo diverse Speisen „con Palmito“.

 ...Faultiere, ...

...Faultiere, ...

Foto: Sten Martenson

Noch weiter nordwärts erreicht der Reisende über erschütternde Schotterpisten nahe Boca Tapada die Eco Lodge Maquenque. Der Rio Carlos muss mit dem Boot überquert werden, um die Lodge zu erreichen. Eine Großfamilie Nasenbären empfängt die Besucher in einem grünen Paradies zwischen Regenwald, Lagunen und Fluss. Die Lodge schwelgt geradezu in Natur und ihre Besucher können sich dem nicht entziehen. Der lautstarke Weckruf der Brüllaffen und der verschlafene Blick von der Terrasse auf einen morgendlichen Gast in Gestalt eines ausgewachsenen Kaimans bleiben ebenso unvergessen wie die Futterorgie für grellbunte Tukane und Massen von Sittichen. Das Frühstück kommt dabei vor allem für die Fotografen zu kurz, auch wenn es landestypisch aus schwarzen Bohnen mit Reis besteht. Auf Wanderungen durch den Regenwald, schlammbespritzt von unten, neugierig beobachtet von in schwindelnder Höhe lebenden Brüllaffen, wird der passionierte Naturfreund mit kleinen vielfarbigen Pfeilgiftfröschen im Unterholz, giftgrünen Basilisken und immer wieder Leguanen konfrontiert.

Aber auch dieses Naturerlebnis lässt sich in Costa Rica toppen. Die acht Hängebrücken, die im Nebelwald bei Santa Elena durch schier undurchdringliches Grün, aber auch zig Meter hoch über die Wipfel grenzenlosen Wachstums führen, vermitteln das Gefühl, eins mit der Natur zu werden. Dass die Betreiber des Reservats Selvatura abenteuerlustigen Besuchern auch anbieten, an Drahtseilen über die Waldpracht zu rasen, ohne sie wirklich wahrnehmen zu können, lässt sich verschmerzen.

 ...und Tukane sind nur einige Beispiele der großen Artenvielfalt.

...und Tukane sind nur einige Beispiele der großen Artenvielfalt.

Foto: Sten Martenson

Auch dieser Nervenkitzel gehört zu dem Grundgefühl aller Ticos, wie die eingeborenen Bewohner Costa Ricas liebevoll genannt werden und das sich in dem Doppelwort „pura vida“ ausdrückt. Pura Vida heißt Frohsinn, Glück und Lebensfreude in einem. Und wer nach Costa Rica reist, der ist gut beraten, von morgens bis abends dieses Motto des Gastlandes im Kopf zu haben.

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