Entscheidung bei Kulturministerkonferenz Brieftaubensport wird vorerst kein nationales Kulturgut

Düsseldorf · Seit acht Monaten ist das Brieftaubenwesen in NRW als schützenswerte Tradition anerkannt. Jetzt wollte der Brieftaubenverband auch auf die bundesweite Liste - und erhielt einen Korb. Tierschützer haben sich mit ihrer Kritik durchgesetzt, ein neuer Anlauf ist aber möglich.

 Eine Brieftaube schaut aus einem Käfig in Dortmund (Archivbild).

Eine Brieftaube schaut aus einem Käfig in Dortmund (Archivbild).

Foto: dpa/Bernd Thissen

Der Brieftaubensport zählt in Deutschland vorerst nicht zum nationalen Kulturerbe. Ein entsprechender Antrag der Züchter wurde abgelehnt, wie die Kulturministerkonferenz am Dienstag in Berlin mitteilte. Die Bewerbung habe sich nicht mit den gesellschaftlichen Kontroversen um Tierhaltung und -nutzung auseinandergesetzt, begründete die Auswahlkommission ihre Ablehnung. Auch finde keine Reflexion über eine angemessene und zeitgemäße Mensch-Tier-Beziehung statt. Die Rede war auch von einer „teilweise vordergründigen kommerziellen Nutzung der Tiere im Wettbewerbskontext“. Dies widerspreche den Aufnahmekriterien des Verzeichnisses.

Tierschützer hatten den Sport im Vorfeld massiv kritisiert und sich gegen eine Aufnahme in die Kulturerbeliste ausgesprochen. „Unzählige Brieftauben werden für Wettkämpfe ausgebeutet und dabei verletzt oder gar getötet“, hieß es beim Deutschen Tierschutzbund in Bonn. Es dürfe nicht sein, „dass solche tierschutzwidrigen Praktiken durch eine Anerkennung als immaterielles Kulturerbe auch noch gefördert werden“. Der Tierschutzbund äußerte sich am Dienstag „erleichtert“ über die Entscheidung.

Enttäuschung dagegen beim Verband Deutscher Brieftaubenzüchter in Essen: Das Brieftaubenwesen habe sich „höchste Tierschutzstandards auferlegt“, hieß es in einer Stellungnahme. „Das Wohlergehen der Brieftauben steht für uns jederzeit im Vordergrund.“ Die in der Ablehnung genannten Gründe seien in den Bewertungskriterien nicht erfragt worden, so dass man über die Begründung „sehr überrascht“ sei. Eine erneute Bewerbung sei nicht ausgeschlossen, sagte eine Sprecherin.

Gewürdigt hatte die Auswahlkommission an der Bewerbung der Taubenzüchter ein „spezifisches Wissen über die Natur, das durch eine sehr engagierte Trägerschaft gepflegt, gelebt und weitergegeben wird“.

Insgesamt wurden am Dienstag aus 64 Vorschlägen der Bundesländer 16 Kulturformen und zwei Modellprogramme zur Erhaltung eines Kulturerbes ausgewählt. Entschieden haben dies die Kultusministerkonferenz und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Monika Grütters. Die Aufnahme empfohlen hatte ein Expertenkomitee der Deutschen Unesco-Kommission.

Das bundesweite Verzeichnis des sogenannten immateriellen Kulturerbes umfasst nun 97 Einträge: 88 Kulturformen und neun Modellprogramme zur Erhaltung des Kulturerbes. Die Aufnahme in das Verzeichnis soll helfen, Traditionen zu erhalten und weiterzuentwickeln.

Unter den 16 neuen schützenswerten Traditionen sind etwa das Drechslerhandwerk, das Augsburger Hohe Friedensfest oder die Handwerksmüllerei. Unter den beiden Modellprogrammen ist das in Deutschland entwickelte Welttanzprogramm für den Paartanz. Aus Nordrhein-Westfalen wurden der Osterräderlauf im lippischen Lügde, eine nachhaltige Form der Waldbewirtschaftung im Siegerland sowie die Anlage und Pflege von sogenannten Flechthecken im Raum Nieheim in Ostwestfalen in die Liste aufgenommen.

(skr/dpa)
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