Historischer „Me Too“-Prozess: Berufungsgericht hebt Urteil gegen Harvey Weinstein auf
EILMELDUNG
Historischer „Me Too“-Prozess: Berufungsgericht hebt Urteil gegen Harvey Weinstein auf

USA Auf der wilden Seite

Paddeln in den Okefenokee Sümpfen neben Alligatoren und wilde Pferde auf Cumberland Island beobachten: Im US-Bundesstaat Georgia stößt man auf so unterschiedliche wie spannende Naturerlebnisse.

 Die wild lebenden Pferde sind auf ganz Cumberland Island anzutreffen. Sie stammen aus der Zeit, in denen die Familie Carnegie dort lebte.

Die wild lebenden Pferde sind auf ganz Cumberland Island anzutreffen. Sie stammen aus der Zeit, in denen die Familie Carnegie dort lebte.

Foto: Sascha Rettig

Kaum legt die Fähre aus St. Marys auf Cumberland Island an, eröffnet sich ein so schönes wie unwirkliches Panorama. Fast glaubt man, man wäre in ein idyllisches und kitschiges Gemälde gestiegen.

Eigentlich ist diese Insel im südlichsten Osten des US-Bundesstaats Georgias so lang wie Manhattan. Platz wäre zwar genug, und trotzdem haben pro Tag nur 300 Gäste die Chance auf solche Aussichten. Mehr sollen es nicht sein, so hat es der National Park Service bestimmt, der die Insel schon seit Jahrzehnten als Schutzgebiet verwaltet.

 Die Hauptattraktion in den Okefenokee Sümpfen sind die 15.000 Alligatoren, die dort leben.

Die Hauptattraktion in den Okefenokee Sümpfen sind die 15.000 Alligatoren, die dort leben.

Foto: Sascha Rettig

Tatsächlich dauert es nicht lange, da haben sich die Besucher auf den Wanderwegen verteilt, die sich über die ganze Insel schlängeln. Die Zeit ist knapp und zu sehen gibt es auf Cumberland Island einiges, vor allem – aber längst nicht nur – die vielseitige Natur. Egal, in welche Richtung man vom Besucherzentrum läuft, kann man zunächst vor dichtestem Grün den Himmel kaum sehen. Zwischen Lebenseichen und Palmen schafft es die Sonne aber immer wieder, ihre Strahlen durch Äste und Blätter zu schicken, die schließlich auf dem überwucherten Waldboden landen und dort das Grün noch intensiver leuchten lässt.

Vor rund 4000 Jahren soll die Insel erstmals besiedelt worden sein: von amerikanischen Ureinwohnern, den Timucua-Indianern, die hier unterschiedliche Nahrungsquellen vorfanden – von Wild bis zu Austern. Sie lebten bis ins frühe 19. Jahrhundert auf der Insel, bis sie vertrieben und ermordet waren. Zwischenzeitlich errichteten außerdem Franziskanermönche im 16. Jahrhundert eine Mission. Die britischen Kolonialisten bauten Forts an beiden Inselenden. Und es entstand eine große Baumwollplantage mit mehreren hundert Sklaven, die bis zum Bürgerkrieg in Betrieb war.

 Bei einer Kajaktour kann man mit etwas Glück neben Alligatoren auch Schildkröten, Fischreiher und Eulen sehen.

Bei einer Kajaktour kann man mit etwas Glück neben Alligatoren auch Schildkröten, Fischreiher und Eulen sehen.

Foto: Sascha Rettig

Dass Cumberland Island wie manch andere Insel der südlichen US-Ostküste früher auch mal Rückzugsort einer superreichen Familie war, kann man sich gut vorstellen, sobald man bei den Erkundungen Dungeness Manor erreicht. Lucy und Thomas Carnegie, der Bruder des berühmten Stahl-Magnaten Andrew Carnegie, kauften Ende des 19. Jahrhunderts große Teile der Insel und ließen die Villa für sich, ihre neun Kinder und ihren luxuriösen Lebensstil bauen. Die Familie lebte allerdings schon lange nicht mehr in den 59 Zimmern, als ein Brandstifter das Haus in den 1950ern in Brand setzte. Übrig geblieben ist damals eine heute sehr fotogene Ruine, die inmitten der satten Natur die einstige Pracht erahnen lässt. Ein anderes Souvenir der Carnegie-Zeit sind die Pferde, die irgendwann sich selbst überlassen wurden und mittlerweile auf der ganzen Insel anzutreffen sind.

So viel bewegte Historie wie Cumberland Island haben die Okefenokee Sümpfe vielleicht nicht. Dafür kann man dort ebenfalls im Südosten Georgias, auf dem Festland etwa eine Autostunde entfernt, noch eine andere wilde Seite des Bundesstaates entdecken. „Wir haben hier den größten, intakten Frischwasser-Sumpf Nordamerikas“, berichtet Rangerin Susan Heisey nach der Ankunft. „Im frühen 19. Jahrhundert versuchte man, das Land nutzbar zu machen und wollte Landwirtschaft betreiben.“ Daraus wurde zwar letztlich nichts. An diese Eingriffe erinnert aber bis heute noch der alte Hauptkanal, der vom Besucherzentrum schnurgerade in die Sumpflandschaft führt und auf dem das überdachte Besucherboot lostuckert.

Am Steuer sitzt Guide Jenn Hogen, die die Landschaft hier so sehr liebt, dass sie sich „Okefenokee“ auf ihr Handgelenk tätowieren ließ. Der Name stammt von den indianischen Ureinwohnern, die hier einst siedelten. „Das bedeutet so viel wie ‚die Erde, die wackelt‘“, erklärt sie. Der Sumpf bestünde schließlich zu weiten Teilen aus Torf und der bewegt sich, wenn man ihn betritt – auch wenn er aussieht wie fester Boden. Im Sumpf gibt es zahlreiche Tierarten: Eine Eule hockt gut getarnt auf einem Ast. Ein Specht bearbeitet die Rinde eines Baumes. Kleine Schildkröten sitzen auf einem Ast im Wasser. Und ein Fischreiher breitet seine Flügel aus und fliegt los, als er das Boot entdeckt.

Die Hauptattraktion sind allerdings die Alligatoren und die kann man bei der anschließenden Kajaktour noch etwas besser beobachten, die erst wieder durch den Kanal und schließlich durch schmale Seitenarme führt. „Rund 15.000 leben hier“, berichtet Rangerin Susan Heisey. Angst brauche man vor denen allerdings trotz des großen Mauls und der scharfen Zähne nicht haben. Menschen stünden nicht auf dem Menü der Reptilien. „Es ist noch nie etwas passiert“, versichert die Wildlife-Expertin. „Man kann sich wirklich sicher fühlen.“ Nur: Keinesfalls sollte man die Tiere füttern, weil sie sich sonst an Menschen gewöhnen. Und zu nahe kommen soll man ihnen natürlich auch nicht. Doch selbst aus sicherer Distanz erkennt man am Ufer zunächst immer wieder Schnauzen an der Wasseroberfläche und reglose Augen, die aber die Geschehnisse um sie herum präzise im Blick behalten. Später liegen einige Alligatoren ganz unbeeindruckt von den vorbeitreibenden Besuchern an Land oder vollständig sichtbar in der sogenannten „feuchten Prärie“, die wie ein See voller Seerosenblätter und Wasserlilien wirkt.


Die Reise wurde unterstützt von Visit Georgia.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort