Einkommensteuererklärung 2011 Was sind außergewöhnliche Belastungen?

Düsseldorf · Die Zeit drängt. Wer als Arbeitnehmer oder Rentner für 2011 beim Finanzamt eine Steuerrückzahlung herausholen will, muss sich sputen. Deadline für die Einreichung der Unterlagen ist der 31. Mai. Ein Bereich, der bei den Steuerzahlern größere Aufmerksamkeit verdient, sind die Außergewöhnlichen Belastungen. Sie sind mit das spannendste Kapitel in der Einkommensteuererklärung.

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Foto: Jens Schierenbeck, gms

Die Väter und Mütter des Einkommensteuergesetzes sind von dem ehrenwerten Grundsatz beseelt gewesen, dass sich die Höhe der Steuer an der Leistungsfähigkeit des Steuerzahlers orientieren sollte. Mit anderen Worten: Starke Schultern sollen mehr Lasten tragen als schwache.

Ein ganzes Bündel an steuerlichen Maßnahmen wurde im Laufe der Jahre auf den Weg gebracht - und teilweise auch wieder rückgängig gemacht. Geblieben sind unter anderem die außergewöhnlichen Belastungen. Sie wurden zum ewigen Streitthema und beschäftigen vor allem die Finazgerichte. Aber der Versuch, in diesem Dschungel eine Steuererstattung herauszuholen, ist nicht strafbar.

Was heißt überhaupt Außergewöhnliche Belastungen? Was unterscheidet sie von Sonderausgaben und Werbungskosten, die so ähnlich klingen? Diese beiden Kategorien sind sozusagen für jeden da, die außergewöhnlichen Belastungen gelten für die Ausnahmefälle des Lebens. Sie sollen Notleidenden finanzielle Entlastung bringen bei persönlichen Schicksalen wie chronische Krankheit, Behinderung, Unfall, Pflegebedürftigkeit oder Naturkatastrophen.

Soweit sie die zumutbare Eigenbelastung übersteigen, können sie bei der Einkommensteuer vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Der Gesetzestext öffnet ein weites Feld und erlaubt großen Spielraum für Interpretationen:
Eine außergewöhnliche Belastung liegt vor, soweit einem Steuerzahler zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrheit der Steuerzahler gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands entstehen und diese Aufwendungen die steuerliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Beitrag nicht übersteigen.

Ein Text mit Haken und Ösen. Sind die Aufwendungen zwangsläufig? Übersteigen sie wesentlich die (finanzielle) Leistungsfähigkeit? Sind sie den Umständen nach notwendig? Es kommt auf denEinzelfall an.

Hunderte unterschiedlicher Fälle

Bei der Vielzahl unterschiedlicher Fälle und Lebenssituationen wird im Gesetz sortiert zwischen Außergewöhnlichen Belastungen im allgemeinen und Außergewöhnlichen Belastungen in besonderen Fällen. Zur ersten Gruppe zählen Krankheiten, Kuren, Pflegebedürftigkeit, Todesfälle, Ehescheidung, Unterhaltsleistungen, Prozesskosten.

Sofern derartige Aufwendungen den Anforderungen entsprechen, können sie in voller Höhe abgesetzt werden. Sie müssen - Achtung! — der Höhe nach die finanzielle Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Diese Einschränkung heißt auch zumutbare Belastung oder Eigenanteil.

Stolperstein zumutbare Belastung

Damit bei der Steuererklärung an diesem Punkt eine Erstattung herausspringt, müssen die zwangsläufigen Aufwendungen einen bestimmten Prozentsatz des Gesamtbetrages der Einkünfte übersteigen. Das Gesetz enthält eine entsprechende Tabelle, wonach der Eigenanteil berechnet wird. Drei Beispiele:

Außerdem gilt natürlich, dass Kosten (Belastungen) nur in dem Maße anerkannt werden, wie sie nicht von anderer Seite bereits erstattet wurden (Krankenkasse, Versicherungen und ähnliches).

Besondere Fälle

Etwas weniger kompliziert geht es bei den außergewöhnlichen Belastungen in besonderen Fällenzu, die auf konkrete Lebenssituationen zugeschnitten sind und im Gesetz einzeln genannt werden. Die steuerliche Abzugsfähigkeit beschränkt sich auf bestimmte Pausch- oder Höchstbeträge. Eine zumutbare Eigenbelastung entfällt.

Der Katalog umfasst nur noch vier Kategorien:

Aus der Praxis

Bei den Außergewöhnlichen Belastungen im Einkommensteuerrecht hat der Gesetzgeber einen Gummiparagraphen geschaffen. Die Quittung dafür sind Tausende Gerichtsverfahren und Urteile. Sie dienen den Finanzämtern heute als Richtschnur für Entscheidungen. Im Steuerlexikon auf www.steuerlinks.de sind 140 teils kuriose Fälle aufgeführt.

Sechs Beispiele für die Vielfalt der Thematik:

Kommt drauf an - Beerdigungskosten und Kur

Beerdigungskosten sind Nachlassverbindlichkeiten und daher nur insoweit als außergewöhnliche Belastung abziehbar, als sie höher sind als der Wert des Nachlasses. Die Beerdigungskosten sind um Versicherungszahlungen anlässlich des Todes (Sterbegeld) zu kürzen. Berücksichtigungsfähig sind nur die unmittelbaren Bestattungsaufwendungen.

Die Kosten für eine Begleitperson während einer medizinisch indizierten Kur sind nur zu berücksichtigen, wenn die krankheits- und altersbedingte Notwendigkeit der Begleitung durch ein vor Reiseantritt eingeholtes amtsärztliches Gutachten nachgewiesen wird.

Quellen:
Konz, 1000 ganz legale Steuertricks
www.finanztip.de
www.steuerlinks.de

(anch)
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