Ratgeber Was sich bei Lebensversicherungen ändert

Düsseldorf · Der Bundesrat entscheidet am Freitag darüber, ob die Anbieter ihre Kunden weiterhin an den stillen Reserven beteiligen müssen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will, dass die Verluste der Versicherten so gering wie möglich bleiben.

Kunden von Lebensversicherungen sollen ab 21. Dezember nicht mehr an den sogenannten Bewertungsreserven der Versicherer auf festverzinsliche Anlagen beteiligt werden. Damit wird vielen Versicherten, deren Verträge aktuell auslaufen oder die ihre Police kündigen wollen, deutlich weniger ausgezahlt. Laut dem Bund der Versicherten (BdV) würden in Extremfällen bis zu acht Prozent weniger ausgezahlt. Allerdings soll eine zusätzliche Härtefallregelung für die Jahre 2013 und 2014 die Auswirkungen der geringen Auszahlungen mildern, wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble jüngst angedeutet hat. Heute soll der Bundesrat der geplanten Verordnung zustimmen. Eine Kündigung, um noch altes Recht zu sichern, ist laut dem Marktführer, der Allianz Lebensversicherung, nicht mehr möglich.

Die Neuregelung ist nach Meinung von Experten trotzdem sinnvoll und notwendig. "Ich verstehe die Verwirrung und Verärgerung der Kunden, deren Verträge aktuell fällig werden und die mit einer deutlich geringeren Auszahlung rechnen müssen", sagt Reiner Will, Geschäftsführer der Rating Agentur Assekurata aus Köln. Tatsächlich würde die Ausschüttung von 50 Prozent der Bewertungsreserven auf festverzinsliche Anleihen die verbleibenden Kunden aber nachhaltig schädigen. "Mit der Neuregelung sind die Garantien und Überschüsse der Kunden, die erst in Zukunft ihre Leistung erhalten deutlich sicherer geworden", so Will.

Auswirkungen von Niedrigzinsphasen übersehen?

Die bisherige Regelung war 2008 vom Gesetzgeber eingeführt worden. Dabei war nach Meinung von Will aber offenbar die Auswirkung einer Niedrigzinsphase übersehen worden. So führten stark sinkende Zinsen gleichzeitig zu steigenden Bewertungsreserven auf festverzinsliche Wertpapiere, die die Versicherer noch aus Zeiten höherer Zinsen im Bestand haben. Laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) entstehen diese Bewertungsreserven aber nur fiktiv: "Sie lösen sich im Zeitablauf durch die Auszahlungen der jährlichen Zinsen oder bei einem Zinsanstieg wieder vollständig auf."

Entsprechend würde den Versicherern kein zusätzliches Kapital zur Verfügung stehen. Dies wäre nur möglich, wenn die Unternehmen die Anlagen vorzeitig verkaufen würden und so auf künftige sichere Zinserträge verzichteten. Diesen Verkaufsdruck soll die Neureglung nun aufheben. Bei der Härtefallregelung für 2013 und 2014 soll es gleichzeitig eine Kappungsgrenze von zehn Prozent geben. Nach Einschätzung des BdV wird diese aber kaum wirksam, weil der Anteil der Bewertungsreserven unter diesem Wert liege.

Kunden müssen mit Abstrichen rechnen

Der GDV verwies darauf, dass alle anderen, dem Kunden vertraglich zugesicherten Leistungen wie Garantieverzinsung sowie die "reguläre" Überschussbeteiligung unberührt bleiben. Doch auch hier müssen Kunden künftig mit deutlichen Abstrichen rechnen. So haben die Allianz und einige andere Lebensversicherer bereits angekündigt, dass sie die allgemeine Überschussbeteiligung 2013 senken werden.

Trotzdem sollten Kunden ihre Lebensversicherungen nicht voreilig kündigen, sondern sich immer vorher beraten lassen. Wer vorzeitig aussteigt muss laut R+V Versicherung damit rechnen, dass die steuerliche Begünstigung, die Absicherung der Hinterbliebenen oder der Berufsunfähigkeitsschutz verloren geht. Auch die Option auf eine lebenslange Rente sei dann hinfällig. Zudem würde der Kunde auf Schlussgewinnanteile verzichten.

Hilfe gibt es beispielsweise von unabhängigen Beratern. "Ich mache immer eine Restrenditen-Berechnung", erläutert Versicherungsberater Marco Krieter aus Bochum. Dabei wird gegenübergestellt, wie viel Rendite der Vertrag voraussichtlich bei Zahlung bis zur Fälligkeit abwerfen würde und wie viel er wert ist, wenn die Police sofort beitragsfrei gestellt wird. "Dann kann der Kunde prüfen, ob es sich lohnt, die freie Monatsprämie in eine andere Anlage zu sparen", so Krieter. Eine solche Prüfung dürfte aber erst sinnvoll sein, wenn die genauen Ausführungsbestimmungen zur Neureglung der Bewertungsreserven auf dem Tisch liegen.

(RP/anch)
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