Große Sorgfalt Im japanischen Garten zählt jedes Detail

Bonn (rpo). Üblicherweise dominieren in deutschen Gärten Rasen, Tagetes und Geranien. Wer den etwas anderen Garten gestalten möchte, sollte sich Japan zum Vorbild nehmen. Bei der Anlage ist allerdings Sorgfalt gefragt, denn in einem japanischen Garten zählt jedes noch so kleine Detail. Großen Blütenmassen sind dort jedenfalls nicht zu finden.

Japanischer Garten
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Foto: Marion Nickig, gms

Rioan-ji, Ginkaku-ji, Kinkaku-ji - Freunde des japanischen Gartens bekommen glänzende Augen, wenn die Namen der berühmten Tempel Kyotos und ihrer Gartenanlagen fallen. Fremdartig und doch merkwürdig vertraut wirken diese Gärten. Nur einen Hauch davon zuhause auf dem eigenen Grundstück entstehen zu lassen, ist ein Traum, den viele Hobbygärtner haben. Wer ihn verwirklichen möchte, darf sich nicht scheuen, dabei auch auf kleinste Details zu achten.

Auf den ersten Blick scheint es ganz einfach: Bambus, Zierkirsche, Steinlaterne, Kiesweg - fertig ist der japanische Garten. Aber eine Ansammlung dieser typischen Elemente macht noch keinen Garten. Es ist der Geist, der hinter der Anlage und ihrer Gestaltung steckt und sie wirklich faszinierend macht. Nur so ist zu erklären, dass die Massen von Touristen vor den berühmten Zen-Gärten in Kyoto plötzlich still werden und in versunkenes Staunen geraten.

Klar und puristisch sind diese Gärten mit ihren Steinsetzungen, dem schimmernden Moos und dem makellos in Mustern geharkten Kies. Ist es der alte japanische Mythos vom Paradies, einer unzugänglichen Inselgruppe, die von Riesenschildkröten getragen wird, der hier dargestellt ist? Sind es Berge, die aus dem Wolkenmeer aufragen - oder gar das Universum? In der Zen-Lehre gibt es keine vorgegebene Interpretation. Aber es muss gar keine minimalistische Zen-Anlage sein, die den heimischen zum japanischen Garten macht.

Wasser als Lauf des Lebens

Ein besseres Vorbild für die eigene Arbeit könnten die Hausgärten Japans sein. Abstrahiert und wenn enger Raum es erfordert, reduziert aufs Nötigste, spiegeln sie die Schönheit der Natur wider. Auch Parallelen zum menschlichen Leben schwingen mit: Der Wasserlauf, der den Garten lebendig oder in Kies erstarrt durchströmt, kann ebenso der Lauf des Lebens sein. Die Felslandschaft, in der sich eine Kiefer behauptet, steht für Überlebenswillen und Durchsetzungskraft. Inseln im Meer, ein Bambushain, ein Stück Meeresstrand mit anrollenden Wellen - eine Vielzahl von Motiven gibt dem Garten Richtung und Ziel.

Das zentrale Motiv des heimischen Japan-Gartens könnte eine Quelle sein. In Stein gefasst steht sie für den ewigen Kreislauf der Natur. Eine rosa Zierpflaume könnte die Quelle überwölben, als Höhepunkt des Frühjahrs und wenig später als Mahnung an die rasche Vergänglichkeit zarter Schönheit. Als Gegenpol strahlt ein Bambus Ruhe und heitere Gelassenheit aus. Sein feines Laub beschirmt eine Steinlaterne. Nicht fehlen darf das dunkle Grün einer Kiefer. Damit sind die "drei Freunde" in den Garten eingezogen: Pflaume, Bambus und Kiefer stehen für Konfuzius, Buddha und Laotse.

Ahorn, Magnolie, Kamelie

Als "niwaki" - die eigentlichen Gartenpflanzen - gelten die "drei Freunde" und einige andere Bäume und Gehölze wie Ahorn, Magnolie, Lavendelheide (Pieris), Kamelie, Japanische Zypresse (Chamaecyparis obtusa) und Prachtglocke (Enkianthus). Ohne sie fehlt dem japanischen Garten die Seele. Unter ihrem Dach dürfen sich ein paar "zoki" breit machen - die zusätzlichen Pflanzen: Ein filigraner Farn schmiegt sich an die Quelle, Iris lässt im Frühsommer ihre Blüten schweben. Im Herbst übernehmen Japanische Anemonen diese Rolle.

Immer sind es Details, die das Auge anziehen, nie Blütenmassen. Daher sollten ausschließlich Arten als "zoki" verwendet werden, deren Einzelblüten oder einzelne Blütenstände den Blick fesseln und die sich außerhalb der Blütezeit durch ihre ansprechende Gestalt in den Garten einfügen. Idealerweise lösen die Blüten sich im Jahreslauf ab: Auf die Lenzrose (Helleborus) könnten Iris folgen, blauer Scheinmohn (Meconopsis), eine Strauchpfingstrose oder die Blütenschalen des Glaucidium. Später im Jahr ist Zeit für die Krötenlilie (Tricyrtis), für Hosta, Enzian oder Eisenhut.

Technik integrieren

Ebenso wie die Blüten sollten sich auch die technischen Details ins Bild fügen. Ein zusammengestückeltes Stützgerüst für die geformte Kiefer ist daher undenkbar. Technik wie der Wasserhahn am Haus oder die Wegplatten sind nicht notwendiges Übel sondern Details, die mit der gleichen Sorgfalt ausgewählt und in den Garten integriert werden wie Wasser, Steine und Pflanzen.

Alles Bemühen um Schönheit wäre zunichte, wenn der Alltag in Form des Nachbarhauses in den eigenen japanischen Garten blicken könnte. Ausblenden lässt er sich durch eine sauber gearbeitete Mauer mit schönen Dachziegeln. Auch ein Bambuszaun, der mit Seilen gebunden zu einem kleinen Kunstwerk wird, könnte den Blick nach innen lenken - so bleibt die Hektik draußen, und der Garten kann Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen.

(gms)
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