Verspätung, Ausfall, Streik Wenn die Straßenbahn nicht kommt – diese Rechte haben Fahrgäste im ÖPNV
Ausgefallene oder verspätete S-Bahnen, Straßenbahnen oder Busse sind ärgerlich. Ob Fahrgastrechtegesetz oder die Mobilitätsgarantie NRW - welche Rechte Fahrgäste haben und in welchen Fällen die Serviceleistung der NRW-Verkehrsunternehmen nicht greift, erfahren Sie hier.
Quellen: Schlichtungstelle Nahverkehr, Verbraucherzentrale NRW
Was steht dem Fahrgast bei Verspätungen im Nahverkehr zu?
Zum Nahverkehr zählen die Eisenbahnen, S-Bahnen und Privatbahnen. Bei Verspätungen regelt die EU-Fahrgastverordnung VO (EG) Nr. 1371/2007 die Entschädigung für den Kunden. Bei Verspätungen der fahrplanmäßigen Ankunft zwischen 60 und 119 Minuten steht dem Fahrgast eine Entschädigung zu. Er kann wählen zwischen:
● 25% des Fahrkartenpreis wird erstattet,
● oder der Fahrgast verzichtet auf die Beförderung, dann wird der gesamte Reisepreis erstattet,
● oder der Fahgast bricht die Beförderung ab, dann steht ihm ein kostenloser Rücktransport und die Erstattung des Reisepreises für die nicht genutzte Strecke zu.
Bei Verspätung der fahrplanmäßigen Ankunft am Zielbahnhof um mehr als 120 Minuten werden entweder
● 50% des Fahrkartenpreises erstattet,
● oder der Fahrgast verzichtet auf die Beförderung, dann wird der gesamte Reisepreis erstattet,
● oder der Fahgast bricht die Beförderung ab, dann steht ihm ein kostenloser Rücktransport und die Erstattung des Reisepreises für die nicht genutzte Strecke zu.
Grundsätzlich rät die Verbraucherzentrale dazu, sich im Zug oder am Bahnhof eine Verspätungsbescheinigung ausstellen zu lassen. Zu beachten gilt auch, dass die verspätete Ankunft am Zielbahnhof entscheidend ist. Verspätungen innerhalb der Reisekette werden nicht entschädigt, wenn die Ankunft am Zielort pünktlich oder höchstens 59 Minuten verspätet war.
Wie komme ich an die Erstattung?
In der Regel bieten die Unternehmen ein standardisiertes Fahrgastrechte-Formular auf ihren Internetseiten an. Bei der Deutschen Bahn gibt es das Formular hier. Wer ein Online-Ticket erworben hat, kann in der App "DB Navigator" die Entschädigung beantragen.
Bekomme ich auch eine Entschädigung bei höherer Gewalt?
Ja, bei besonderen Wetterbedingungen, Naturkatastrophen, Terrorakten, Streiks oder unvermeidbarem Verhalten Dritter (Suizide) stehen Ihnen ebenso Entschädigungen zu. Das hat der Europäische Gerichtshof im Jahr 2013 entschieden.
Allerdings hat das Europäische Parlament diesbezüglich Änderungen beschlossen, die 2023 in Kraft getreten sind. Seit dem werden Entschädigungen nicht mehr gezahlt, die „durch außergewöhnliche Umstände wie extreme Witterungsbedingungen oder große Naturkatastrophen“ oder Störungen durch Gesundheitskrisen wie Pandemien“ und Verspätungen „durch bestimmte Handlungen von Dritten“ verursacht werden.
Was ist, wenn der Nahverkehrszug am Zielbahnhof sich um mindestens 20 Minuten verspäten wird?
In diesem Fall kann der Reisende einen Zug des Fernverkehrs nehmen. Vorausgesetzt der Zug ist nicht reservierungspflichtig. Ausgenommen sind auch Sonderzüge. Ebenso gilt diese Regelung nicht bei einer "erheblich ermäßigten" Fahrkarte, wie das Länderticket oder das Semesterticket. Zu beachten ist, dass vor Antritt der Fahrt ein gültiges Fernverkehrticket gelöst werden muss. Der erhöhte Mehraufwand wird erstattet
Was ist, wenn ich vom Bahnhof nicht mehr wegkomme?
Das Unternehmen muss in diesem Fall für Ersatzverkehr sorgen oder, wenn es dazu nicht in der Lage ist, für eine Unterkunft sorgen. Um die Befördung dorthin muss sich ebenfalls das Unternehmen kümmern.
Kann ich zur Weiterfahrt auch ein Taxi nehmen?
