Steuern, Rente, Masern, ADAC Das ändert sich 2020 für die Verbraucher
Düsseldorf · Zum Jahreswechsel ändern sich viel Gesetze, vieles zum Vorteil der Verbraucher. Gutverdiener werden bei den Sozialabgaben stärker zur Kasse gebeten.
28.12.2019
, 07:21 Uhr
Verbraucher können sich freuen: Bahnfahren, Arbeitslosenversicherung, E-Books – manches wird 2020 günstiger. Strom wird dagegen teurer, und Gutverdiener müssen mehr an die Sozialkassen zahlen.
- Höhere Rente Für die 21 Millionen Rentner wird auch 2020 ein gutes Jahr. Zum 1. Juli steigen erneut die Renten: um 3,15 Prozent in Westdeutschland und um 3,92 Prozent im Osten. Die Rentenentwicklung folgt der der Löhne. Im Osten sind die Gehälter zwar vielfach noch niedriger, steigen aber stärker als im Westen.
- Betriebsrenten Darauf haben Betriebsrentner lange gewartet: Ab 2020 müssen sie weniger an die gesetzliche Krankenkasse zahlen. Zwar bleibt es dabei, dass der volle Satz (allgemeiner Beitrag und Zusatzbeitrag) fällig wird, jedoch wird die bisherige Freigrenze durch einen Freibetrag ersetzt — und der liegt bei 159,25 Euro. Wer im Monat eine geringere Betriebsrente hat, muss davon nichts an die Krankenkasse abgeben. Wer 200 Euro Betriebsrente bekommt, muss nur auf die Differenz von 40,75 Euro den vollen Beitrag zahlen. Bei hohen Betriebsrenten, wie sie in der Chemie- und Energie-Branche von NRW verbreitet sind, wirkt sich der Freibetrag nur wenig aus: Wer monatlich 1000 Euro erhält, muss künftig 131,98 Euro an die Krankenkasse zahlen, rechnet die Verbraucherzentrale vor. Nach der bisherigen Regelung mit Freigrenze waren 155 Euro fällig.
- Bemessungsgrenzen Die Bruttolohngrenze, bis zu der Rentenbeiträge gezahlt werden müssen, erhöht sich auf 6900 Euro im Monat. 2019 lag diese Grenze bei 6700 Euro. In der gesetzlichen Krankenversicherung steigt die Beitragsbemessungsgrenze auf 4687,50 Euro im Monat. Das macht für viele Gutverdiener die Sozialversicherung teurer.
- Zusatzbeitrag Für manchen Kassenpatienten wird die Absicherung leicht teurer. Zwar bleibt der allgemeine Beitragssatz bei 14,6 Prozent, und es bleibt auch dabei, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich den Zusatzbeitrag teilen. Doch der durchschnittliche Zusatzbeitrag steigt zum 1. Januar von 0,9 auf 1,1 Prozent. Große Kassen wie Techniker, Barmer, AOK Rheinland/Hamburg und DAK halten den Beitrag stabil, andere Kassen erhöhen. Krankenkassen dürfen ihren Zusatzbeitrag nicht anheben, solange sie über mehr als eine Monatsausgabe Betriebsmittel und Rücklagen verfügen.
- Masern-Impfpflicht Um die Ausbreitung der gefährlichen Infektionskrankheit zu stoppen, führt der Staat zum 1. März eine Impfpflicht ein. Dann müssen Eltern nachweisen, dass ihr Kind gegen Masern geimpft ist, bevor es in eine Kita oder Schule aufgenommen wird. Die Ständige Impfkommission rät, die erste Impfung im Alter von elf bis 14 Monaten vornehmen zu lassen, die zweite im Alter von 15 bis 23 Monaten. Ohne die beiden Pikser dürfen Kinder nicht in die Einrichtung aufgenommen werden. Auch alle Mitarbeiter – Tagesmütter, Erzieher und Lehrer – müssen gegen Masern geimpft sein. Gleiches gilt für Bewohner und Beschäftigte in Flüchtlingsheimen.
