Hilfsmittel und Tricks Viel Tamtam um die zweite Katze - überzogen oder goldrichtig?

Bonn/Bad Homburg · Hasendraht im Holzrahmen als Tür, Pheromone aus der Sprühflasche oder ein extra Kratzbaum für jede Mieze - um Katzen aneinander zu gewöhnen, greifen Katzenfans zu allerlei Tricks. Welche machen Sinn?

 Davon träumen Katzenfans, die einen Gefährten für die bestehende Katze ins Haus holen wollen: „Alte“ und „neue“ Mieze kuscheln zusammen.

Davon träumen Katzenfans, die einen Gefährten für die bestehende Katze ins Haus holen wollen: „Alte“ und „neue“ Mieze kuscheln zusammen.

Foto: dpa-tmn/Franziska Gabbert

Für so manche Katzenfans mag es eine schöne Vorstellung sein, der Mieze einen Gefährten nach Hause zu holen. Und manchmal ist es auch schlicht notwendig. Etwa, wenn zwei Katzenbesitzer ihre Haushalte zusammenwerfen.

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Doch nicht jede Katze dürfte begeistert sein, wenn der Neuankömmling einzieht. Denn: „Katzen sind Gewohnheitstiere, sagt Hester Pommerening vom Deutschen Tierschutzbund. „Sie können auf Veränderungen sehr empfindlich reagieren.“ Wie also gelingt die Zusammenführung der beiden Stubentiger - und welche Hilfsmittel und Tricks erleichtern der neuen Katze den Einzug wirklich? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Kann ich die neue Katze einfach in die Wohnung bringen und abwarten, wie die Tiere miteinander auskommen?

Die kurze Antwort: Keine gute Idee. „Wenn man einfach zwei Katzen im Territorium der bestehenden Katze aufeinanderprallen lässt, dann bekommt man wahrscheinlich genau das, den Zusammenprall“, sagt Sarah Ross von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten.

Zwar könne es auch gut gehen, die Katzen vor vollendete Tatsachen zu stellen. Doch häufig sehe es anders aus, so Michaela Asmuß, Katzenverhaltenstherapeutin aus Bad Homburg. Für den Neuankömmling bedeutet der Umzug Stress. Das alteingesessene Tier fühlt sich womöglich in seinem Revier bedroht. „Das kann eher dazu führen, dass sich die Katzen im schlimmsten Fall wirklich angreifen oder eine sehr viel Angst hat und sich verzieht. Und man hat auf jeden Fall keinen guten Start dann für den Neuankömmling.“

Sollten beide Katzen also erstmal in getrennten Räumen untergebracht werden?

„Bei einer Vergesellschaftung ist es wirklich wichtig, den beiden Katzen Zeit zu geben, sich in Ruhe kennenzulernen und sie nicht zu überfordern, indem man sie einfach zusammensetzt“, rät Hester Pommerening. „Und dazu gehört dann zum Beispiel, dass die Katzen sich gar nicht unbedingt sehen, sondern erstmal auch den Geruch der jeweils anderen aufnehmen dürfen.“

Zu Beginn ist es also tatsächlich sinnvoll, den Neuankömmling in einem separaten Zimmer unterzubringen - und zwar bei geschlossener Tür und mit eigenem Katzenklo, eigenem Futter- und Wassernapf. Wer eine Einzimmerwohnung hat, könne etwa die Küche kurzzeitig zum Katzenzuhause machen, so Sarah Ross. Und dann vorsichtig vorfühlen, „indem man Tücher, Handtücher, auf denen die Katze gelegen hat, austauscht, so dass jeder die andere beschnuppern kann.“

Dabei können Katzenhalter auch direkt auf die Reaktion ihrer Vierbeiner achten. Und auf mögliche Warnsignale. Pinkelt die neue Katze etwa sofort auf die fremdriechende Katzendecke, „dann würde ich mir direkt auch mal überlegen, ob das sinnvoll ist, diese Katze hier einziehen zu lassen“, so Michaela Asmuß.

Wie bringe ich die beiden Katzen zusammen?

Am besten erstmal nur kurz und unter Aufsicht. „Die ersten Begegnungen sollten immer so stattfinden, dass die Katzen sich nicht direkt anspringen können, sondern, dass eine Gittertür dazwischen ist“, empfiehlt Asmuß. Dafür könne man etwa ein Babygitter in den Türrahmen einsetzen und ein Katzennetz zwischen die Stäbe spannen. Wer handwerklich geschickt ist, kann auch Hasendraht oder Katzennetz in einen Holzrahmen spannen und als Türersatz nutzen.

