Vergleich mit Single-Haushalt So viel Plastikmüll produziert eine fünfköpfige Familie in einer Woche
Düsseldorf · Plastikmüll verschmutzt Meere und Wälder. Aber welche Verpackungen wären eigentlich vermeidbar? Und wie viel Plastik fällt im Alltag an? Wir haben den Müll eines Singles und einer fünfköpfigen Familie aus einer Woche fotografiert.
So viel Plastikmüll entsteht in einer Woche
Sieben Tage und ein Tonne voll Plastikmüll - das ist das Motto dieses Experiments. Auf der einen Seite stehen ein Ehepaar, drei Kinder, drei Meerschweinchen und zwei Kaninchen. Auf der anderen Seite: ein Singlehaushalt.
Der Plan: Plastik sammeln statt vermeiden. Sieben Tage lang kaufen der Familien- und der Singlehaushalt normal ein. Am Ende wird abgerechnet. Wie viel Plastik kommt wirklich dabei heraus? Und welche Verpackungen wären vermeidbar gewesen? (Hier geht es zu den Bildern)
Anlass ist die Ankündigung der Europäischen Kommission, Einwegplastik in Form von Besteck, Geschirr und Strohhalmen verbieten zu wollen. Bis 2030 sollen Wegwerfartikel und Mikroplastik reduziert sein, Verpackungen recycelbar werden. Klingt gut angesichts der zahlreichen Bilder von vermüllten Weltmeeren. Aber ist das wirklich nötig, fragen wir uns?
Wir, das sind mein Kollege Christoph Schroeter und ich. Unsere beiden Städter-Haushalte treten zu diesem Experiment an - und sind gespannt, ob wir am Ende von der Menge an Plastikmüll schockiert sein werden.
Wir starten, nachdem die gelbe Tonne geleert wurde - und schon am ersten Tag geht es gut los.
Im Familienhaushalt landen in der Tonne:
- zwei Milchtüten
- mehrere Obst- und Gemüsefolien
- ein Behälter für Erdbeeren
- eine Trinkjoghurtflasche
- ein kaputter Blumentopf
Im Singlehaushalt:
- eine Salatverpackung
- eine Reismilchtüte
- die Verpackung einer Glühbirne
- eine Plastiktüte für loses Gemüse
Vor allem erstaunlich: Wie viel Müll rund um Obst und Gemüse zusammen kommt. Salat, Pfirsiche, Tomaten, Gurken - das wären alles Produkte, die man einfach nur aufschütten könnte. Stattdessen ist oftmals jede Gurke einzeln verpackt. Die Fleischtomaten liegen zwar auf einem Haufen, die Rispentomaten aber nicht. Pfirsiche, Nektarinen und Erdbeeren werden grundsätzlich in einer Plastikschale verkauft, und wer frische Kräuter will, bekommt diese ebenfalls in einer Plastikschale, die zusätzlich noch mit einer Plastikfolie eingeschweist ist.
Purer Irrsinn, befinden wir beide beim Blick in die Tonne. Plastikmüll, der definitiv vermeidbar wäre, aber vor allem in einem großen Familienhaushalt oft nicht vermeidbar ist. Denn längst nicht jeder Supermarkt verkauft das komplette Obst- und Gemüsesortiment lose, beim Discounter sind es meistens nur eine Handvoll Sorten. Und schließlich wollen nicht nur die Kinder frisches Obst. Allein die fünf Nager der Familie fressen schon 5 kg Möhren, 2,5 kg Tomaten, 4 Köpfe Salat und 4 Salatgurken pro Woche. Da kommt etwas zusammen - an der Kasse und in der Tonne. Selbst der Single tut sich zunehmend schwer, Plastik zu reduzieren. Portionierter Käse beispielsweise bedeutet Verpackung über Verpackung. Eine große Portion zu kaufen, lohnt sich jedoch für eine Einzelperson kaum. Bleibt der Gang zur Fleisch- und Käsetheke, die je nach Kaufvorstellung ebenfalls mit einem saftigen Aufpreis verbunden ist.
Im Sommer kommt Eiscreme dazu. Allein die beiden Boxen Wassereisstangen bringen insgesamt 20 kleine Tüten in die gelbe Tonne. Anders könnte man die Süßspeise jedoch kaum verpacken. Mozzarella und Streukäse, wie sie auch im Singlehaushalt anfallen, kann man ebenfalls nicht in der Papiertüte verkaufen. Was sich aber vermeiden ließe, wäre die dicke Plastikverpackung um eine einzelne Glühbirne.
Mal sieben multipliziert, ist das Ergebnis dann doch beachtlich:
- Allein elf Packungen für Käse- und Wurstaufschnitt bringt der Kollege mit seiner Familie zusammen (die doch sehr hohe Zahl hängt allerdings mit der Anschaffung eines neuen Sandwich-Toasters zusammen, der ausgiebig genutzt wurde).
- Neun Milchtüten.
- Zwei Blumentöpfe.
- Ein Duschgel.
- Vier Plastikcontainer für Pfirsiche und fünf für Erdbeeren.
- Die Tüten für Gummibärchen, Chips und andere Leckereien noch nicht mit einberechnet. (Den gesamten Müll in Bildern sehen Sie hier)
Laut einer Studie der europäischen Statistikbehörde Eurostat produziert jeder Deutsche 37 Kilogramm Verpackungsmüll pro Jahr. Damit liegen die Deutschen dabei weit über dem europäischen Schnitt (31 kg). Noch mehr Plastikmüll pro Kopf produzieren derzeit nur Irland (61 Kilogramm), Luxemburg (52) und Estland (46,5). Dass es auch anders geht, zeigt Kroatien. Dort kommt man mit nur 12,4 Kilogramm Plastikmüll pro Kopf aus.
Wir beide könnten uns jedenfalls mehr unverpackte Ware in den Supermärkten vorstellen. Gummibärchen könnte man auch mit der Schaufel herausnehmen und in eine recycelte Papiertüte geben. Die neuen Unverpackt-Läden machen es vor. Frische Lebensmittel grundsätzlich zum Wiegen anzubieten, ist auch eine längst überfällige Maßnahme der Supermärkte. Milch könnte man auch in Glasflaschen kaufen. Und es sollte eine Lösung dafür gefunden werden, dass der Verbraucher mit seinem eigenen Aufbewahrungsbehälter an die Käse- sowie Wurst- und Fleischtheke gehen kann.
Eine Woche Plastikmüllsammeln hat uns aber auch gezeigt: Auf Plastik weitgehend zu verzichten, das ist für den Normalverbraucher derzeit kaum möglich - und daran wird auch die neue EU-Verordnung erst einmal nichts ändern.
Hier noch ein paar Tipps, um Plastik einzusparen. Nutzen Sie...
- Bambuszahnbürste statt Plastikzahnbürste;
- einen wiederverwendbaren Thermobecher statt To-go-Becher aus Plastik;
- eine wiederverwendbare Flasche aus Edelstahl statt eine Plastikflasche für Wasser;
- eine Stofftasche oder einen Korb statt Plastiktüten zu kaufen;
- lose Seifensteine statt Plastikspender und Nachfülltüten;
- Strohhalme aus Edelstahl statt Plastikstrohhalme.