- Arzttermine Wer die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigung nutzt, um einen Arzttermin zu bekommen, erreicht diese nun über die bundesweit einheitliche Notdienstnummer 116 117. Diese Nummer ist sieben Tage die Woche rund um die Uhr erreichbar. Die Stellen schlagen einen Termin beim Facharzt in erreichbarer Nähe vor, die Wartezeit darf dabei vier Wochen nicht überschreiten.
- Chronisch Kranke Wer regelmäßig ein Medikament benötigt, kann ab 2020 eine Wiederholungsverordnung bekommen. Der Arzt kann auf dem Rezept vermerken, ob und wie oft die Arznei auf dieselbe Verschreibung abgegeben werden darf. Pro Rezept sind nach der Erstausgabe maximal drei weitere „Lieferungen“ durch den Apotheker möglich, so die Verbraucherzentrale.
- Gesundheitsapps Künftig sollen Ärzte nicht nur Arzneien, sondern auch bestimmte Gesundheitsapps fürs Handy verschreiben können und der gesetzlichen Krankenkasse in Rechnung stellen. Dabei geht es etwa um Anwendungen, die beim regelmäßigen Einnehmen von Medikamenten helfen. Geregelt ist das im Digitale-Versorgungs-Gesetz. Bis das in der ärztlichen Praxis ankommt, dürfte es das zweite Quartal werden.
- Pflegekosten Eltern Wenn die Mutter oder der Vater ins Pflegeheim müssen, reichen deren Einkommen und Ersparnisse oft nicht aus, um die hohen Kosten zu zahlen. Bislang mussten oft die Kinder ran. Nun gibt es mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz, das ab Januar gilt, eine großzügige Reform: Wer weniger als 100.000 Euro brutto im Jahr verdient, muss sich nicht mehr an den Pflegekosten beteiligen. Dabei wird das Einkommen des Partners nicht mitberücksichtigt, zudem gilt diese Schwelle pro Kind des Pflegebedürftigen.
- Arbeitslosenversicherung günstiger Angesichts des anhaltenden Booms sind die Kassen der Arbeitsagenturen voll. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung kann daher leicht sinken um 0,1 Punkte auf 2,4 Prozent. Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen sich den Beitrag. Die Senkung ist bis 2022 befristet.
- Mindestlohn steigt Zum Januar steigt erneut der gesetzliche Mindestlohn, den Unternehmen mindestens pro Stunde zahlen müssen: und zwar von derzeit 9,19 Euro auf 9,35 Euro pro Stunde. Der Mindestlohn gilt in allen Branchen und muss auch für Rentner, Minijobber oder Saisonarbeiter gezahlt werden, wie die Verbraucherzentrale betont. Ausnahmen gelten nur für Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten oder Menschen, die verpflichtend ein Praktikum oder ein Praktikum unter drei Monaten leisten. Auch ehrenamtlich Tätige haben keinen Anspruch auf den Mindestlohn.
- Mindestlohn für Azubis Erstmals gibt es auch einen Mindestlohn für Azubis. Er ist gestaffelt: Wer 2020 eine Berufsausbildung beginnt, soll nun mindestens 515 Euro im ersten Lehrjahr bekommen. Der Betrag wird in den folgenden Jahren schrittweise auf bis zu 620 Euro monatlich im ersten Lehrjahr erhöht. In manchen Branchen wird jetzt schon deutlich mehr gezahlt, hier macht sich bereits der Fachkräftemangel bemerkbar.
- Mehr Berufe mit Meisterpflicht Für zwölf Handwerksberufe ist ab 2020 der Meister wieder Pflicht: Fliesenleger, Estrichleger, Apparatebauer, Parkettleger, Rollladentechniker, Drechsler, Böttcher, Glasveredler, Schilderhersteller, Raumausstatter und Orgelbauer. Wer sich in diesen Berufen selbstständig machen will, muss den Meisterbrief erwerben. Ökonomen fürchten, dass Handwerker deshalb knapper und teurer werden. Die Meisterpflicht gilt nur für neue Betriebe, bestehende Betriebe dürfen auch ohne Meister weitermachen.
