Interview Ratschläge zum Kunstkauf

Düsseldorf · Wirtschaftsfachmann Felix Ganteführer sagt, was man beim Erwerb von Kunst beachten sollte. Das Wichtigste: Sammler sollten unentwegt ihr Qualitätsgefühl schulen. "Wer nur auf Wertentwicklungen schaut, wird scheitern."

Kunst soll nicht nur die Sinne erbauen, die Wohnung verschönern und womöglich das persönliche Image positiv unterstreichen. Kunst kann auch als Wertanlage betrachtet werden. Immer mehr Praxen, Banken und Unternehmen schmücken ihre Diensträume und Flure mehr oder weniger opulent mit zeitgenössischer Kunst. Und auch Privatleute frönen der Sammelleidenschaft. Ob sich Kunst als solide Wertanlage lohnt, und was es zu beachten gilt beim Kunstkauf, darüber sprachen wir mit Felix Ganteführer, Wirtschaftsprüfer aus Düsseldorf.

Ist Kunst eine gute Geldanlage?

Ganteführer Ähnlich wie bei Aktien oder Immobilien gibt es Statistiken, welche die Entwicklung der Kunst als Geldanlage zeigen. Dabei geht es nicht um eine einheitliche Wertentwicklung, vielmehr wird die Kunst segmentiert (z. B. Impressionisten, zeitgenössische Kunst). Diese Statistiken kommen jedoch nicht zu einem Ergebnis. Mal ist die Kunst eine tolle Wertanlage, mal weniger. Für den Sammler haben solche Aussagen ohnehin nur begrenzten Wert. Denn seine Sammlung spiegelt nicht den "Warenkorb" des jeweiligen Kunstsegments wider.

Wie garantiert man Wertsteigerung?

Ganteführer Wer seine Sammlung versichert hat, wird sich ohnehin alle paar Jahre die Frage nach der richtigen Verkehrswertermittlung seiner Sammlung stellen und dadurch Vergleiche ziehen können. Wer mit Können und Glück richtig gesammelt hat, stellt bei einzelnen Kunstwerken seiner Sammlung enorme Wertsteigerungen fest, die bei Immobilien und im Normalfall auch bei Aktien nicht erzielt werden können. Kunst kann somit eine hervorragende Geldanlage sein, wenn die richtige externe Beratung, das eigene Talent und ein Quentchen Glück hinzukommen.

Welche Kunst eignet sich dazu?

Ganteführer Grundsätzlich eignet sich jedes Segment der Kunst als Geldanlage. Bei Alten Meistern kenne ich mich nur wenig aus. Ich weiß jedoch, dass, wenn es sich nicht gerade um Spitzenwerke berühmter Alter Meister handelt, die Wertentwicklung eher moderat war. Eindeutig anders ist das etwa beim Impressionismus, der klassischen Moderne, der zeitgenössischen Kunst.

Wie sieht es bei der Fotografie und ganz aktueller Kunst aus?

Ganteführer Gerade die Fotografie hat in den letzten Jahren enormen Wertaufschwung genommen. Schwieriger ist aktuelle Kunst zu bewerten von Künstlern, die vor kurzem kaum einer kannte. So haben manche Bilder jüngerer Künstler vor drei Jahren noch 3000 Euro gekostet, die heute auf Auktionen zwischen 100 000 und 300 000 Euro erzielen. Auch die enormen Preise für chinesische Künstler lassen nur noch staunen. Das scheint mir hochmodisch und spekulativ zu sein, und ich denke, dass hier der Markt auch kräftig manipuliert wird. Das alles erinnert an die wilden Auswüchse der Börse im Neuen Markt, die wir vor ein paar Jahren bis zum Zusammenbruch hatten. Wer zu diesen Preisen einkauft, spielt mit höchstem Risiko.

Wer berät mich bei meinen Kunstkäufen am neutralsten?

