Vorstoß aus Brüssel EU will Sparer gegen Banken schützen

Brüssel · Steuerzahler sollen künftig nicht mehr für Spekulationsverluste der Geldhäuser haften müssen. Allerdings rückt die Kommission von dem Vorhaben ab, die Banken zu einer Ausgliederung des Investmentbankings zu zwingen.

 Wer muss haften, wenn sich Banken verzocken?

Wer muss haften, wenn sich Banken verzocken?

Foto: AP

Die EU-Kommission will das Geld der Sparer besser vor Risiken durch riskante Bankgeschäfte schützen. Entsprechende Vorschläge hat der zuständige Kommissar Michel Barnier präsentiert. Seine ursprünglichen Pläne, die größten Geldhäuser zu einer Ausgliederung ihres riskanten Investmentbankings zu zwingen, gab er allerdings auf — auch wegen des massiven Widerstands der Branche gegen die angedachte Zerschlagung. Die Bundesregierung begrüßte, dass das System der Banken mit allen Geschäften unter einem Dach (Universalbanken) erhalten bleibe. Der Düsseldorfer Grünen-Finanzmarkt-Experte Sven Giegold kritisierte die Vorschläge hingegen als "Placebo-Regulierung".

Was will die EU erreichen?

Sparer sollen nicht mehr mit ihrem Geld für Spekulationsverluste im Investmentgeschäft haften müssen. Zugleich will die EU verhindern, dass Institute durch riskante Verluste in Schieflage geraten und vom Steuerzahler gerettet werden müssen. Die Kommissionsvorschläge basieren auf dem Bericht einer EU-Expertengruppe unter Führung des finnischen Notenbankers Erkki Liikanen. Der forderte allerdings eine strikte Trennung von Investmentbanking und Einlagengeschäft. So weit geht Barnier nicht.

Für welche Banken gilt der Plan? Für Institute, deren Bilanzsumme über 30 Milliarden Euro liegt und die ein Handelsvolumen von mehr als 70 Milliarden Euro aufweisen. Der Kommission zufolge sind europaweit rund 30 Geldhäuser betroffen. In Deutschland fallen wohl die Deutsche Bank, die Commerzbank sowie einige Landesbanken unter die EU-Vorgaben.

Was wird verboten?

Barnier will den Eigenhandel zur reinen Gewinnmaximierung verbieten. Das bedeutet: Banken sollen nicht mehr mit Spareinlagen der Kunden riskante Wertpapiergeschäfte auf eigene Rechnung machen dürfen. "Diese Tätigkeiten bergen zahlreiche Risiken, ohne den Bankkunden oder der Wirtschaft konkrete Vorteile zu bieten", heißt es im Papier Barniers. Der Handel mit Staatsanleihen der EU-Länder fällt jedoch nicht unter die Verordnung.

Muss Deutschland sein Trennbanken-Gesetz nun ändern?

"Es ist nicht erforderlich, dass Deutschland seine Gesetze noch einmal überarbeitet", stellte Barnier gestern klar. In Deutschland gilt bereits eine nationale Trennbanken-Regel, derzufolge der Eigenhandel ab bestimmten Werten bis Juli 2015 in ein Tochterunternehmen ausgegliedert werden muss, das wirtschaftlich vom klassischen Einlagengeschäft unabhängig ist.

Müssen Großbanken riskante Geschäfte ausgliedern?

Nur im Einzelfall. Die nationalen Aufsichtsbehörden können von den Instituten die Auslagerung der Marktpflege (Market-Making) und des Handels mit komplexen Derivaten und Verbriefungen verlangen, wenn bestimmte Größenordungen überschritten sind. Falls die Bank aber nachweist, dass sie die Risiken auf andere Weise mindern kann, muss sie sich nicht von diesen Geschäften trennen.

Das hat schon die Kritiker auf den Plan gerufen. "Ausgerechnet die besonders gefährlichen Derivate, Brandbeschleuniger in der Finanzkrise, dürfen weiter staatlich subventioniert werden und mit geschützten Kundeneinlagen finanziert werden", kritisiert der Grünen-Finanzmarktexperte Sven Giegold. Noch in letzter Minute sei es der Bankenlobby gelungen, auch Nahrungsmittel- und andere Warentermingeschäfte in die Liste der Ausnahmen aufzunehmen.

(RP)
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