Abzocke mit Überziehungszinsen Stiftung Warentest prangert hohe Dispozinsen an

Berlin · Bis zu 14,75 Prozent Zinsen zahlen Kunden, wenn sie ihr Girokonto überziehen. Besonders bei Sparkassen in ländlichen Gebieten und bei kleinen Banken lassen die Institute sich den Dispokredit vergolden. Die Stiftung Warentest kritisiert das als "Abzocke".

Dispozinsen im Überblick
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Foto: dpa, Karl-Josef Hildenbrand

Mehr als hundert Banken kassieren nach einer Studie der Stiftung Warentest Überziehungszinsen für Girokonten von mehr als 13 Prozent. Diese nach Ansicht der Verbraucherschützer unverschämten Dispozinsen würden vor allem von kleinen Volks- und Raiffeisenbanken sowie Sparkassen in ländlichen Regionen erhoben.

Nach dem am Dienstag vorgestellten Test unter allen 1538 Banken in Deutschland verlangt von den bundesweit tätigen Instituten nur die Targobank einen Zinssatz von mehr als 13 Prozent. Die Dispozinsen schwanken nach Angaben der Stiftung Warentest zwischen 14,75 Prozent (Raiffeisenbank Taufkirchen-Oberneukirchen) bis 5,25 Prozent (Deutsche Skatbank).

Ein besonders krasses Beispiel für hohe Überziehungszinsen ist die Volksbank Feldatal. Sie stellt ihren Kunden einen Zinssatz von 22,5 Prozent in Rechnung, wenn auch der Rahmen für einen Dispokredit überzogen wird.

Aus Sicht der Verbraucherschützer sollte bei den derzeit günstigen Refinanzierungsmöglichkeiten der Banken der Dispozins-Satz klar unter zehn Prozent liegen. Die Stiftung Warentest beklagte mangelnde Transparenz der Banken. Über zwei Drittel der Institute hätten auf telefonische Anfrage die Dispozinsen nicht nennen wollen. Bei 519 dieser Verweigerer hätte man die Überziehungszinsen im Internet recherchieren könnten. Zu den übrigen 606 Banken habe man Tester geschickt, die den Preisaushang im Schaufenster fotografiert hätten. Bei 26 Instituten reichte auch das nicht, dort waren die Konditionen für Dispokredite nicht zu erfahren.

Viele Banken stellen Gebühren nicht online

Die Verbraucherschützer werfen den Banken vor, sich nicht an Absprachen zu halten. Nach Ankündigungen der Bankenverbände sollten demnach mittlerweile die Preise für die Überziehung des Girokontos ins Internet gestellt werden. Am Stichtag 1. Juli hätten aber ein Drittel der Sparkassen und knapp zwei Drittel der Volks- und Raiffeisenbanken dies nicht gemacht.

Die bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken reagieren abwehrend und werfen der Stiftung Warentest Stimmungsmache im Bundestagswahlkampf vor. "Ich kann das Getöse nicht nachvollziehen. Statt Aufklärung über den Mechanismus zu betreiben, der hinter der Preisfindung von Dispozinsen steht, mokiert man sich ausschließlich über die Höhe der Zinsen", sagte der Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB), Manfred Götzl, am Dienstag in München.

Götzl lehnt Obergrenze ab

Überziehungskredite seien unbesichert und damit für die Banken die teuerste Form der Kreditgewährung. Hohe Zinsen seien "schlichtweg eine kaufmännische Erfordernis", sagte Götzl. Eine Obergrenze für Dispozinsen lehnte Götzl erneut strikt ab.

Der Verbandschef hat bereits mehrfach die hohen Zinsen für Dispokredite verteidigt. Kein Kunde müsse sein Konto überziehen und Banken seien auch nicht verpflichtet, solche Kredite anzubieten, hatte Götzl vor einigen Monaten gesagt. Günstige Zinsen verführten Kunden sogar eher, ihr Konto zu überziehen. Dispokredite seien ein Service, um Verbrauchern kurzfristig mehr finanziellen Spielraum zu gewähren.

(REU/dpa)
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