So werden Sie zum Weinkenner

Wein ist komplex. Es gibt kaum ein anderes Produkt, dessen Qualität sich mit so vielen Fachwörtern beschreiben lässt. Wer gekonnt mit ihnen jonglieren möchte, muss sich mit der kniffligen Arbeit eines Winzers vertraut machen.

Weinwissen für Sie zusammengefasst
Foto: Anatolii Riepin / Shutterstock.com

Wein ist komplex. Es gibt kaum ein anderes Produkt, dessen Qualität sich mit so vielen Fachwörtern beschreiben lässt. Wer gekonnt mit ihnen jonglieren möchte, muss sich mit der kniffligen Arbeit eines Winzers vertraut machen.

Hat der einmal einen Spitzenwein produziert, heißt das nicht, dass sein Tropfen im nächsten Jahr genauso edel ist. Mit jeder Ernte muss er sich neu beweisen. Weil in seinem Beruf eben nicht die Gleichung gilt: guter Boden + gefeierte Rebe = ausgezeichneter Wein. Vinovario hat Ihnen zusammengestellt, was Sie als künftiger Weinkenner wissen müssen.

Lesezeitpunkt — perfektes Timing für die richtige Traubenreife

Zum Produktionsauftackt im Herbst muss sich der Winzer für den perfekten Lesezeitpunkt entscheiden. "Wichtigste Bezugsgröße für den Lesetermin genau wie für die generelle Einschätzung der Jahrgangsqualität ist die Traubenreife", erklärt Winzer Dr. Peter Crusius. "Im Weingut Dr. Crusius entnehmen wir in der Regel ab Mitte September zweimal pro Woche Beerenproben in den Weinbergen, die wir für den Reifeverlauf als charakteristisch einschätzen. Ab Mitte Oktober unterstützen die ersten Ernteergebnisse die Einschätzung aus der Probenentnahme." Dabei prüft der Gutsbesitzer aus Rheinland-Pfalz u. a. das Fruchtfleisch und den Geschmack der Frucht. Als Profi kann er so auf den späteren Geschmack des Weins schließen.

Mostgewicht: verrät viel über Alkoholgehalt und Süße

Ein wichtiger Hinweis auf die Jahrgangsqualität ist das Mostgewicht. Es wird in Oechsle gemessen und ermöglicht Rückschlüsse auf den späteren Alkoholgehalt. Das Mostgewicht verrät auch schon Vieles über die Süße und die zu erwartende Qualität des Weins. Das Mostgewicht ergibt sich aus dem Gewichtsverhältnis von einem Liter Most zu einem Liter Wasser bei 20 Grad Celsius. Ein Verhältnis von 1,076 beispielsweise ergibt einen Most von 76 Grad Oechsle. "Trockene Witterung lässt die Beeren einschrumpfen, die Inhaltsstoffe konzentrieren sich, die Mostgewichte steigen", erläutert Crusius. Die Lese hinauszuzögern, kann also die Weinqualität erhöhen, ist aber auch ein Risiko. Starker Regen kann die Trauben nämlich auslaugen.

Was ist ein "guter Jahrgang"?

Wurden die Winzer nicht von ungünstigen oder unvorhersehbaren Wetterbedingungen überrascht, sprechen sie in der Regel von einem "guten Jahrgang". Der Jahrgang bezeichnet das Jahr, in dem ein Wein produziert wurde und lässt an sich schon einmal grobe Rückschlüsse auf dessen Qualität zu.

Wann ist ein Wein ein "Qualitätswein"?

In Deutschland ist gesetzlich vorgeschrieben, dass eine unabhängige amtliche Kommission einen Wein verkostet, bevor er als Qualitätswein in den Handel kommt. Der Qualitätswein macht die größte Gruppe der deutschen Weine aus. Er muss zu 100 Prozent aus einem der 13 deutschen Anbaugebiete stammen. Gibt die Kommission ihr Okay, bekommen die Weine eine amtliche Prüfungsnummer für ihr Etikett. Das dreistufige System der Qualitätsprüfung beschreibt das Deutsche Weininstitut folgendermaßen: "Neben der Prüfung des abgefüllten Weines werden auch das Herbstbuch und das Kellerbuch überprüft. In diesen beiden Büchern sind unter anderem die Erntemengen, die Rebsorten und das Mostgewicht sowie die Zu- und Verkäufe notiert. Zur chemischen Analyse werden die Erzeugnisse in einem amtlich zugelassenen Weinlabor untersucht. Vor allem die wesentlichen Inhaltsstoffe sowie Zusatzstoffe und die Einhaltung ihrer Grenzwerte werden hier überprüft." Wenn der Wein chemisch und physikalisch einwandfrei ist, werden drei Musterflaschen "anonym" u. a. auf Geschmack und Geruch geprüft (sensorischen Prüfung).

Was sagt die Güteklasse aus?

Für Weinkenner ist die Güteklasse auf dem Etikett eine der wichtigsten Aussagen über die Weinqualität. Das Deutsche Weininstitut definiert die Prädikate, die die Kommission verleiht, folgendermaßen (aufsteigende Reihenfolge):

Kabinett: feine, leichte Weine aus reifen Trauben mit geringem Alkoholgehalt

Spätlese: reife, elegante Weine mit feiner Frucht, die etwas später geerntet werden

Auslese: edle Weine aus vollreifen Trauben, unreife Beeren werden ausgesondert.

Beerenauslese: volle fruchtige Weine aus überreifen, edelfaulen Beeren

Trockenbeerenauslese: aus rosinenartig eingeschrumpften, edelfaulen Beeren ist die Trockenbeerenauslese die Spitze der Qualitätspyramide, süß und honigartig hat sie eine extreme Alterungsfähigkeit von Jahrzehnten. Solche Weine können nicht in jedem Weinjahrgang geerntet werden.

Eiswein: aus Trauben, die in gefrorenem Zustand unter minus sieben Grad Celsius gelesen und gefroren gekeltert werden, so dass nur das Frucht-Konzentrat ausgepresst wird. Das Mindestmostgewicht entspricht dem einer Beerenauslese.

Gütezeichen — eine Auszeichnung für den Winzer

Nach der Pflicht kommt die Kür: Zusätzlich zu den gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen können Winzer mit ihren Weinen an Wettbewerben von unterschiedlichen Verbänden und Organisationen teilnehmen und dort noch einmal testen lassen. Im Optimalfall bekommen ihre edlen Tropfen dort Gütezeichen verliehen, die den Weinen eine überdurchschnittliche Qualität bescheinigen. Während sich Weinliebhaber an den ausgezeichneten Tropfen erfreuen, steht für die Winzer schon bald die nächste Ernte an. Frei nach dem Motto: neuer Jahrgang, neues Glück.

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