Aquarium-Trends Mit welchem Krebs Sie Ihr blaues Wunder erleben

Voerde/Braunschweig · Gerade in Pandemie-Zeiten hat das Hobby Aquaristik deutlich Zulauf bekommen. Und dabei wird klar: Guppys und Skalare waren gestern. Viele suchen etwas Exotischeres für das Aquarium. Zum Beispiel Procambarus alleni, den blauen Krebs. Wir sagen Ihnen , worauf man achten sollte.

 Ein Procambarus alleni oder kurz «Alleni», wie der blaue Florida-Krebs auch heißt (Symbolbild).

Ein Procambarus alleni oder kurz «Alleni», wie der blaue Florida-Krebs auch heißt (Symbolbild).

Foto: dpa-tmn/Kirsten Neumann

Eigentlich gibt es ihn schon seit mehr als 20 Jahren in Deutschland. Doch erst in letzter Zeit erobert er mehr und mehr die heimischen Aquarien: der Procambarus alleni, der blaue Florida-Krebs. Und sein Name ist Programm. Denn der bis zu zwölf Zentimeter große Krebs - plus Scheren - besticht nicht nur durch seine Größe, sondern auch durch seine leuchtend blaue Farbe.

„Die Leute wollen es schön bunt. Das kennt man von vielen anderen Tieren auch“, sagt Kai Quante vom Verband Deutscher Vereine für Aquarien- und Terrarienkunde. Und Aquaristik-Fachhändler Frank Schenk sagt: „Das ist natürlich schon etwas ganz anderes, als ein kleiner Fisch oder eine Garnele.“ Heute vergeht kein Tag mehr, an dem kein „Alleni“ die Aufzuchtbecken in Voerde verlässt und direkt verkauft oder über einen zertifizierten Tier-Spediteur verschickt wird.

Sein Sohn Frank Schenk junior führt die Beliebtheit auch auf Entwicklungen bei der Aquaristik und die sozialen Medien zurück. „Als ich Ende der 90er Jahre Aquarien kennengelernt habe, da gab es immer nur Guppys und Skalare und jedes Aquarium sah gefühlt gleich aus“, sagt er.

Inzwischen seien jedoch immer mehr „Nischentiere“ in den Vordergrund gerückt. Auch bei den Fotos, die Aquarianer heute auf Facebook oder Instagram posten. „So ein blauer Krebs ist da außergewöhnlich und farblich imposant und ruft dann schon einen kleinen Hype hervor“, gibt er zu. Ein weiterer Vorteil im Gegensatz zu so manchen Fischen: „Sie sind groß und lassen sich super fotografieren.“ Anders formuliert: „Sie sehen einfach cool aus!“

Denen, die im heimischen Aquarium selbst ihr blaues Wunder erleben wollen, empfiehlt Kai Quante, die Tiere im Zoofachhandel oder bei einem Züchter zu kaufen. Die Allenis, die ihre Farbe durch gezielte Zucht erhalten haben, werden von Frank Schenk im Alter von drei bis sechs Monaten abgegeben. „Sie sind auch für Einsteiger gut geeignet“, sagt er. Was nicht heißt, dass diese Tiere, die etwa acht Euro kosten, keinerlei Ansprüche an ihre Haltung stellen.

Darauf weist auch der Deutsche Tierschutzbund hin. „Es besteht die Gefahr, dass die farbigen Krebse als optisches Accessoire gekauft werden, ohne dass sich der Käufer vorab über die Bedürfnisse dieser Tiere informiert“, sagt Sprecherin Lea Schmitz. Oder dass er vom Verkäufer nicht ausreichend aufgeklärt wird. Auch für wirbellose Tiere, zu denen Krebse zählen, gelten die Bestimmungen des Tierschutzgesetzes.

Haltung besser nur einzeln in großem Aquarium

„Das Wichtigste ist ein ausreichend großes Aquarium“, sagt Frank Schenk. Er empfiehlt mindestens 60 Zentimeter Kantenlänge, bei einem Pärchen mindestens ein Meter. Wobei er rät, den Krebs nur einzeln zu halten. Zum einen, weil dieser auch in freier Natur Einzelgänger sei, zum anderen, weil die Haltung von einem Paar langfristig zu Problemen führen würde. Denn solche Gliederfüßer können bis zu fünf Jahre alt werden und Weibchen zwischen 100 und 300 Eier jährlich legen.

