Erzeuger geben Kosten an Verbraucher weiter Klimaschutz macht Strom erneut teurer

Düsseldorf · Seit Jahresanfang müssen die Stromerzeuger mehr Luftverschmutzungsrechte kaufen. Die Kosten werden sie weiterreichen – die Verbraucher müssen mit einem zusätzlichen Klima-Euro pro Monat rechnen.

Diese Arten der Stromerzeugung gibt es
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Seit Jahresanfang müssen die Stromerzeuger mehr Luftverschmutzungsrechte kaufen. Die Kosten werden sie weiterreichen — die Verbraucher müssen mit einem zusätzlichen Klima-Euro pro Monat rechnen.

Die Energiewende wird die Verbraucher weiter belasten: Weil die Stromerzeuger seit Jahresbeginn für die Luftverschmutzung ihrer Kohle- und Gaskraftwerke bezahlen müssen, wird sich die Stromrechnung der Verbraucher monatlich um etwa einen Euro erhöhen. Das geht aus einer Kalkulation der IHK zu Dortmund hervor, die stellvertretend für alle IHKs in NRW die Energiepolitik untersucht. "Die deutschen Energieversorger werden im laufenden Jahr CO2-Zertifikate im Wert von 2,1 Milliarden Euro kaufen müssen", rechnet IHK-Geschäftsführer Stefan Schreiber vor. 27 Prozent des deutschen Stromverbrauchs entfallen auf private Verbraucher. "Bei rund 40 Millionen Privathaushalten sind Mehrkosten von zwölf Euro pro Jahr und Haushalt zu erwarten", so Schreiber.

Hinzu kommen die Mehrkosten für bundesweit 2000 Anlagen des produzierenden Gewerbes, für die die Betreiber seit Jahresanfang ebenfalls Klimagas-Zertifikate kaufen müssen. Laut IHK Dortmund liegt die Belastung des Produzierenden Gewerbes in diesem Jahr bundesweit bei 210 Millionen Euro. Während Experten davon ausgehen, dass die Energieversorger ihre neuen Kosten komplett an die Kunden weitergeben, ist das Ausmaß der Überwälzung vom Gewerbe auf den Verbraucher noch unklar.

Seit 2004 müssen alle Unternehmen, die innerhalb der EU produzieren, für jede Tonne ausgestoßenes CO2 ein Zertifikat vorweisen. CO2 wird als so genanntes Klimagas für die globale Erwärmung verantwortlich gemacht. Bis Ende 2012 gab es die Zertifikate weitgehend kostenlos. Seit Anfang des Jahres müssen Stromerzeuger wie RWE oder Eon für alle benötigten Zertifikate bezahlen. Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes wie etwa Stahlwerke oder Aluminiumhütten müssen seit Jahresanfang 20 Prozent ihrer Zertifikate kaufen — ihre Quote soll bis zum Jahr 2020 auf 70 Prozent wachsen.

"Wir haben noch Glück, dass der Beginn des kostenpflichtigen Zertifikate-Handels gerade mit günstigen Zertifikate-Preisen zusammenfällt", sagt Stefan Schreiber. Derzeit kostet ein Zertifikat für die Emission einer Tonne CO2 weniger als sieben Euro. Vor sieben Jahren lag der Preis noch bei 30 Euro. Der momentane Tiefpreis hat zwei Ursachen: Einerseits haben Stromerzeuger und Industrie massiv in Erneuerbare Energien und in Klimaschutztechniken investiert, so dass die Nachfrage nach Verschmutzungsrechten stark nachgegeben hat. Andererseits schwächelt die Konjunktur: Die gedämpfte Produktion sorgt für weniger CO2-Emissionen, was die Nachfrage nach Zertifikaten dämpft. "Klar ist: Wenn die Wirtschaft wieder anzieht, werden auch die Zertifikate wieder teurer", so Schreiber.

Neben den Mehrkosten für den Zertifikatehandel kommen auf die Stromkunden in diesem Jahr noch die Mehrkosten für die EEG-Umlage zu. Damit werden die Subventionen für Energie etwa aus Windkraft und Sonnenenergie bezahlt. Experten gehen für 2013 von 70 Euro pro Haushalt aus. In Deutschland wurden 2012 so viele Solaranlagen installiert wie noch nie: Dem Bundesumweltministerium wurden neue Anlagen mit einer Leistung von 360 Megawatt gemeldet. Ihre Gesamtkosten sind in der letzten Anpassung der EEG-Umlage erst teilweise berücksichtigt worden.

Die Politik will verhindern, dass die Unternehmen von steigenden Strompreisen ins Ausland vertrieben werden. Vor wenigen Wochen beschloss die Bundesregierung deshalb, dass stark vom Strompreis abhängige Unternehmen etwa aus der Metall-, Papier- oder Chemiebranche einen jährlichen Ausgleich von 350 Millionen Euro erhalten. Noch ist unklar, wie diese Summe finanziert werden soll — voraussichtlich teilweise aus Steuergeldern.

Das deutsche Steueraufkommen wird durch die Kosten des Zertifikatehandels an anderer Stelle ohnehin geschwächt. Darauf wies gestern das NRW-Finanzministerium hin. Der Zertifikatehandel kostet die Unternehmen Geld, also machen sie weniger Gewinn, also führen sie weniger Steuern ab. Der Emissionhandel "führt zu steuerlichen Mindereinnahmen in den Ländern", sagte eine Sprecherin auf Anfrage, "wie hoch diese für die Länder sind, lässt sich nur sehr schwer einschätzen."

(RP/jre/rm)
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