Wildkatzen kommen zurück nach NRW

Früher gab es Wildkatzen in ganz Europa, vor einigen Jahrzehnten galten sie in unseren Breiten praktisch als ausgestorben.

Wildkatzen kommen zurück nach NRW
Foto: Wolfgang Kruck / Shutterstock.com

<p>Früher gab es Wildkatzen in ganz Europa, vor einigen Jahrzehnten galten sie in unseren Breiten praktisch als ausgestorben.

Der Gestank beißt dem Menschen in der Nase, Katzen beurteilen das ganz anders. Für sie ist Baldrian unwiderstehlich. "Wer seinen Nachbarn hasst, der schüttet etwas Baldrian auf dem Grundstück aus", sagt die Wildkatzenexpertin Friederike Wolff. "Das lockt alle Katzen im Umkreis an." Darum nutzt sie auch die Flüssigkeit der Baldrian-Pflanzen für sogenannte Lockstöcke. Im ostwestfälischen Eggegebirge haben Experten so 31 Wildkatzen identifiziert, die man sonst kaum zu Gesicht kriegen würde.

Früher haben die scheuen Wildkatzen (felis silvestris silvestris) fast ganz Europa besiedelt. Im 20. Jahrhundert galten sie in Deutschland fast als ausgestorben. Grund waren der Verkehr und die Zersiedelung der Landschaft. "Wildkatzen brauchen ein großes Gebiet, in dem sie umherstreifen können", sagt der Wildkatzenexperte Karsten Hupe. Er schätzt die Streifgebiete von Weibchen auf 250 bis 1500 Hektar, von Katern auf 1000 bis 3000 Hektar. Langsam scheinen sich die Bestände zu erholen. "Die Wildkatze ist in Deutschland auf einem guten Weg."

Hupe hat zusammen mit Wolff das Projekt zur Erfassung von Wildkatzen im Hochstift betreut. Das Gebiet erstreckt sich mit dem Eggegebirge auf die Kreise Paderborn und Höxter. "Wir haben auf etwa 15.000 Hektar 159 Lockstöcke aufgestellt", erzählt Wolff.

31 Wildkatzen nachgewiesen

Im Winter 2011/2012 wurden die Lockstöcke nahezu jede Woche kontrolliert. Haare, die daran hängengeblieben waren, wurden genetisch analysiert. Fast 400 Haarproben wurden eingesammelt und 31 Wildkatzen nachgewiesen, 13 Kater und 18 Katzen. Mit der Genanalyse wurde ausgeschlossen, dass Hauskatzen mitgezählt werden, sagt Wolff, die von den Kollegen im Landesbetrieb Wald und Holz inzwischen mit dem Spitznamen "Catwoman" belegt wurde.

Mit der Genanalyse können die Experten auch feststellen, zu welchen Wildkatzenstämmen die Tiere gehören und so Wanderrouten erschließen. Die genetischen Spuren von 30 der 31 Katzen führen in den Solling, ein niedersächsisches Mittelgebirge auf der anderen Seite der Weser. "Die Wildkatzen schwimmen durch den Fluss", sagt Experte Hupe.

Eine Katze hatte nachweislich Verwandte in der Eifel. Damit hat das Eggegebirge nicht nur eine jetzt erstmals nachgewiesene eigene Wildkatzenpopulation. Vielmehr erfüllt es auch eine wichtige Funktion als Korridor zwischen den Wildkatzen-Gebieten in der Eifel und im Harz.

Doch bei allen Erfolgsmeldungen warnen die Experten davor, die Hände in den Schoß zu legen. Die Wälder der Egge würden die Aufgabe als Korridor nicht optimal erfüllen, sagt Hupe. Zu groß seien noch die Barrieren und Gefahren durch Straßen, vor allem die Autobahn 44. Abhilfe könnten Wildbrücken und Unterführungen schaffen.

Wichtig sei die Vernetzung der Waldgebiete, sagt der Leiter des Regionalforstamts Hochstift, Roland Schockemöhle, der stolz auf "seinen" Wald und die Wildkatzen ist. "Die anspruchsvolle Wildart adelt die Region." Und Friederike Wolf appelliert an Wanderer und Spaziergänger, keine kleinen Wildkatzen aus dem Wald mitzunehmen. "Denn zu Hause merken die ganz schnell, warum die Tiere Wildkatzen heißen. Die lassen sich nicht domestizieren, sondern verwüsten erstmal die Wohnung."

Hessen: Zwei Wildkatzen wieder ausgewildert

(RPO)
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