Länder sehen Mängel im Gesetz Viel Kritik an Lebensversicherer-Reform

Berlin · Die Länder sehen Mängel im Gesetz zur Kappung der Ausschüttungen an Versicherte, wollen sie aber nicht aufhalten. Steigt der Kapitalmarktzins künftig wieder über 3,4 Prozent, entfällt die umstrittene Regel zu den Bewertungsreserven.

Die umstrittenen Pläne der Bundesregierung zur Kappung der Ausschüttungen für Versicherte mit kurzfristig auslaufenden Lebensversicherungspolicen sind zeitlich befristet. "Steigen die Kapitalmarktzinsen wieder, dann entfällt die Begrenzung", heißt es in der Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion, die unserer Redaktion vorliegt. Die Ausschüttungsbeträge, bezogen auf die Bewertungsreserven der Versicherer, dürften nur so lange gekürzt werden, bis das Zinsniveau am Kapitalmarkt wieder über den "Referenzzins" steige, erklärte das Ministerin. Ende 2013 betrug dieser "Referenzzins" laut Ministerium 3,41 Prozent. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen liegt dagegen derzeit bei nur 1,5 Prozent.

Die geringen Renditen, die heute mit Staatsanleihen zu erzielen sind, machen vielen Lebensversicherern zu schaffen: Sie haben ihren Versicherten Renditen garantiert, die noch immer nahe vier Prozent liegen. Mit vielen Kapitalanlagen erzielen sie jedoch nur noch geringere Renditen. Die Bundesbank hatte deshalb gewarnt, dass zahlreiche Unternehmen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten nicht mehr in der Lage sein könnten, die von ihnen garantierten Beträge auch wirklich an ihre Kunden auszuzahlen.

Gesetzentwurf soll vor Sommerpause durch Bundestag

Das hat nun die Bundesregierung auf den Plan gerufen. Sie will noch vor der Sommerpause einen Gesetzentwurf durch den Bundestag bringen, der die Branche stabilisieren und für einen faireren Ausgleich zwischen älteren und jüngeren Versicherten sorgen soll. Im Kern sollen Versicherte bei Kündigung oder regulärem Ablauf nicht mehr wie bisher zur Hälfte an den Bewertungsreserven der Versicherer bei festverzinslichen Wertpapieren beteiligt werden. Bewertungsreserven sind stille Reserven, die immer dann besonders hoch sind, wenn die Differenz zwischen dem aktuellen Marktwert einer Kapitalanlage und ihrem Kaufpreis groß ist. Derzeit sind die Reserven hoch, weil der Marktwert deutlich unter dem Kaufpreis vieler Wertpapiere liegt.

Künftig darf ein Unternehmen diese Reserven nur noch in dem Maße ausschütten, wie sichergestellt ist, dass die Garantiezusagen für die restlichen Versicherten auch eingelöst werden können. Ausscheidende Kunden müssen teils auf mehrere tausend Euro verzichten, was bei Betroffenen, bei Verbraucherschützern und auch im Bundesrat für viel Kritik sorgt. Allerdings kann der Bundesrat kein Veto einlegen und das Gesetz nur verzögern. Die Länder haben aber bereits signalisiert, es schnell durchzuwinken. Am heutigen Freitag berät die Länderkammer erstmals im Plenum darüber.

Doch was vielen Versicherten bislang nicht klar war: Die Ausschüttungssummen können auch wieder leicht steigen, wenn die Kapitalmarktzinsen wieder über den Richtwert von gut drei Prozent klettern. Allerdings sinkt dann naturgemäß auch die Höhe der Bewertungsreserven. Dennoch: Der Bund sieht die Begrenzung ausdrücklich als befristetes, flexibles Instrument.

Grüne kritisieren Intransparenz

Die Grünen wollen sich damit nicht zufrieden geben. "Wenn Lebensversicherer Bewertungsreserven auf festverzinsliche Wertpapiere künftig nur noch dann ausschütten müssen, wenn sie einen Sicherungsbedarf übersteigen, dann darf die Bestimmung dieses Sicherungsbedarfs keinesfalls eine Black Box sein", sagte Grünen-Finanzpolitiker Gerhard Schick. Das Produkt sei insgesamt weiterhin zu undurchsichtig.

"Die Intransparenz des Produkts Lebensversicherung bleibt so groß, dass selbst kundige Menschen nicht nachvollziehen können, wie hoch ihre Ausschüttungssumme sein wird." Auszahlungen der Versicherer würden sich insgesamt nicht erhöhen, weil es zu viele Gestaltungsspielräume gebe. Die Regierung könne in ihrer Antwort auf die Grünen-Anfrage auch nicht darlegen, inwiefern ihr Gesetz angeschlagenen Versicherern tatsächlich helfe. "Das ist Gesetzgebung im Blindflug. Ich akzeptiere nicht, dass Eigentumsrechte in Milliardenhöhe verschoben werden, ohne dass klar ist, dass dies der angeschlagenen Branche wirklich hilft", betonte Schick.

(mar)
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