- Neues für Kleinunternehmer Die Regierung hebt die Umsatzgrenze für Kleinunternehmer an. Kleinunternehmer müssen ihren Kunden keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen (und dürfen entsprechend auch keine Vorsteuer abziehen). Bisher galt: Im Vorjahr darf der Umsatz 17.500 Euro nicht überschritten haben, nun liegt die Grenze bei 22.000 Euro Umsatz.
- Hartz-IV-Sätze Zum Jahreswechsel steigen die Fürsorge-Leistungen leicht. Ab 1. Januar erhalten Alleinstehende monatlich acht Euro mehr an Hartz IV, nämlich nun 432 Euro statt bislang 424 Euro. Hinzu kommen die Kosten der Unterkunft. Für den Partner gibt es sieben Euro mehr und damit 389 Euro. Auch die Leistungen für Kinder steigen. Je nach Alter gibt es nun bis zu 345 Euro im Monat.
- Bahntickets günstiger Im Zuge des kurz vor Weihnachten verabschiedeten Klimapaketes reduziert die Politik die Mehrwertsteuer auf Bahntickets im Fernverkehr. Statt 19 Prozent wie bisher sind dann nur noch sieben Prozent fällig. Die Deutsche Bahn hat zugesagt, dass sie diese Steuersenkung eins zu eins an ihre Kunden weitergeben will. Damit dürften die Ticketpreise im Schnitt um etwa zehn Prozent sinken.
- Gratis-Tickets für Soldaten Unabhängig von der Klimadebatte werden Soldaten und Soldatinnen entlastet. Sie können ab 2020 alle Züge der Deutsche Bahn für dienstliche und private Fahrten gratis nutzen, wenn sie dabei Uniform tragen. Das gilt für den Regional- und den Fernverkehr, jeweils in der zweiten Klasse. Sitzplatz-Reservierungen müssen sie aber zahlen.
- Luftverkehrssteuer steigt Flugreisen, bei denen besonders viel Kohlendioxid (CO2) entsteht, sollen teurer werden. Die Luftverkehrssteuer steigt ab April kräftig: für innereuropäische Ziele um 5,53 Euro auf 13,03 Euro, für mittlere Distanzen um 9,58 auf 33,01 Euro. Für Fernflüge sollen künftig 59,43 Euro fällig werden, das wären 17,25 Euro mehr als bisher, so die Bundesregierung. Damit will sie auch Dumpingpreise wie Zehn-Euro-Tickets verhindern. Andere Teile des Klimapakets wie die CO2-Bepreisung, die Sprit teurer macht, treten dagegen erst 2021 in Kraft.
- Digitalradio-Pflicht Neuwagen-Käufer sollten Ende 2020 genau hinschauen. Ab dem 21. Dezember 2020 müssen Radios in Neuwagen den Empfang von DAB+ (Digital Audio Broadcasting) ermöglichen. Bislang ist in vielen Neuwagen nur ein analoges UKW-Radio vorhanden. Eine ähnliche Umstellung hat es bei Fernsehern bereits gegeben.
- Höhere ADAC-Beiträge Für die 20 Millionen Mitglieder des Automobilclubs steigen ab April die Beiträge: Der Basistarif erhöht sich von 49 auf 54 Euro pro Jahr, die Plus-Mitgliedschaft mit einem umfangreicheren Leistungspaket legt um zehn Euro auf 94 Euro zu.
