Brexit am 31. Januar Was Arbeitnehmer, Touristen und Kassenpatienten wissen sollten

Am Freitag wird es ernst: Großbritannien tritt aus der EU aus. Bis Jahresende gilt eine Übergangsfrist, doch dann brauchen Arbeitnehmer eine Erlaubnis und Touristen Reisepässe. Urlaub und Handy sollen nicht teurer werden.

 Die Briten machen ernst.

Die Briten machen ernst.

Foto: AFP/KENZO TRIBOUILLARD

Drei Jahre lang haben EU und Großbritannien miteinander gerungen. Am 31. Januar ist es nun soweit: Die Briten verlassen die Europäische Union. Das hat Folgen für Firmen, Touristen und Verbraucher.

Ändert sich nun alles? Nein. Am Freitag beginnt erst einmal die Übergangsphase: Großbritannien ist dann zwar nicht mehr in der EU, wendet aber noch deren Regeln an. Premierminister Boris Johnson will mit Brüssel bis zum Jahresende die künftigen Beziehungen klären, also vor allem ein Freihandelsabkommen abschließen. Eine Verlängerung dieser Frist hat er ausgeschlossen.

Was ändert sich beim Reisen? Vorerst nichts. EU-Bürger können weiterhin mit einem gültigen Personalausweis oder Reisepass einreisen. Im Laufe des nächsten Jahres werden die Briten den nationalen Personalausweis aber nicht mehr anerkennen. Sollte sich abzeichnen, dass das Vereinigte Königreich und die EU sich nicht auf ein Abkommen einigen, könnte der Personalausweis schon vorher nicht mehr genügen. Mit Ausweiskontrollen und Sicherheitschecks müssen Reisende schon heute rechnen, weil das Vereinigte Königreich nicht dem Schengen-Abkommen beigetreten ist.

Ist künftig ein Visum nötig? Die bis Jahresende geltende Übergangsfrist gibt der Politik Zeit, die Reiseregeln neu auszuhandeln. Bisher brauchen Reisende kein Visum für Großbritannien. Theoretisch könnte sich das ändern.

Benötigt man nun einen internationalen Führerschein? Nein. Reisende aus der EU können in Großbritannien ihren nationalen oder internationalen Führerschein nutzen. Auch die grüne Versicherungskarte wird weiter anerkannt. Sie gilt im Ausland als Nachweis darüber, dass für das Fahrzeug eine Haftpflicht-Versicherung abgeschlossen wurde.

Wie stehen deutsche Touristen im Krankheitsfall da? In der Übergangsphase bis Jahresende wird für gesetzlich Versicherte die Europäische Krankenversicherungskarte akzeptiert. Sollte man in Großbritannien einen Arzt konsultieren müssen, sollte der dem „National Health Service“ angehören. Dann übernehmen die hiesigen Krankenkassen die Kosten für medizinisch notwendige Versorgung. Bei einem No-Deal-Brexit gilt die Karte aber nicht mehr. Das Europäische Verbraucherzentrum Kassenpatienten empfiehlt ohnehin eine Reisekrankenversicherung, weil sie mehr Leistungen abdecke als die Europäische Karte. Privatpatienten benötigen diese nicht, ihre Versicherung ist ohnehin weltweit gültig.

Wie teuer werden Handy-Telefonate? Wenn man die Sim-Karte eines Anbieter aus einem EU-Land nutzt, zahlt man beim Telefonieren, SMS-Senden oder der Nutzung mobiler Daten keinen Aufschlag. Sollte es zu einem harten Brexit kommen, hängen die Kosten aber von der Gebührengestaltung des Mobilfunkanbieters ab, schreibt die britische Regierung auf ihrer Internetseite. (www.gov.uk)

Wird der Urlaub in Großbritannien teurer? Damit ist vorerst nicht zu rechnen. Die britische Wirtschaft hat sich abgeschwächt, deshalb hat auch das britische Pfund an Wert verloren. Daher dürfte für Besucher aus der EU eine Reise nach Großbritannien recht günstig sein. Allerdings sind die Lebenshaltungskosten auf der Insel seit Jahren deutlich höher als in Deutschland. Wer mit dem Flugzeug reist, kann unbesorgt sein: Die europäischen Fluggastrechte, die etwa Entschädigungen bei Verspätungen und Ausfällen regelt, bleiben für Flüge aus der Rest-EU nach Großbritannien und umgekehrt auch nach dem Brexit gewahrt.

Wie steht es mit der Freizügigkeit für Arbeitnehmer? Ein Grund für den Brexit war die Sorge vieler Briten vor einer starken Einwanderung von Arbeitskräften aus Osteuropa. Nun denkt Johnsons Regierung über ein System nach, das die Freizügigkeit einschränken soll. EU-Bürger, die schon vor dem Brexit in Großbritannien gelebt haben, können aber nach Auskunft der deutschen Botschaft im Land bleiben, sofern sie keine schweren Straftaten begangen haben und sich bis zum 30. Juni 2021 um eine Aufenthaltserlaubnis („Settled Status“) bemühen. Damit dürfen sie weiter auf der Insel wohnen und ohne Arbeitserlaubnis arbeiten. Wer bereits die britische oder irische Staatsangehörigkeit hat, muss keine neuen Papiere in Großbritannien beantragen.

Was ist mit Studenten? Wer bereits in Großbritannien studiert,  kann sein Studium oder seinen Austausch im Rahmen des Erasmus-Programms auch beenden. Das Aufenthaltsrecht bleibt bestehen. Wie es für künftige Auslandsstudenten weitergeht, wird man sehen.

Was müssen Briten in Deutschland beachten? Sie verlieren den Status als Unionsbürger oder Familienangehöriger eines Unionsbürgers und die damit verbundene Freizügigkeitsberechtigungen. Daher benötigen sie nun einen Aufenthaltstitel für Deutschland. Zuständig für die Erteilung sind die Ausländerbehörden der Kommunen. Allein in Düsseldorf sind nach Auskunft eines Stadt-Sprechers rund 2900 Briten betroffen. Sie können bei der Stadt auch online einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel stellen.

Sind die deutschen Firmen vorbereitet? Sie sorgen sich schon in der Übergangszeit um die Zollfreiheit ihrer Produkte im Handel mit Drittländern. Ansonsten fühlen sie sich gut vorbereitet. Sie hoffen nun darauf, dass London und Brüssel bis Jahresende ein faires Abkommen erarbeiten. Doch die Spielregeln in elf Monaten zu klären, werde kaum möglich sein, glaubt Holger Kunze vom Verband der Maschinenbauer (VDMA). „Realistisch ist wohl, dass es zunächst ein Abkommen gibt, in dem vor allem der Verzicht auf Zölle geregelt wird.“ Volker  Treier, Außenhandelsexperte des Industrie- und Handelskammertags (DIHK) empfiehlt, sich das Freihandelsabkommen mit der Schweiz zum Vorbild zu nehmen. Da habe man ein erstes Abkommen im Laufe der Zeit um weitere Kapitel ergänzt. So würde man Chaos an den Grenzen und Reißen der Lieferketten vermeiden.

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