Mit Insektengift belastet Das müssen Verbraucher in NRW zum Eier-Skandal wissen

Hannover · In Millionen von Eiern wurde eine zu hohe Dosis des Insektengifts Fipronil festgestellt. Große Mengen davon sind auch nach Deutschland gelangt. Wir haben das Agrarministerium in NRW gefragt, worauf Verbraucher jetzt achten müssen.

 In vielen Eiern wurde eine zu hohe Dosis eines bestimmten Pflanzenschutzmittels festgestellt (Symbolbild).

In vielen Eiern wurde eine zu hohe Dosis eines bestimmten Pflanzenschutzmittels festgestellt (Symbolbild).

Foto: Shutterstock.com/ siambizkit

In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen werden sich viele Menschen die Eier im Kühlschrank jetzt genauer anschauen: Große Mengen von mit einem Insektizid belasteten Eiern sind nach Deutschland exportiert worden. Behörden in den Niederlanden riefen mehrere Millionen verseuchte Eier aus Supermärkten zurück.

Der Verzehr der Eier könne gesundheitsschädlich sein, warnte die Lebensmittelaufsichtsbehörde NVWA. Die Eier enthalten eine zu hohe Dosis des Läusebekämpfungsmittels Fipronil. Aber wie kam das Mittel überhaupt in die Eier? Die wichtigsten Antworten:

Bei den niederländischen Behörden ist die Rede von mehreren Millionen Eiern. In Deutschland handele es sich mindestens um 2,9 Millionen Eier, von denen 875.000 in den Handel gelangt seien, hieß es vom Agrarministerium Nordrhein-Westfalen. Etwa 1,3 Millionen dieser Eier seien über eine Packstelle im Kreis Borken auch nach Niedersachsen gelangt, teilte das Ministerium außerdem mit. "Wer Eier im Kühlschrank hat, sollte zuerst kontrollieren, ob ein NL für Niederlande drauf steht. Wenn dem so ist, sollte man die Stempelnummer kontrollieren", sagt Wilhelm Deitermann, Sprecher des Agrarministeriums NRW. Laut aktuellem Bericht gelten nun Eier mit 27 Codes als gesundheitsschädlich. 180 Geflügelzüchterbetriebe sind gesperrt. Mit Fipronil belastete Eier waren auch nach Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen gelangt. Niederländer sollten bis zum Sonntag sogar vollständig auf den Konsum von Eiern verzichten, empfahl die NVWA.

In der EU ist jedes Ei mit einem - meist aufgedruckten - Code gekennzeichnet. Der Code setzt sich aus Ziffern und Buchstaben, die unter anderem für das Land, den Betrieb und das Haltungssystem stehen, zusammen. Die entsprechenden Chargen der mit Fipronil belasteten Eier tragen dem Agrarministerium in Nordrhein-Westfalen zufolge die Nummern

1-NL 4128604 oder

1-NL 4286001.

Die Legedaten liegen zwischen dem 9. bis 21. Juli.

In Niedersachsen muss auf die Stempelaufdrucke 1-NL 4128604 oder 1-NL 4286001 sowie die Mindesthaltbarkeitsdaten (MHD) 14.08.2017 und 16.08.2017 geachtet werden. "Es werden aber sicher noch weitere Stempelnummern auftreten", sagt Deitermann. "Die Niederländer sind gerade erst dabei zu analysieren, welche Eier betroffen sind. Es ist sehr wahrscheinlich, dass da in den nächsten Tagen noch etwas nachkommt."

Welche Supermärkte mit den Eiern beliefert worden sind, will das Ministerium nicht benennen. "Das macht keinen Sinn, weil die Packstelle alle großen Supermärkte beliefert. Wichtiger ist es, dass der Verbraucher die Stempelnummer kontrolliert und die Eier wegwirft, wenn sie belastet sind."