- Bonpflicht kommt Trotz der heftigen Proteste von Handwerkern und Umweltschützern kommt die Bonpflicht. Bäcker, Metzger, Händler müssen Kunden bei jedem Kauf unaufgefordert einen Beleg aushändigen – ganz egal, wie gering der Betrag ist. Die Pflicht gilt auch für die Imbissbude, den Friseur und die Trinkhalle. Damit will der Staat Steuerhinterziehung an der Ladentheke verhindern. Viele Händler mussten deshalb ihre Kassensystem umstellen. Allerdings müssen Kunden den Beleg nicht annehmen, sondern können ihn direkt im Laden entsorgen. Nur Händler auf Wochenmärkten können sich von der Bonpflicht befreien lassen.
- E-Books und Tampons günstiger Um die ermäßigten Mehrwertsteuersätze gibt es immer wieder Streit. Nun senkt der Staat die Sätze für Tampons und Binden: Künftig sind sieben statt 19 Prozent fällig. Allerdings müssen die Hersteller der Monatshygiene-Artikel diese Senkung auch noch an die Kunden weitergeben. Auch für E-Books sowie Zeitungen und Zeitschriften in elektronischer Form gilt künftig der ermäßigte Satz von sieben Prozent.
- Pakete teurer Der Standard-Brief wird zum Jahreswechsel mal nicht teurer, er kostet weiterhin 80 Cent. Allerdings langt die Deutsche Post DHL nun bei Paketen stärker zu. Ein bis zu zwei Kilo schweres, mittelgroßes Päckchen, das im Inland versendet wird, kostet künftig 4,79 Euro, bisher waren es 4,50 Euro. Auf ein zehn-Kilo-Paket muss nun ein Euro mehr drauf, hier steigt das Porto auf 10,49 Euro. Wer Wertvolles verschickt und eine Transportversicherung abschließen will, muss nun sieben statt bisher sechs Euro zahlen. Auch das Porto für internationale Briefe steigt.
- Strom teurer Verbraucher müssen für Strom tiefer in die Tasche greifen. Zum Jahreswechsel haben 513 Grundversorger Preiserhöhungen angekündigt, wie das Vergleichsportal Check 24 ermittelte. Das betrifft bundesweit 3,8 Millionen Haushalte. Im Schnitt steigen die Preise laut Check 24 um 5,5 Prozent. Vor allem staatlich festgelegte Abgaben stiegen: So steigen die Netzentgelte im Schnitt um sechs Prozent. Ebenso legt die Umlage zur Förderung des Ökostroms (EEG-Umlage) auf 6,756 Cent pro Kilowattstunde zu. Bei einem Jahres-Stromverbrauch von 4000 Kilowattstunden, wie er für eine vierköpfige Familie typisch ist, sind das rund 17 Euro mehr im Jahr. Die im Rahmen des Klimapakets diskutierte Senkung der EEG-Umlage ist noch Zukunftsmusik.
- Höherer Grundfreibetrag Bei der Einkommensteuer steigt der Grundfreibetrag für Ledige um 240 Euro auf 9408 Euro. Bis zu dieser Höhe bleibt das Jahreseinkommen steuerfrei, für gemeinsam veranlagte Paare gilt die doppelte Summe. Zugleich hebt der Staat den Kinderfreibetrag um 192 Euro auf 5172 Euro an. Dieser Betrag bleibt Eltern pro Kind und Jahr steuerfrei. Dabei rechnen die Finanzämter jeweils aus, ob dieser Kinderfreibetrag oder das Kindergeld für die Eltern günstiger ist. Wo wir gerade bei Steuern sind: Der Soli soll erst 2021 für den Großteil der Steuerzahler entfallen. Für 2020 ist der Aufschlag auf die Einkommensteuer abzuführen wie bisher.
- Rentensteuer Arbeitnehmer können einen höheren Teil ihre Beiträge zur Rentenversicherung absetzen. Im Gegenzug müssen Neurentner einen höheren Anteil ihrer Rente versteuern. Wer im nächsten Jahr in den Ruhestand geht, muss 80 Prozent seiner Rente versteuern – sofern er damit über dem Grundfreibetrag liegt. Seit dem Jahr 2005 wird die Besteuerung der Alterseinkünfte umgestellt, und die aktuelle Anpassung ist dazu ein weiterer Schritt.