Strom und Gas sind wieder billiger Das müssen Verbraucher bei einem Anbieterwechsel beachten

Service | Düsseldorf · Einerseits erhöhen viele Strom- und Gasanbieter erneut ihr Preise, andererseits bieten einige Versorger Gas und Strom für Neukunden wieder günstiger an. Lohnt sich da ein Anbieterwechsel und wie können Verbraucher von den sinkenden Preisen profitieren?

Gas- und Strompreisbremse: Die wichtigsten Fakten
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Die wichtigsten Fakten zur Gas- und Strompreisbremse

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Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Die Preise für Strom und Gas im Großhandel und an der Börse sinken weiterhin kräftig. In den meisten Fällen wird diese Preissenkung allerdings nicht an die Bestandskunden weitergegeben, wie die Verbraucherzentrale NRW unserer Redaktion mitteilt. „Bei den Bestandskunden wie der Grundversorgung werden die gesunkenen Preise mit sehr großer Verzögerung ankommen“, sagt Amelie Vogler, Referentin Energiemarkt der Verbraucherzentrale NRW. Mit welcher Verzögerung und in welchem Rahmen hänge ganz stark vom Unternehmen selbst und dessen Beschaffungsstrategie ab.

Auch im Januar sind die Strompreise für Haushalte erneut gestiegen. Lag der Durchschnittspreis für Haushaltskunden im vierten Quartal bei 40,07 Cent je Kilowattstunde, wurden im Januar 48,12 Cent fällig, wie der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) mitteilte. Zum Vergleich: Laut Bundesnetzagentur zahlten Haushalte 2019 im Jahresschnitt 30,85 Cent je Kilowattstunde Strom.

Sollte man jetzt also den Anbieter wechseln?

Werden die gesunkenen Preise nicht an die Bestandskunden weitergegeben, liegt der Gedanke nahe, den Anbieter zu wechseln und so von den günstigeren Preisen zu profitieren. Nach Einschätzung von Branchenexperten sind Neukundenverträge derzeit tendenziell günstiger als Bestandskundenverträge. Damit sei ein Wechselanreiz gegeben, erklärt Energieexpertin Vogler. „Man sollte zwar seine eigenen Gesamtkosten betrachten, dennoch beobachten wir viele günstige Angebote auf den verschiedenen Portalen. Demnach lohnt sich ein Wechsel wahrscheinlich für einige.“ Das bestätigen auch die Vergleichsportale Verivox und Check24: „In jüngster Zeit sind die Neukundenpreise für Strom und Gas regelrecht eingebrochen“, sagt Verena Blöcher von Verivox. Gleichzeitig seien die Preise der Grundversorger deutlich gestiegen. „Mit der Rückkehr des Sparpotenzials beobachten wir auch wieder eine deutliche Zunahme der Wechselaktivitäten.“

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Vor allem bei den Gaspreisen fällt der Preisunterschied auf: Die Neukundenpreise liegen laut Verivox im Bundesschnitt aktuell bei 11,94 Cent pro Kilowattstunde (kWh). „Sie sind damit seit Herbst letzten Jahres um 70 Prozent eingebrochen“, sagte Verivox-Energieexperte Thorsten Storck. Auch erste Grundversorger würden ihre Preise in den kommenden Wochen senken. Die durchschnittlichen Angebote für Neukunden von überregionalen Versorgern lägen nun sowohl bei Gas als auch bei Strom unter den Preisgrenzen der Energiepreisbremsen (Gas: 12 Cent/kWh, Strom: 40 Cent/kWh). Diese werden zwar erst zum 1. März eingeführt, gelten aber rückwirkend auch schon für Januar und Februar. Wer also mehr zahlt als die staatlich festgelegten Energiepreisbremsen, für den könnte sich ein Wechsel zu einem günstigeren Tarif aktuell lohnen.

Was müssen Verbraucher bei einem Anbieterwechsel beachten?

Vergleichsportale wie Check24 oder Verivox sind eine wichtige Stütze bei der Suche nach einem neuen Anbieter, denn sie bieten eine gute Orientierung, welche Preise aktuell gut oder weniger gut sind. Dennoch müssen laut Vogler auch hier einige Dinge beachtet werden. In den Portalen seien in den meisten Fällen einige Voreinstellungen gegeben, die für den suchenden Verbraucher zum Nachteil sein können. Beispielsweise würden oft die Boni mit in den angezeigten Preis einberechnet, ebenso „Tarife mit Wechsel­möglich­keit“, wodurch lediglich Angebote angezeigt werden, an denen die Portale durch Provision Geld verdienen. Bei Check24 gibt es die Möglichkeit unter den individuellen Einstellungen, den Grundversorger mit anzeigen zu lassen sowie Empfehlungen der Redaktion auszublenden. Laut Amelie Vogler sollte ebenfalls auf Werbeanzeigen des Portals geachtet werden, die in den meisten Fällen ganz oben in der Liste angezeigt werden.

Hat man einen oder mehrere Anbieter ins Auge gefasst, sollte in jedem Fall die jeweilige Webseite auf Seriosität geprüft werden. Wie wirkt die Seite auf mich? Gibt es klare Produktbeschreibungen, Kontaktmöglichkeiten und Hinweise zum Unternehmen? Außerdem sollten laut Vogler die Preise in den Portalen mit denen auf der Webseite verglichen werden, denn manchmal werden nicht die ganz aktuellen Preise aufgeführt.

Ein weiterer wichtiger Punkt seien Erfahrungsberichte von anderen Nutzern. Dafür eigne sich eine kurze Internetrecherche, um zu überprüfen, ob schon andere Verbraucher vermehrt Probleme mit einem Anbieter hatten. Ist in Beschwerdeportalen wie „Reklamation24“ oder „Reclabox“ ein Anbieter schlecht bewertet, so ist ebenfalls von ihm abzuraten.

Welche Rolle spielt die Strom- und Gaspreisbremse?

Zum 1. März wird der Strom- und Gaspreis auf einen bestimmten Betrag gedeckelt. Sollte lediglich 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs benötigt werden, wird ein Maximalarbeitspreis von 40 Cent pro Kilowattstunde fällig, bei Gas sind es 12 Cent. Für die restlichen 20 Prozent gelten die vertraglich vereinbarten, zumeist höheren Preise, sodass ein Anreiz zum Energiesparen gesetzt wird. Hier setzt ein weiterer Tipp von Referentin Vogler an: Sollte es – aus unterschiedlichen Gründen – nicht möglich sein, viel Energie zu sparen, könnte sich ein Wechsel vom Grundversorger zu einem anderen Anbieter in jedem Fall lohnen.

Die Gas- und Strompreisbremse kann ebenfalls zur Orientierung dienen. Sie gibt laut Vogler eine grobe Richtung vor, welcher Angebotspreis gut und günstig ist – und welcher zu teuer. Sobald Neukundentarife unterhalb von 40 Cent je Kilowattstunde bei Strom und 12 Cent bei Gas angeboten werden, sei es ratsam, über einen Wechsel nachzudenken.

(mit dpa )
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