Reservierung Teetrinken wie Filmstar Ava Gardner

Singapur feiert in diesem Jahr 50 Jahre Unabhängigkeit. Gegründet wurde die Stadt von Thomas Stamford Raffles. Nach ihm ist auch ein Hotel benannt. Gäste können dort Kolonialflair schnuppern.

Singapur, die Stadt der vielen Dörfer
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Foto: dpa, zeh

Divino hat sich fein gemacht. Hemd und Weste sitzen perfekt, die zitronengelbe Krawatte passt exakt zum Einstecktuch. An seiner Brusttasche klemmt ein Goldschild: "Raffles Hotel". "Ich serviere zum berühmten High Tea, dem britischen Relikt aus Kolonialzeiten", erzählt der 24-Jährige im Singapurer Grandhotel stolz. In der linken Hand balanciert er ein Tablett mit silbernem Teekännchen. Über ihm fächeln Deckenventilatoren einen frischen Luftzug in die tropische asiatische Hitze. Verschnörkelte Kronleuchter tauchen den prunkvollen Saal in ein goldenes Licht. Es duftet nach hausgemachter Erdbeermarmelade und Clotted Cream. Divino schenkt einem erwartungsvoll wartenden Paar Tee ein, legt jeweils einen duftenden Scone und ein Karottenküchlein auf die Teller und verschwindet dezent durch eine Schwingtür.

Rund zwanzig Paare, Freunde und Familien haben sich an diesem Nachmittag im Tiffin Room des Raffles Hotel versammelt. Der schneeweiße Saal, nach alten Fotos im Stil der 1920er Jahre hergerichtet, ist wie das gesamte Hotel eines der bedeutendsten kolonialen Wahrzeichen Singapurs. Ein Touristenmagnet mit 125 Jahren Geschichte. Wer hierher kommt, will den Geist von Sir Thomas Stamford Raffles spüren, dem Gründer des Stadtstaates, der aus dem kleinen Fischerdorf am südlichsten Zipfel Malaysias einen bedeutenden Handelsstützpunkt machte und dem Haus seinen Namen gab. Und er will Kolonialflair schnuppern. Will sich vorstellen, wie es gewesen sein muss, als noch kein Land aufgeschüttet wurde und die Hotelterrassen direkt an den Hafen grenzten. Will sich fühlen wie der Schriftsteller Somerset Maugham und die Schauspielerin Ava Gardner, die hier kulinarische Köstlichkeiten genossen - denn die haben Tradition.

Schon als die armenischen Sarkies-Brüder das Hotel 1887 in einem einfachen Strandhaus an der Beach Road eröffneten, rühmten die ersten britischen Gäste die vorzügliche Küche. Die Brüder ergänzten das Haus nach und nach um einen tropischen Garten, einen Ballsaal, eine Bar, ein Billardzimmer, und die Gäste kamen in Scharen. Unter ihnen Kaiser, Könige und Menschen von Weltruhm wie Charlie Chaplin, Pablo Neruda, Hermann Hesse.

1931 schloss das Raffles im Zuge der Weltwirtschaftskrise, eröffnete aber nach zweijähriger Zwangspause erneut. Glanzvoller als je zuvor. Im zweiten Weltkrieg gab's den nächsten Rückschlag. Zwar überstand das Gebäude - es hieß inzwischen "Singapur Gasthof" - die Kriegswirren, doch nach der Kapitulation der japanischen Besatzer nahmen sich hier über 300 Soldaten das Leben. Nach kurzer Station als Gefangenenlager, eröffnete das Hotel zum Kriegsende wieder seine Pforten und sorgte weiter mit avantgardistischer Architektur, Luxus und Legenden für Aufmerksamkeit.

Singapur - Metropole der Zukunft
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"Der letzte frei lebende Tiger Singapurs ist hier im Hotel erlegt worden", erzählt Divino, während er im Tiffin Room aus dem Silberkännchen Tee nachschenkt. Ein Hotelmitarbeiter soll ihn 1902 erschossen haben, direkt unter dem Billardzimmer, das damals auf Stelzen stand. Die Häuser, die so vor tropischem Regen geschützt waren, boten zahlreiche dunkle Nischen - gute Verstecke für die Wildtiere aus dem nahen Dschungel. Dass der Tiger in Wahrheit aus einem Wanderzirkus entflohen war, ist inzwischen Nebensache. Genauso wie der wahre Erfinder des Singapore Sling, dem legendären Cocktail aus Gin und Kirschlikör. Die Einheimischen sagen, ein malaysischer Barmann des Raffles Hotel, habe ihn zu Beginn der 1910er Jahre in der hauseigenen "Long Bar" kredenzt; damals, als Asiaten zwar als Arbeitskraft, nicht aber als Hotelgast akzeptiert waren. Heute ist Singapurs Nationalgetränk weltberühmt.

Als der Stadtstaat das Raffles 1987, hundert Jahre nach Gründung, zu einem Nationaldenkmal erklärte, wollte man damit an die glorreichen Zeiten der britischen Kronkolonie anknüpfen. Die waren längst verblasst. Doch es mussten vier weitere Jahre vergehen, bis eine gehörige Finanzspritze das Grandhotel im alten Kolonialglanz erstrahlen ließ.

Seitdem wächst die Liste prominenter Gäste wieder. Elizabeth Taylor, Michael Jackson und Königin Elisabeth II. sah man hier. Ob sie koloniales Luxusfeeling für über 7000 Euro pro Nacht in der Präsidentensuite genossen, bleibt geheim. Man ist schließlich diskret. Normalsterbliche jedenfalls können schon für rund 500 Euro in einer der mehr als 100 Suiten die Atmosphäre der 1920er und 1930er Jahre erleben. Sie nächtigen dann als "Resident", auch wenn es nur für eine Nacht ist. Denn die Bezeichnung "Hotelgast" ist der "alten Dame" des Ostens nicht fein genug.

Die Redaktion wurde von Singapore Airlines zu der Reise eingeladen.

(RP)
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