Reiseland Frankreich Burgund — Heimat der Lebensart

Düsseldorf (RP). Burgunds Hauptstadt Dijon und der Weinort Beaune sind ideale Ausgangspunkte für kulturelle und kulinarische Streifzüge. Schon probiert? Bresse-Huhn, Top-Weine und Chablis-Senf?

Eindrücke für die Sinne - Bilder aus Burgund
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Montagmorgen in Louhans. Die schmucke Kleinstadt mit den mittelalterlichen Arkadenhäusern, eine Autostunde südöstlich von Dijon gelegen, ist seit 1269 für ihren "Marché aux volailles de Bresse" ("Geflügelmarkt der Bresse") bekannt. Es gackert, kräht, piepst, grunzt und meckert aus hunderten von Käfigen, in denen die Bauern ihre Hühner, Hähne, Gänse, Enten, aber auch Kaninchen, Schweine und Ziegen anbieten. Nichts für Vegetarier, aber hundert Prozent authentisch.

Feinschmecker-Küche für Probier-Freudige

Die Bauern und ihre Kunden aus der Umgebung sehen aus wie in alten französischen Filmen: runde, rote, gemütliche Gesichter, die von der Liebe zu Küche und Keller sprechen. Louhans, Hauptstadt der burgundischen Region Bresse, ist die Heimat der berühmten Bresse-Hühner — nur echt mit dem Label "A.O.C." ("Appellation d'origine contrôlée" - zu deutsch: "Bezeichnung für eine kontrollierte Herkunft") und dem blau-weiß-roten Ring am linken Fuß, der Namen und Adresse des Züchters trägt.

"Unsere Tiere — ich habe 13.000 — werden ausschließlich mit Mais, Korn, Getreide und Milch aus der Bresse ernährt", erklärt Alain Magnin, Mitglied der "Bruderschaft der Bresse-Hühner-Züchter". Nach vier bis acht Monaten macht Alain sie in der hauseigenen Schlachterei fertig für den Verkauf an Restaurants, den Pariser Großmarkt Rungis und Feinkostläden auch in Deutschland.

In kleinen Gasthöfen wie der "Hostellerie du Cheval Rouge" und "Le Chaudron" in Louhans wird Landküche auf hohem Niveau geboten. Natürlich steht Bresse-Huhn auf der Karte, aber auch Filet vom Charolais-Rind, serviert mit einer köstlichen Schokoladen-Kaffee-Sauce, Andouillettes (Kaldauenwurst in Dijon-Senf), Oeufs en meurette (Eier in Weinsauce) Schnecken-Ragout und Froschschenkel-Terrine (in Frankreich nicht verpönt). Als Dessert verführt Sorbet auf Cassis-Basis.

Die ritterliche Bruderschaft der Weinkenner

Der berühmte Cassis aus Schwarzen Johannisbeeren stammt aus der Region. Ein früherer Bürgermeister von Dijon namens Kir erfand die auch in Deutschland als Aperitif beliebte Kombination mit Weißwein. Zur Eröffnung eines Essens gern serviert wird ein Crémant de Bourgogne (Schaumwein), wie ihn der Familienbetrieb "Veuve Ambal" in Montagny-les-Beaune mit hochmoderner, vollautomatischer Abfüllanlage produziert. Er gehört wie 22 andere Unternehmen zum Verband "Vive la Bourgogne!", der die Produkte der Region prägnanter vermarkten will. Ein typisches Essen wird begleitet vom weißen Chardonnay und rotem Pinot Noir und abgeschlossen mit einem Marc (Trester) de Bourgogne.

Das Burgund erzeugt auf fünf Prozent der gesamten Weinanbaufläche Frankreichs 101 AOC-Weine, etwa 70 Prozent Weiß- und 30 Prozent Rotweine. Spitzenweine ("Grands Crus") mit weltbekannten Namen wachsen auf der 65 Kilometer langen Strecke zwischen Dijon und Santenay, der "Côte d'Or". Ein berühmter Rotwein kommt vom Weingut Clos de Vougeot, das mit seinem in der Renaissance vollendeten Schloss, der Kellerei aus dem 12. Jahrhundert und dem großartigen Dachgestühl (14. Jahrhundert) viele Besucher anzieht.

