Ägypten entlang des Nils

Ägypten gibt sich entspannt in All-inclusive-Strandstädten am Roten Meer. Es raubt den Atem mit prächtigen Pyramiden. Und es schafft exklusive Erlebnisse, wie bei einer Nil-Kreuzfahrt deutlich wird.

Einen Hauch von Andrang gibt es nur einmal auf dieser Reise. Kôm Ombo am Nil, für zwei Stunden halten acht Schiffe zeitgleich vor den Heiligtümern. Während die schon untergehende Sonne die uralten Bauten in ein warmes Rot taucht, strömen 300 bis 400 Menschen die Treppe zu ihnen hinauf.

Nilkreuzfahrten waren mal Massentourismus. Doch Ägyptens Reisebranche steckt seit der Revolution 2011 in der Krise. Glaubt man einheimischen Reiseführern, geht es geradezu entspannt zu an den Tempeln in Luxor und Assuan und an den Gräbern in Theben - auch wenn eine Nilreise immer noch ein schnelles Stakkato von mehreren Besichtigungen täglich bedeutet.

Tag 1, Luxor

Jeder Reiseanbieter hat einen eigenen Führer an Bord. In Gruppen von drei bis 30 Personen geht es für die meisten Passagiere ins Tal der Könige. "Wir machen es anders, wir fahren erst zu den Karnak-Tempeln, dann sind wir dort wirklich ganz alleine", kündigt Reiseführer Gamal Elsheikh an. In der Tat: Auf dem Parkplatz an der Tempelanlage mit ihren Säulenhallen voller gut erhaltener Reliefs und unzähligen Widderfiguren verlieren sich nur zwei Kleinbusse.

Das gleiche Bild wenig später am Totentempel der altägyptischen Königin Hatschepsut. Ahmed, ein älterer Mann mit schiefem Lächeln, fährt drei Gäste mit einer Bummelbahn in den Talkessel von Deir el-Bahari und vor den 3500 Jahre alten Bau aus Kalkstein, der wie ein modernes Gebäude im Bauhausstil wirkt. Zu Fuß geht es eine lange Rampe hinauf zu seinen Terrassen - wer sich oben von den Statuen losreißt und umdreht, blickt auf das weite, grüne Niltal. Später tuckert das Schiff weiter nach Edfu. Das Deck ist fast leer, es geht an Palmenhainen und grünen Feldern vorbei. Am Nachmittag wird es am Ufer lebendiger und lauter, knatternde Motoren pumpen Wasser auf die Felder. Jugendliche hängen ihr Floß mit Seilen ans Schiff und lassen sich eine Weile mitziehen. Die Fahrt nach Edfu wird am Ende die längste Strecke am Stück auf dieser Reise gewesen sein. Die meiste Zeit ist das Schiff in einem der Häfen festgemacht - und zwar neben anderen Schiffen parallel zum Ufer.

Tag 2, Edfu

Pferdekutschen tummeln sich auf der Straße, die Hektik ist groß. Die Kutscher haben nur etwa eine Stunde am Morgen, um die Touristen abzufischen. Alle fahren damit zum Horus-Tempel und wieder zurück. Der Souvenir-Basar ist direkt am Tempelausgang aufgebaut - die Chance für Hany Sayed Ahmed. "Miss! Miss Deutschland! Alabaster?", ruft der Verkäufer. Doch als Antwort erhält er oft nur einen Blick zum Boden. Das Geschäft läuft schlecht, Ahmed hat inzwischen mehrere Jobs. "Ich will nicht, dass alle Touristen zurückkommen", sagt Reiseführer Gamal Elsheikh. "Das waren zu viele. Wir haben sie nicht mehr gut versorgen können. Die Schiffe und Hotels wurden nur schlecht gewartet, wir haben schlechtes Essen serviert, weil es so viel sein musste." Das sei nun anders, man müsse um jeden Gast kämpfen.

Tag 3, Assuan

Für einige Reisende ist hier Endstation, andere fahren zurück nach Luxor. Neben dem Staudamm und der Tempelinsel von Philae lohnt ein Ausflug in ein nubisches Dorf mit einer kleinen Barkasse oder einem der Segelboote, die für wenige ägyptische Pfund gemietet werden können. Die Fahrt geht an der Insel Elephantine und an unzähligen dreieckigen Strommasten des Kraftwerks am Assuan-Staudamm vorbei - Ägyptens modernen Pyramiden. In die reinweiß oder Himmelblau getünchten Häuser des Dorfs können Touristen einkehren, Tee, Brot mit salzigem Käse und Shisha genießen - und das Krokodil bestaunen, dass sich jede Familie als Schutzgeist hält. Tag 4, Abu Simbel Der Weckruf kommt um 3.45 Uhr, eine Kolonne Busse setzt sich noch in der Dunkelheit in Richtung Wüste in Bewegung. Irgendwann erhellt die Sonne das Nichts entlang einer Autobahn in Richtung Sudan. Weit und breit nur Sand. Ab und an kommt ein Lastwagen entgegen. Nach vier Stunden treffen sich die Busse an den Tempeln in Abu Simbel wieder. Doch schon wenige Minuten später hat sich auch dort die Menge verlaufen. Und geht man entlang des Sees um den Hügel herum, auf dessen Rückseite die 21 Meter hohen Ramses-Statuen den großen Tempel zieren, lässt sich auch der kleine Rest Mitreisender gut ausblenden - zu einnehmend ist der Blick.

(RP)
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