Das ist möglich, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Außerdem muss der Fahrgast in Vorleistung gehen. Maximal 80 Euro werden erstattet, wenn
● die geplante Ankunft zwischen 0.00 Uhr und 5.00 Uhr liegt und die Ankuft sich um mehr als 60 Minuten verspätet, oder
● der letzte fahrplanmäßige Zug den Zielbahnhof nicht bis 24.00 Uhr erreicht
Wann steht mir keine Entschädigung zu?
Es gibt Ausschlüsse, wann keine Entschädigung gezahlt wird und zwar in folgenden Fällen:
● Das Unternehmen kann Entschädigungen ablehnen, wenn der Betrag unter vier Euro liegt (Bagatellgrenze).
● Für Folgeschäden wie ein verpasster Flug kommt das Unternehmen nicht auf.
● Bei Verspätungen durch Bus, Straßenbahn und U-Bahn greift das Fahrgastrechtegesetz nicht. In diesen Fällen profitieren Fahrgäste in NRW von der Mobilitätsgarantie. (Siehe folgende Infotafeln.)
Was ist der wichtigste Unterschied zwischen der Mobilitätsgarantie NRW und dem Fahrgastrechtegesetz?
Die Mobilitätsgarantie NRW verspricht: Der Fahrgast soll auch bei erheblichen Verspätungen und Ausfällen sein Ziel erreichen. Da dieses eine freiwillige Serviceleistung ist, greift sie bei höherer Gewalt wie Unwetter, Naturgewalten, Streiks oder Bombendrohungen nicht. Anders ebenfalls als bei dem Fahrgastrechtegesetz ist nicht die Ankunft am Zielort, sondern die verspätete Abfahrt entscheidend, ob der Fahrgast Anspruch auf Erstattung hat. Bei der Mobiltätsgarantie entfällt aber die „Bagatellgrenze“ von vier Euro.
Wann profitiere ich von der Mobilitätsgarantie?
Wenn der Bus oder die Straßenbahn mindestens 20 Minuten später als im Fahrplan angegeben an der Abfahrtshaltestelle abfährt oder gar komplett ausfällt, kann der Kunde Ansprüche geltend machen. Bei einer Verspätung während der Fahrt oder wenn der Kunde einen Anschluss verpasst, weil während der Fahrt eine Verspätung aufgetreten ist, greift die Garantie nicht.
Was beinhaltet die Mobilitätsgarantie?
Bei einer Verspätung von mindestens 20 Minuten haben Sie die Möglichkeit alternativ einen Fernverkehrszug (IC/EC oder ICE), ein Taxi oder ein Verkehrsmittel eines Sharing-Systems wie Car-, Bike-, E-Tretroller oder On-Demand-Verkehr zu nehmen. Bei den entstehenden Kosten müssen Sie erst einmal in Vorleistung gehen.
Welche Kosten übernimmt das Verkehrsunternehmen?
● Bei einem Fernverkehrszug als alterntives Verkehrsmittel übernimmt das Unternehmen die entstanden Kosten in voller Höhe.
● Bei Taxi- oder Sharingdiensten bestimmt die Uhrzeit die Höhe der Kostenübernahme. Zwischen 5:00 Uhr und 20:00 Uhr werden bis 30 Euro übernommen, zwischen 20:00 Uhr bis 05:00 Uhr beträgt die Kostenübernahme bis zu 60 Euro.
Um die Kosten geltend zu machen, müssen Sie diese nachweisen können. Lassen Sie sich bei einer Taxifahrt eine Quittung ausstellen oder bewahren sie den Fahrschein des Fernverkehrszuges auf. Dort muss dann der Preis aufgedruckt sein.
Wie komme ich an den Erstattungsbetrag?
Sie können online den Antrag hier ausfüllen. Alternativ erhalten Sie den Antrag auch in den Kundencentern. Der Antrag muss innerhalb von 14 Tagen eingereicht werden. Für den Antrag benötigen Sie nicht nur die Quittungen/Belege für Fernverkehrszug, Taxi oder Sharing-Fahrzeug, sondern auch ihr Nahverkehrsticket, mit dem Sie ursprünglich ihr Ziel erreichen wollten.
Zu guter Letzt
Die Schlichtungsstelle Nahverkehr (SNV) hilft bei Problemen mit dem öffentlichen Nahverkehr. Eine Hotline ist von montags bis donnerstags in der Zeit von 10.00-12.00 Uhr unter 0211 380 9 380 zu erreichen. Zudem bietet der unabhängige Verein ein Beschwerdeformular online an.