Das Mittel Fipronil kommt als Pflanzenschutzmittel oder in der Veterinärmedizin zum Schutz von Hunden vor Flöhen und Zecken zum Einsatz. Der in den 1980er Jahren in Frankreich entwickelte Wirkstoff ist allerdings nicht nur für Zecken und Flöhe, sondern auch für Honigbienen in hohem Maße giftig. 2013 hat die Europäische Union daher beschlossen, den Einsatz des Mittels in der Landwirtschaft zu begrenzen. Um Bienenvölker besser zu schützen, darf es zum Beispiel nicht mehr zur Saatgutbehandlung von Mais verwendet werden.

Vermutlich nichts. Alles andere ist sehr unwahrscheinlich. Die derzeit gemessenen Fipronil-Werte der Eier sind nicht sehr hoch: "Für Erwachsene ist das noch nicht gefährlich", sagte eine Sprecherin des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Wegen Analyseergebnissen in Belgien hatte das BfR allerdings vor einem potenziell akuten Gesundheitsrisiko für Kinder beim Verzehr der Eier gewarnt. Auf Basis europäischer Verzehrsdaten für Kinder ergibt sich demnach eine Überschreitung der sogenannten akuten Referenzdosis (ARfD) bis um das 1,6-Fache bei den betroffenen Hühnereiern.

Dies gilt aber nur bei dem höchsten Wert, der in Belgien gemessen wurde. In höheren Dosen kann Fipronil bei Menschen Haut und Augen reizen sowie Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen verursachen. "Deswegen sollte man Eier aus den Niederlanden im Zweifel einfach wegwerfen und neue kaufen - am besten aus Deutschland", sagt der Sprecher des Agrarministeriums. Ganz verzichten müsse man auf das Frühstücksei also nicht.

Mit dieser Frage beschäftigen sich jetzt die Behörden. Nach Angaben des niedersächsischen Agrarministeriums war bei Legehennenbetrieben im Ausland festgestellt worden, dass Fipronil in Ställen nachgewiesen wurde. Das Mittel ist nach Angaben des Zentralverbands der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) als Arzneimittel für die Anwendung bei Lebensmittel liefernden Tieren, wie etwa Hennen, verboten. Tiere, die von Milben, Läusen oder Zecken befallen sind, werden gewöhnlich damit behandelt. Über Haut und Gefieder nehmen Legehennen einem ZDG-Sprecher zufolge das Insektizid auf. Rückstände davon können dann auch in den Produkten der Tiere nachgewiesen werden. "Es sollte aber nicht da drin sein und hätte nicht verwendet werden dürfen", betonte der ZDG-Sprecher.

Ja, alle Lebensmittel, die mit den betroffenen Eiern verarbeitet werden, können Fipronil enthalten", sagt Deitermann. Allerdings sei die Konzentration durch die Verdünnung dann so gering, dass sie teilweise nicht mehr nachweisbar sei. "Deswegen konzentrieren wir uns hauptsächlich auf die Eier. Denn darin ist die Konzentration am höchsten." Produkte wie Nudeln, in denen belastete Eier vorkommen können, sollen ebenfalls nachverfolgt werden, sagt der Sprecher. Denn in Deutschland ist das Mittel in Lebensmitteln nicht erlaubt, also "nicht verkehrsfähig". "Theoretisch kann es aber auch in Hühnerfleisch vorkommen, wenn etwa Legehennen später zu Fleisch weiterverarbeitet werden."

Der Versorgungsgrad mit Eiern aus eigener Produktion liegt in Deutschland bei 67,3 Prozent. Um die Nachfrage auf dem heimischen Markt komplett decken zu können, muss der Rest dem ZDG zufolge aus dem Ausland importiert werden. Häufige Bezugsquellen für Eier sind Nachbarländer wie die Niederlande, Belgien oder Polen.

Der Zeitraum lässt sich nicht genau festlegen. "Wir beobachten natürlich, wie viel verzehrt und wie viel davon weggeworfen wurde. Hinzukommen die Chargen, die in den Supermärkten vernichtet werden. So wird es ein natürliches Ende geben", sagt Deitmann. "Aber wie gesagt, vorerst muss man damit rechnen, dass noch weitere Stempelnummern auftauchen, die belastet sind."

(dpa / ham)
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