Von Fauchern an der Gittertür sollten sich Katzenhalter übrigens nicht gleich einschüchtern lassen. „Fauchen ist immer defensiv und eigentlich auch eine recht normale Reaktion bei der Durchschnittskatze“, so Asmuß. Entsprechenden Reaktionen könne man aber mit einer vorsichtigen und langsamen Annäherung entgegenwirken.

Wie sinnvoll sind Belohnungen beim Kennenlernen?

Die Zusammenführung sollten Katzenhalter für beide Tiere so positiv wie möglich gestalten. Das kann bedeuten, dass die Katzen Leckerli bekommen, wenn sie aufeinandertreffen.

Wenn die Tiere es kennen, kann aber auch Clickertraining eine gute Idee sein. Oder der Einsatz von Pheromonen, also von Botenstoffen, die etwa mit Hilfe eines Verdampfers in die Luft abgegeben werden. Hester Pommerening zufolge können sie bei Katzen den Stress senken. „Und das heißt, die Katzen sind von vornherein schonmal entspannter, wenn sie aufeinandertreffen und verknüpfen die andere Katze dann mit einem entspannten Zustand.“

Auch wichtig: Beiden Tieren Aufmerksamkeit schenken - und die alteingesessene Mieze nicht zugunsten der neuen hinten anstellen.

Wann können die Katzen auch ohne trennendes Gitter zusammenkommen?

„Wenn die Katzen sich durch ein Gitter sehen können und interessiert aneinander sind und auch positive Signale zeigen“, rät Pommerening. Für Katzenverhaltenstherapeutin Asmuß sind ein hochgestelltes Schwänzchen und freundliche Begrüßungen mit der Nase ein gutes Signal. Für den Erstkontakt sollte ein Raum gewählt werden, in dem alle Beteiligten einen Rückzugsort kennen. Hester Pommerening rät, die alteingesessene Katze in den Raum kommen zu lassen, in dem die neue Katze untergebracht ist.

Auf kleinere Konflikte bei der Zusammenführung sollte man aber eingestellt sein. Und die Katzen erstmal wieder trennen, sobald man sie nicht beaufsichtigen kann. Wichtig sei, dass die räumliche Begrenzung nicht zum Dauerzustand wird und die alteingesessene Katze praktisch in ihrem Revier beschnitten wird, so Pommerening.

Braucht jede Katze dauerhaft ein eigenes Katzenklo?

Ja. Besser sind sogar insgesamt drei Katzenklos, sind sich die Expertinnen einig. „Weil Katzen ja Kot und Urin gerne an getrennten Orten absetzen“, erklärt Hester Pommerening. Sie rät außerdem Futter und Wasser in eigenen, voneinander entfernten Näpfen anzubieten, „so dass die Katzen sich aus dem Weg gehen können und auch das Gefühl haben, sie haben da ihr eigenes Plätzchen, wo die andere Katze ihr das Futter oder das Wasser nicht streitig macht.“

Ein eigener Kratzbaum für jede Katze muss es Sarah Ross zufolge aber nicht unbedingt sein.

Wann ist die Zusammenführung geglückt?

Wer sich zwei miteinander schmusende Katzen wünscht oder Stubentiger, die sich gegenseitig bei der Fellpflege helfen, dürfte oft enttäuscht werden. Ein Grund zur Sorge ist das aber nicht.

„Mein Ziel bei Katzenzusammenführungen ist eigentlich meistens ein friedliches Nebeneinanderleben“, sagt Sarah Ross. Für Hester Pommerening vom Deutschen Tierschutzbund hat die Zusammenführung auch dann schon gut geklappt, „wenn die Katzen sich gegenseitig dulden, nicht gestresst sind voneinander und den anderen quasi akzeptieren im eigenen Revier.“

Hellhörig werden sollte man aber, wenn eine der beiden Katzen auf einmal unsauber wird oder nicht mehr richtig frisst. Kommt eine Freigängerkatze immer seltener nach Hause, ist das ebenfalls kein gutes Zeichen. „Wenn ich nach spätestens vier Wochen noch keine, also wirklich überhaupt keine Fortschritte sehe, und es immer noch zu Geknurre, Gefauche, Wegrennen kommt, dann sollte ich mir wirklich langsam überlegen, ob das Sinn macht“, so Sarah Ross.

Denn im Zweifel gilt: Gelingt die friedliche Zusammenführung auch mit viel Geduld nicht, sollten sich Katzenhalter besser vom Gedanken einer zweiten Katze verabschieden - und für den Neuankömmling ein geeigneteres Zuhause finden.

(zim/dpa)
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