Zwar kommen im Schnitt nur ein Dutzend Jungtiere durch, doch jedes Aquarium gerät da schnell an seine Grenzen - ebenso wie die Ansprüche an eine artgerechte Haltung. „Wer zu viele Tiere hat, kann mich anrufen. Dann finden wir eine Lösung“, sagt Schenk.

Keinesfalls in freier Natur aussetzen

Die Krebse im Gartenteich oder in der freien Natur auszusetzen, sei jedenfalls keine Lösung. Zum einen könnten sie laut Tierschutzbund Krankheitserreger einschleppen (etwa die gefährliche Krebspest) oder die heimische Artenvielfalt gefährden, zum anderen würden sie draußen in den meisten Fällen „schnell und qualvoll verenden“.

Frank Schenk weist auf ein weiteres Problem hin, dass die Haltung mehrerer Tiere mit sich bringen könnte: Denn wenn die Krebse wachsen, häuten sie sich manchmal und haben vorübergehend ihren Schutz verloren. „Sie sind dann ganz weich und können von Artgenossen angeknabbert werden.“ Der Krebs benötigt also unbedingt Höhlen, Wurzeln und Steine, um sich zurückziehen und verstecken zu können.

Allerdings auch, wenn er als Einzeltier gehalten wird. Denn eine abwechslungsreich gestaltete Umgebung gehört zu einer artgerechten Tierhaltung. Auch das wöchentliche Wechseln von 50 Prozent des Wassers, die richtige Temperatur von 14 bis 28 Grad und eine gute Filterung. Das passende Futter sollte für den Allesfresser selbstverständlich sein.

Lea Schmitz weist auf Studien hin, wonach Wohlbefinden und Gesundheit von Krebstieren durch eine monotone und nicht artgerecht gestaltete Haltungsumwelt beeinträchtigt werden. Doch bei Krebsen und Fischen werde ihrer Ansicht nach „gerne vernachlässigt, dass auch diese Tiere über ein komplexes Verhaltensrepertoire verfügen und empfindungsfähige Lebewesen sind“.

Aquarianer geraten jedenfalls regelrecht ins Schwärmen, wenn sie von den „Allenis“ erzählen - und zwar völlig unabhängig von ihrer Farbe. „Der Blaue Floridakrebs ist ein munteres Kerlchen“, sagt Frank Schenk. Und Kai Quante bestätigt: „Das sind Charaktertiere!“ Zudem haben sie einen Vorteil: Weil sie tagsüber aktiv sind, kann man sie gut beobachten.

Allenis knabbern gern und spielen Rasenmäher

Aquarium-Freunde, die viel Sorgfalt in die Gestaltung der Becken-Landschaft legen, sollten allerdings auch bedenken, dass es sich bei ihnen laut Schenk um „Rasenmäher“ handelt. Das bedeutet: „Sie buddeln gerne und gehen alle Pflanzen an.“ Und sie verspeisen sie nicht einfach nur. „Blaue Floridakrebse sind dafür bekannt, dass sie ein bisschen umdekorieren“, formuliert es Kai Quante.

Auch Fische sind vor ihnen nicht sicher: „Zu denken, man könnte sie einfach mal dazusetzen und das wird schon passen, funktioniert nicht“, so der Experte. Zwar seien die Allenis grundsätzlich keine Jäger. Doch wenn die Fische schlafen und auf Pflanzen oder auf dem Boden liegen, versorgt sich der Krebs auch gerne mit Proteinen...

A propos: Die Überlegung, ob sich jene großen Krebse nicht auch für die menschliche Ernährung eignen, drängt sich tatsächlich bei so manchem auf. „Der Spruch mit der Knoblauchsoße kommt immer“, sagt Frank Schenk. Auch wenn er für manchen Aquarianer im wahrsten Sinne des Wortes sicherlich geschmacklos ist.

(felt/dpa)
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