Die scheue Wildkatze erobert die Eifel

Jahrzehntelang war die Wildkatze vom Aussterben bedroht. Nun erobert sie sich Lebensräume zurück - vor allem in der Eifel.

 Wildkatze

Wildkatze

Foto: dpa, jst cul tig fg

<p>Jahrzehntelang war die Wildkatze vom Aussterben bedroht. Nun erobert sie sich Lebensräume zurück - vor allem in der Eifel.

Baldrian törnt die Wildkatze an. Das Tier schnuppert den Geruch über mehrere Kilometer hinweg. Die Pflanze, die Menschen vor allem als Beruhigungsmittel dient, zieht die scheuen Tiere während der Paarungszeit an. "Baldrian ist für Wildkatzen ein Sexual-Lockstoff", berichtet Biologin Christine Thiel. Das Projekt "Wildkatzensprung", das die Biologin wissenschaftlich begleitet, nutzt die Wirkung, um das Vorkommen der nachtaktiven Tiere zu dokumentieren.

Das Gemeinschaftsvorhaben des Bundesamtes für Naturschutz in Bonn und des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wird vom nordrhein-westfälischen Umweltministerium unterstützt. Ziel ist, eine bundesweite Gendatenbank zu erstellen, um das Wildkatzen-Vorkommen zu analysieren. Dazu besprühen Naturschützer Holzstäbe mit Baldrian und stellen sie im Wald auf. Die Tiere werden von dem Geruch angelockt und reiben sich an der rauen Oberfläche. Nach der Paarungszeit Ende April werden die Lockstäbe abgeholt, die daran haftenden Haare werden untersucht.

"Anhand der Fellproben können wir genetische Rückschlüsse ziehen. Wir untersuchen, ob Populationen in verschiedenen Gebieten miteinander verwandt sind, ob es Inzucht gibt oder ob noch ein genetischer Austausch stattfindet", erklärt Biologin Thiel. Sollte das nicht der Fall sein, versuchen die Wissenschaftler, den Austausch zu verbessern.

Wildkatzen brauchen viel Raum

Nötigenfalls werden Verbindungen, etwa durch Grünbrücken oder Wildtunnel, geschaffen. Denn Wildkatzen benötigen viel Raum - im Winter legen sie durchschnittlich elf Kilometer pro Nacht zurück. Außerdem brauchen sie Verstecke und Schlafplätze wie dichtes Gestrüpp, Baumhöhlen oder Fuchs- und Dachsbaue.

Bislang leben Wildkatzen in zehn Bundesländern. Christine Thiel spricht von einem "verinselten Vorkommen". Diese Bereiche will "Wildkatzensprung" verbinden. Die Tiere sind vor allem in Mittelgebirgen mit zusammenhängenden Laub- und Mischwäldern beheimatet. Die Eifel hat eine Sonderstellung: Mit mehr als 1000 Tieren lebt hier die größte Wildkatzenpopulation in Deutschland. Bundesweit wird die Zahl der Tiere auf 5000 bis 6000 geschätzt.

Die jahrzehntelang vom Aussterben bedrohte Wildkatze erobert sich ihre Lebensräume zurück. In der aktuellen Roten Liste wird sie als "gefährdete" Art geführt. Vor allem in NRW breitet sie sich wieder aus. "Die Wildkatze ist ein gutes Beispiel dafür, dass ein ambitionierter Naturschutz Früchte tragen kann", sagte Horst Becker, Parlamentarischer Staatssekretär im NRW-Umweltministerium. Im vergangenen Jahr konnte der BUND mit Hilfe der Baldrian-Lockstäbe im Kottenforst bei Bonn und in der Ville im Rhein-Erft-Kreis Wildkatzen nachweisen.

Das Aussehen der scheuen Wesen ähnelt den getigerten Hauskatzen: Sie haben ein gelblich-graues bis bräunlich gefärbtes Rückenfell mit einem undeutlichen Tigermuster und einen buschigen, stumpfen Schwanz.
Über die Rückenmitte zieht sich von den Schulterblättern bis zur Schwanzwurzel ein schwarzer Strich.

"Der normale Waldspaziergänger wird kaum eine Wildkatze zu Gesicht bekommen", sagt Thiel. Die Tiere seien dämmerungs- und nachtaktiv und außerdem sehr scheu. Allerdings komme es vor, dass Spaziergänger Jungtiere zwischen April und Juni schreien hören.

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