Nach tödlichem Unfall in den Niederlanden Die meisten Indoor-Spielplätze weisen Mängel auf

Düsseldorf · Ein Vierjähriger war auf einem Indoor-Spielplatz in den Niederlanden tödlich verunglückt. Nun sind einige der dortigen Anlagen von einer Behörde überprüft worden: 90 Prozent der Spielplätze wiesen große Sicherheitslücken auf. Auch in Deutschland wird vor gefährlichen Mängeln gewarnt.

In den Niederlanden hat die Behörde für Lebensmittel und Waren oder Konsumgüter (NVWA) 37 von 150 Indoor-Spielplätzen auf ihre Sicherheit überprüft. Wie sich zeigte, wiesen 33 der Anlagen deutliche Sicherheits- und Technikmängel auf. 13 konnten nicht vorweisen, dass sie vor Inbetriebnahme die gesetzlich erforderliche Sicherheitsprüfung durchlaufen haben.

In 20 Anlagen wurden kaputte Netze, scharfe Kanten, mangelhafte Bodenbeläge und ähnliche Mängel gefunden. Zehn der Indoor-Spielplätze hatten die Fehler bis zur zweiten Inspektion behoben - die verbleibenden zehn Anlagen mussten bis auf weiteres aus Sicherheitsgründen geschlossen werden.

Auslöser für die Untersuchung war der tödliche Unfall eines Vierjährigen. Er war Silvester 2015 von einer Hüpfburg auf einem niederländischen Indoor-Spielplatz aus eineinhalb Metern Höhe auf den Boden gestürzt. Der Junge fiel sofort ins Koma und starb zwei Wochen nach dem Unfall. Nach den Ergebnissen der ersten stichprobenartigen Untersuchung hat die NVWA weitere Prüfungen angekündigt.

Indoor-Spielplätze in Deutschland werden nicht auf Sicherheit geprüft

Auch in Deutschland sind Hallenspielplätze beliebt. Rund 35 Millionen Besuche verzeichnen die Betreiber im Jahr. Allerdings endet hier, ebenso wie im Nachbarland, nach der Tüv-Abnahme und Eröffnung des Indoor-Spielplatzes die Kontrollpflicht der Behörden. Die Verkehrssicherungspflicht macht die Betreiber in der Folge allein verantwortlich.

"Bei Spielplätzen - innen wie außen - gilt in Europa die sogenannte Betreiberhaftung. Das bedeutet, es gibt keine unabhängigen Kontrollen, sondern der Betreiber muss dann, wenn es zu einem Unfall kommt, nachweisen, dass seine Anlage alle Anforderungen erfüllt", sagt Ralf Diekmann, Sprecher für den Bereich Produktsicherheit beim TÜV-Rheinland.

Dazu gehören regelmäßige Wartungen, aber auch bestimmte Vorgaben zu den Abständen von Spielgeräten, welche Bodenbeläge genutzt werden dürfen, um Stürze zu dämpfen, oder welche Höhe Podeste haben dürfen. Festgelegt ist all das in der europäischen Norm DIN 11/76 Teil 10. "Und die müssen die Betreiber kennen und umsetzen. Ob sie es aber wirklich tun, wird nicht überprüft", sagt Diekmann.

Die Folge: Die allermeisten Indoor-Anlagen in Deutschland weisen laut dem Experten deutliche Mängel auf. "Wir sehen immer wieder, dass in Deutschland ein wirklich großer Nachholbedarf besteht", sagt Diekmann. "Das betrifft die Schulung des Personals für Notfälle, überhaupt die Anzahl des Personals aber eben leider auch den Zustand der Spielgeräte."

Die meisten Hallenspielplätze weisen Mängel auf

Obwohl das so ist, werden in Deutschland nur sehr selten Indoor-Spielplätze untersucht. Zum letzten Mal war das 2014 der Fall. Damals nahm die Stiftung Warentest 18 Hallenspielplätze unter die Lupe - und mehr als die Hälfte der Anlagen erhielt die Note "mangelhaft". Zu den häufigsten Mängeln zählten herausstehende Schrauben, unbeaufsichtigte Kletterwände und zerschlissene Fangnetze rund um Trampoline. Weil die Betreiber die Verbraucherschützer nicht auf das Gelände lassen wollten, musste Stiftung Warentest in vielen Fällen verdeckt untersuchen.

"Genau das ist auch der Grund, warum wir diese Anlagen in den letzten Jahren nicht untersucht haben", sagt Diekmann. "Während uns auf öffentlichen Spielplätzen niemand daran hindern kann, Messungen durchzuführen, sind Hallenspielplätze auf privatem Gelände." Die meisten würden den Besuch also ohnehin ablehnen - und bei den Anlagen, die den Tüv problemlos schalten und walten lassen, sei ohnehin zu erwarten, dass sie die wichtigsten Auflagen befolgen.

Woher der Tüv-Experte dann weiß, dass so viele Anlagen Mängel aufweisen? "Wir werden als Prüfungsstelle von Unternehmen beauftragt, um Wartungen und Sicherheitsüberprüfungen durchzuführen. Dabei stellen wir leider immer wieder fest: Einige machen ihre Sache schon ganz gut, aber bei den allermeisten besteht eindeutig viel Nachholbedarf."

Der Rat an Eltern

Eltern empfiehlt Diekmann deshalb, Hallenspielplätze ganz genau zu überprüfen:

  • Ist genügend Personal anwesend, auch und gerade, wenn die Halle sehr voll ist?
  • Sind die Fluchtwege frei oder mit Kisten verstellt?
  • Welchen Eindruck machen die Geräte?
  • Sind die Gerüste gut verankert? Sind die Seile lose oder gut gespannt?

"Man sollte sich da auf sein Bauchgefühl verlassen und augenscheinliche Mängel ernst nehmen", sagt Diekmann. Kleine Macken und Kratzer könne es immer geben, aber bei losen Schrauben, sollte man den Betreiber ansprechen - und eventuell das Kind vom Spielen in der Anlage abhalten.

Denn eine Alternative dazu, gibt es nicht. "So lange es keine gesetzlich vorgeschriebenen Überprüfungen gibt, kommen die Betreiber mit solchen Sachen durch - bis ein Unfall passiert. Wer dann nicht vorweisen kann, dass er die Auflagen erfüllt, verliert den Versicherungsschutz und macht sich vielleicht sogar wegen Fahrlässigkeit strafbar."

(ham)
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