Es gehört der wie ein Ritterorden organisierten Weinbruderschaft "Confrérie des Chevaliers du Tastevins", die dort alljährlich ihre "Kapitel" abhält, ein Festessen mit 600 Mitgliedern aus aller Welt. An diesen gesellschaftlichen Top-Ereignissen nehmen üblicherweise Politiker und bekannte Schauspieler wie Gérard Dépardieu und Cathérine Deneuve teil.

Kultcharakter haben auch die Wein-Auktionen Ende November im Hôtel-Dieu von Beaune, dem weltberühmten mittelalterlichen Krankenhaus mit den bunten Ziegeldächern. Der Erlös kommt wohltätigen Zwecken zugute.

Neue Wege der Weinkultur beschreitet Joachim Schäfer. Auf dem Weingut in Flavigny-sur-Ozérain zwischen Chablis und Beaune, einem ehemaligen klösterlichen Bauernhof aus dem 12. Jahrhundert, erzeugt der Deutsche Bio-Wein der Rebsorten Chardonnay, Aligoté, Auxerrois, Pinot Noir, Pinot Beurot und César zu verbraucherfreundlichen Preisen (6 bis 11 Euro pro Flasche) im Direktvertrieb.

"Unsere Zukunft liegt im Weißwein", erklärt der dynamische Neu-Winzer. "Die Kunden sollen keine Angst haben, sich bei den Verkostungen durch mangelndes Fachwissen zu blamieren, sondern einfach entscheiden: Schmeckt mir der Wein? Und zu welchen Gerichten und Gelegenheiten will ich ihn trinken?"

Auf den Spuren der Römer

Das hübsche Dorf Flavigny ist auch bekannt für seine Anisfabrik, in der die Familie Troubat in dritter Generation die kleinen weißen Bonbons "Anis de Flavigny" in den hübschen ovalen Dosen mit dem Schäfer-Motiv herstellt. Früher wurden sie sogar in den Automaten der Pariser Métro verkauft. Im nahe gelegenen Dorf Alésia soll im nächsten Jahr auf historischem Boden ein Museumspark zur gallo-römischen Geschichte Burgunds eröffnet werden. Dort besiegte Cäsar im Jahr 52 v. Chr. die Kelten. Im Mittelalter führten die "Großen Herzöge" aus dem Haus Valois das Burgund zu einzigartiger kultureller Blüte. Klöster wie Cluny, Clairvaux und Fontenay zeugen von der Macht der Kirche.

Die elegante alte Römerstadt Dijon (ehemals "Divio") ist mit ihren prächtigen Kirchen, Palästen und Museen, den Renaissance- und Fachwerkhäusern und guten Restaurants ein idealer Ausgangspunkt für Erkundungen. 22 Sehenswürdigkeiten werden beim einstündigen "Rundgang der Eule" erklärt (Broschüre auf Deutsch beim Fremdenverkehrsamt).

Die Genießer-Metropole hält viele Spezialitäten bereit, wie etwa den berühmten Dijon-Senf, der in der Boutique der Firma Maille (gegründet 1747) in 43 verschiedenen Geschmacksrichtungen von Chablis über Cassis bis Käse probiert und gekauft werden kann. Einige Sorten gibt es sogar frisch "gezapft". Das süße Pendant ist das "Pain d'épices", ein locker gebackener köstlicher Lebkuchen, wie ihn etwa die Traditionsfirma Mulot et Petitjean seit 1796 in vielerlei Variationen herstellt.

Wer einmal so schlafen will wie Gott in Frankreich, kann das hervorragend im historischen Sofitel La Cloche tun, einem Fünf-Sterne-Haus. In dem Gemäuer hat schon Prominenz von Napoleon III. bis Auguste Rodin genächtigt. Einen Ausflug wert aufs Land ist Meursanges bei Beaune, wo Madame Karine Develet ein Weinhändler-Haus aus dem 19. Jahrhundert komplett entkernt und unter dem Namen "Charm'Attitude" fünf wunderschöne Gästezimmer gezaubert hat. Abends serviert sie im stilvollen Ambiente ein selbst zubereitetes Diner. Da bleibt nur als Kommentar: Vive la Bourgogne!

Interressierte finden hier eine Liste mit Veranstaltern die Reisen nach Burgund anbieten.

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