Vorzeitiger Abbruch Lebensversicherung: Verkauf besser als Kündigung

München/Berlin (rpo). In Deutschland existieren rund 90 Millionen Lebensversicherungsverträge. Doch die Hälfte wird nicht bis zum Ende durchgehalten. Dabei ist ein vorzeitiger Ausstieg aus einer solchen Versicherung oft mit hohen Verlusten für den Versicherungsnehmer verbunden. Doch zur Kündigung gibt es mittlerweile eine Alternative: den Verkauf.

Unternehmen kaufen die Policen ab und versprechen dem Versicherten einen Bonus zum Rückkaufwert. Doch vor einem solchen Verkauf sollten die Bedingungen genau geprüft werden. Denn auf diesem Markt tummeln sich bereits einige "schwarze Schafe".

Die Kapital-Lebensversicherung ist ein umstrittenes Produkt. Verbraucherschützer kritisieren sie als zu wenig transparent und renditeschwach, die Versicherungswirtschaft preist sie hingegen als sichere Form der Altersvorsorge. Ein Vorteil der kapitalgebundenen Lebensversicherungen war bisher das Steuerprivileg: Die Erträge waren nach zwölf Jahren steuerfrei. Bei Verträgen, die seit Anfang 2005 geschlossen wurden, sind nun 50 Prozent der Erträge zu versteuern.

Vertrag beitragsfrei stellen

Jeder zweite Vertrag wird vorzeitig gekündigt, heißt es beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin. Sogar bis zu 80 Prozent der Verträge werden nicht bis zum Ende durchgehalten, also etwa beitragsfrei gestellt, sagt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten (BdV) in Henstedt-Ulzburg bei Hamburg. 12,4 Milliarden Euro zahlten die Versicherungsunternehmen laut GDV im Jahr 2003 wegen Stornierungen aus. 2002 waren es noch 9,2 Milliarden Euro.

GDV-Sprecher Michael Gaedicke kann die hohen Kündigungszahlen nicht verstehen. "Man sollte den Vertrag auf jeden Fall durchhalten", rät er. Wenn der Kunde in einer finanziellen Notlage die Beiträge nicht mehr zahlen kann, biete sich immer noch die Möglichkeit, den Vertrag beitragsfrei zu stellen.

Dabei ist das vordringliche Motiv für die Kündigung auch in Zeiten von Hartz IV nicht wirtschaftliche Not. In einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach nannten nur 15 Prozent dies als Grund für die Kündigung. 26 Prozent hingegen wollen ihr Geld besser anlegen, erläutert das auf Lebensversicherungs-Ankauf spezialisierte Unternehmen cash.life in München, der Auftraggeber der Studie.

Produkt ist unattraktiv

Den Wunsch nach einer besseren Anlage kann BdV-Versicherungsberater Rudnik gut nachvollziehen. Das Produkt Lebensversicherung sei auch deshalb unattraktiv, weil der vorzeitige Ausstieg meist mit Verlusten verbunden ist: "Bei Kapital-Lebensversicherungen werden Provisionen, Gebühren und sonstige Kosten am Anfang fällig und nicht etwa über den Versicherungsverlauf verteilt." Durch diese so genannte Zillmerung sei die Kündigung der Versicherung besonders am Anfang meist mit hohen Verlusten verbunden. Der Verkauf einer Lebensversicherung sei gegenüber der Auflösung daher eine sinnvolle Sache, so der Experte.

Cash.life ist nach eigenen Angaben der größte Anbieter auf dem deutschen Markt. Viele andere Unternehmen treten lediglich als Makler auf und geben die Verträge an cash-life weiter. Vertriebsvorstand Lutz Schroeder verspricht den Kunden durchschnittlich drei bis sieben Prozent mehr Kaufpreis, als die Versicherung im Falle der Kündigung auszahlen würde. "In einigen Fällen können wir sogar mehr als zehn Prozent über dem Rückkaufwert ausbezahlen", sagt Schroeder.

Bedingungen für Verkauf

Thorsten Rudnik warnt aber vor übertriebenen Erwartungen. "Unseren Erfahrungen nach liegen die Kaufpreise in vielen Fällen lediglich zwei bis drei Prozent über dem Rückkaufwert." Und noch einen weiteren Wermutstropfen gibt es: cash.life nehme nur von rund der Hälfte der rund 120 deutschen Lebensversicherungs-Anbieter Verträge an. "Damit decken wir aber 85 Prozent des Marktes ab", erklärt Schroeder. Und es gibt noch weitere Einschränkungen: Versicherungspolicen, die verkauft werden sollen, dürfen nicht älter als 15 Jahre sein und müssen einen Rückkaufwert von mindestens 5000 Euro haben. Außerdem sind bestimmte Arten von Kapital-Lebensversicherungen grundsätzlich ausgeschlossen.

Cash.life-Vorstand Schroeder sieht aber auch noch einen Vorteil beim Verkauf der Versicherung im Vergleich zur Kündigung: "Unsere Kunden bleiben als versicherte Person im Vertrag stehen. Wir zahlen daher im Todesfall vor Versicherungsablauf an die Angehörigen die Todesfallsumme abzüglich des Kaufpreises und der von uns bezahlten Prämien aus". Der Verkäufer muss also - anders als bei einer Kündigung der Versicherung - nicht auf die Risikoabsicherung der Hinterbliebenen verzichten.

Dubiose Anbieter

Das steigende Interesse am Verkauf von Lebensversicherungen nutzen inzwischen aber auch einige dubiose Anbieter aus. "Einige Unternehmen bieten beispielsweise einen 500 Euro höheren Kaufpreis als die Konkurrenz. Im Gegenzug wird nur ein Teil der Summe ausgezahlt, der Rest in monatlichen Raten", erzählt Versicherungsberater Rudnik. Von solchen Angeboten rät der Experte allerdings ab: "Der etwas höhere Kaufpreis hilft dem Kunden nichts, wenn das Unternehmen insolvent wird, bevor die volle Summe ausgezahlt wurde." Außerdem habe der Käufer einen Zinsvorteil gegenüber dem Verkäufer.

Andere Anbieter zahlen den Wert der Lebensversicherung nicht in bar aus. Die Kunden können stattdessen ein Auto finanzieren lassen oder einen Urlaub buchen. Auch vor solchen Anbietern warnt Rudnik: "Die Kunden wollen die Lebensversicherung ja verkaufen, weil sie das Geld brauchen oder es in eine andere Anlageform stecken möchten."

(gms)
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