Kykladeninsel Milos Baden auf dem Mond

Die vulkanische Kykladeninsel Milos hat über 100 Strände. Viele sind aber nur über das Wasser zu erreichen. Doch so entdeckt man die schroffe Inselschönheit.

Kapitän Polichronis greift seine große Muschel und bläst kräftig hinein. "Willkommen in Kleftiko", ruft der Grieche. Sein Co-Kapitän wirft derweil den Anker aus, und die Gäste an Bord des Katamarans können nun sehen, was es mit dieser Ankündigung auf sich hat. Hier am südwestlichsten Zipfel der Kykladeninsel Milos haben Wind, Wetter und Wellen der Ägäis die Felsen auf besondere Weise bearbeitet. Viele kleine Höhlen, Tunnel und Bögen wurden in die Küste gemeißelt, weshalb die meisten Urlauber schnell den Schnorchel und die Taucherbrille greifen und von Bord ins klare Blau springen. Früher trieben sich gern Piraten in Kleftiko herum, weil es ideal war, um geraubte Schätze zu verstecken. Mittlerweile würden dafür viel zu viele Touristen vorbeischauen - so wie heute. Nach einer Weile, als noch andere Boote angeschippert kommen, setzt Polichronis daher die Fahrt fort. Es gibt auf dieser Tagestour rund um die Insel schließlich noch viel mehr zu sehen.

Für einige Highlights und außergewöhnliche Strände entlang der Küste ist der Wasserweg die einzige Möglichkeit, sie überhaupt zu sehen. Für manch andere zumindest die komfortabelste. Allein um Kleftiko vom Land aus zu erreichen, müsste man zunächst auf die Westseite der Insel fahren, wo so gut wie niemand lebt und die Straßen holprige Schotterpisten sind. An einer von ihnen geht der Weg nach Kleftiko ab: Mehr als eine Stunde muss man dann aber noch über Felsen bis dorthin hiken.

Alles viel zu kompliziert und viel zu schweißtreibend. Daher lieber aufs Boot, für einen Tagestrip auf den Katamaran oder ein bisschen aktiver ins Kajak. Beim Paddeln kommt man zudem noch etwas näher an die Küste heran und kann sie etwas genauer unter die Lupe nehmen. Geführt wird die Tour von Rod, einem Australier, der seit 19 Jahren auf Milos lebt und die Insel fürs Paddeln entdeckt hat. Auf dem Küstenstück, das er für heute ausgewählt hat, liegen einige der insgesamt rund 150 Höhlen. Manche sind so klein wie die Lover's Cave, in die alle einzeln hineintreiben müssen, um sie kurz mit der Stirnlampe zu erforschen. Die sogenannte "Kathedrale" hingegen verdient ihren Namen, so sakral wirkt sie mit ihrem weit hochreichenden Raum, in dem ein Riss in der Decke einen mystischen Lichtschein ins Dunkle der Höhle schickt.

Dass Milos vulkanischen Ursprungs ist, erkennt man überall an geologischen Farbspielen, bizarren Felsformationen und Gesteinsspielereien der Natur - auch an den Stränden, die in Rot, Gelb, Grün und anderen Farben schillern. Rund 100 Strände soll es auf Milos geben. Nur weniger als ein Drittel davon ist über Straßen zu erreichen - und mit Sarakiniko gehört der wohl außergewöhnlichste dazu.

Statt auf Sand liegt man dort auf blitzweißem Gestein, das von Wind und Wetter so glatt geschliffen wurde, dass man glaubt, die Miloten hätten ein Stück des Mondes heruntergeholt. Die Kajakgruppe paddelt kurz zwischen badenden Urlaubern in die Bucht. Ziel ist ein Schiffswrack, das etwa 30 Meter vor der Küste liegt und dessen rostige Reste aus dem Wasser ragen. Unter der Oberfläche des glasklaren Wassers kann man das Deck mit seinen Maschinen und den algenüberwucherten Rest sehen und dazwischen herumschwimmen.

Etwas später paddelt die Gruppe weiter und von der Küste weg, rüber nach Glaronisia, die auch die Insel der Möwen genannt wird. Was aus der Ferne wie ein dunkelgrauer Fels wirkt, sieht aus der Nähe wie ein Mosaik aus, das sich aus unzähligen, kantigen Gesteinsstäben zusammensetzt. "Das ist Basalt. Die Säulen entstehen, wenn Lava nach der Eruption sehr schnell erkaltet und schrumpft", erklärt Rod vor der letzten Etappe zurück nach Milos.

Die geologischen Besonderheiten sind aber nicht nur für Touristen schön anzusehen, sondern bringen den Miloten auch bis heute eine Einnahmequelle. Nach wie vor werden hier Gesteine wie Perlit und Bentonit abgebaut. Die Narben, die die Vulkaninsel durch den Abbau der Vorkommen trägt, sind an unterschiedlichen Stellen sichtbar, auch an den stillgelegten Minen, an denen die Katamaran-Tour mit ihrem Kapitän Polichronis vorbeikommt. Die Schwefelmine Thiorichia an der Südküste etwa wurde erst in den 1960er Jahren verlassen. Die riesige Anlage, die rostigen Schienen und Loren, die vielen Maschinen und verlassenen Häuser sorgen dort für eine aufregend morbide Szenerie.

Die Redaktion wurde von der Region der südägäischen Inseln zu dieser Reise eingeladen.

(RP)
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