Ganteführer Am neutralsten beraten sicherlich Museumsdirektoren, da sie kein eigenes finanzielles Interesse an der Entwicklung bestimmter Künstler haben.

Wie qualifiziert sind freie Berater?

Ganteführer Letztlich entscheidet, wer den Sammler nicht nur am neutralsten, sondern auch am besten berät. Das sind Galeristen und Art-Consulting-Firmen. Gerade bei letzteren gibt es hervorragende Berater. Ich denke dabei etwa an Helge Achenbach, den bekannten Consultant in Düsseldorf, der vorwiegend für Großunternehmen und wirtschaftlich erfolgreiche Privatsammler mit beachtlichem Erfolg Sammlungen aufgebaut hat. Auch kleinere Beratungsunternehmen, wie etwa das von Susanne Mütze aus Düsseldorf, arbeiten erfolgreich für ihre Kunstsammler.

Wie aussagekräftig ist das Kunstranking der Zeitschrift "Capital"?

Ganteführer Der Capital-Kompass bringt zwar ein Ranking der berühmtesten Künstler. Als Kaufempfehlung würde ich das jedoch nicht verstehen. Wenn ich früher mit Werner Schmalenbach, dem damaligen Direktor der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Privatsammlungen besuchte, so gab er in vielen Fällen mit einem schönen Satz das prägende Urteil über die Sammlung: "Die richtigen Namen, die falschen Bilder." Durchschnittliche Künstler produzieren häufig gleichbleibend durchschnittliche Qualität. Die großen Künstler können es sich leisten, immer wieder mal "danebenzuhauen". So findet auch schlechte Qualität berühmter Künstler den Weg in die Privatsammlungen. Bei einem Verkauf kommt dann die Enttäuschung.

Wie erkennt man denn Qualität?

Ganteführer Es ist außerordentlich wichtig, dass der Sammler sein eigenes Qualitätsgefühl schult. Die Qualität des Kunstwerks gibt den Ausschlag. Der Sammler muss seine Urteilskraft im Laufe seines Sammlerlebens immer weiter entwickeln und schärfen. Wer nur auf Wertentwicklungen schaut, wird meines Erachtens scheitern.

Zählt der Wert alleine?

Ganteführer Das Qualitätsurteil muss den Vorrang haben. Den Sammler kann das jedoch nicht daran hindern, sich über den Markt Gedanken zu machen. Doch die wahre Rendite ist die Bereicherung des Lebens durch die Kunst, die Erfüllung der Passion in der Auseinandersetzung mit seinen Kunstwerken.

Darf ich wertvolle Kunst in meiner Wohnung aufhängen, ohne dass sie an Wert verliert?

Ganteführer Der normale Sammler, der nicht wie die Großsammler den Anschluss an die Museen sucht, erfreut sich an seinen Kunstwerken in seinen vier Wänden. Ein Wertverlust passiert nicht, allenfalls in physischer Hinsicht, wenn ein Aquarell von Sonnenstrahlen erreicht wird.

Was muss man steuerrechtlich beachten bei Kunstankäufen?

Ganteführer Ein weites Thema, gerade für mich als Spezialisten des Bereichs Kunst und Steuern: Bei Einhaltung gewisser Wertgrenzen kann man ein Kunstwerk steuerlich klug für sein Unternehmen kaufen. Durch die dann gegebenen Abschreibungsmöglichkeiten wird der Fiskus an den Kosten des Erwerbs beteiligt. Nahezu unglaubliche Steuervorteile gibt es bei der Erbschaftsteuer. Bei der Schenkung und Vererbung von Kunstwerken sind Steuerbefreiungen zwischen 60 und 100 Prozent möglich. Auch die Bemessungsgrundlage für diese Steuer ist im Vergleich zum Verkehrswert deutlich herabgesetzt. Es gibt keinen anderen Vermögensgegenstand, der bei der Schenkung- und Erbschaftsteuer so günstig steht wie die Kunst.

(RP)
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