Brot verwerten statt wegwerfen Von wegen altbacken

Wie wertvoll das tägliche Brot früher war, zeigen viele Rezepte, in denen Reste weiter verarbeitet wurden – zum Beispiel als arme Ritter oder Panzanella-Salat. Ein Start-up aus Wien macht sogar Müsli aus Brotresten.

 Süßer Brotpudding wird aus trockenem Weißbrot gemacht.

Süßer Brotpudding wird aus trockenem Weißbrot gemacht.

Foto: Getty Images/iStock

Der Kunde ist verwöhnt und kauft gerne noch um halb sechs abends eine Laugenstange und will aus zehn Brotsorten auswählen. Geschätzte 15 Prozent kalkulieren Bäcker als „Retoure“ ein, das heißt, es sind Brot, Brötchen und Teilchen, die nicht mehr verkauft werden. Bei einigen Bäckern gibt es das Brot vom Vortag zum halben Preis, einiges wird an Tafeln gespendet, anderes wandert ins Tierfutter – und vieles landet auch im Müll. Und zu Hause werden auch älteres Brot oder die Brötchen von gestern nicht mehr weiterverwendet.

Solch eine Verschwendung war früher undenkbar.  „Altes Brot ist nicht hart. Kein Brot, das ist hart“, hieß eine Redewendung, und so haben sich in vielen Ländern Rezepte überliefert, in denen altes Brot noch einmal Verwendung findet. Diese Koch-Tradition sollte mit Blick auf Ressourcen-Schonung und Vergeudung von Lebensmitteln wieder aufleben. Denn es gibt vom gegrilltem Käse-Sandwich über Bruschetta mit Tomatenwürfeln, Brotsuppen, Scheiterhaufen bis Spaghetti mit Pangrattato-Bröseln  unzählige Möglichkeiten, harten Kanten und trockenen Scheiben neues Leben einzuhauchen. Das funktioniert entweder mit geschmackvollen Brühen, süß-sahnigen Soßen oder mit Fett, das knusprig macht.  Beim italienischen Brotsalat („Panzanella“) saugen sich die altbackenen Stücke mit Saft von Tomaten voll. Beim armen Ritter macht Milch alles wieder feucht und kaubar. Und zur Not machen alte Brötchen Frikadellen fluffiger.

Damit man altes Brot noch weiterverwenden kann, gibt es einige Dinge zu beachten. Die wichtigste Regel: unbedingt Schimmel verhindern. Wenn sich erstmal weiße, grüne oder graue Flecken zeigen, ist es zu spät, und das Brot gehört in den Müll. Daher sollte man Brot gut gelüftet aufbewahren, und wenn absehbar ist, dass es nicht mehr gegessen wird, an der frischen Luft trocknen. Wer Paniermehl herstellen will, macht sich das Leben einfacher, wenn man Brötchen oder Brot schon in eine Größe schneidet, die auf jeden Fall in den Schacht der Küchenmaschine passt. Wer an dem harten Brot noch mit dem Sägemesser rumsäbelt, braucht Kraft und riskiert womöglich eine Verletzung. Dasselbe gilt, wenn jemand Würfel für Semmelknödel oder Croutons braucht. Lieber angetrocknet schneiden und dann trocknen lassen.

Dass man aus altem Brot auch ein ganz neues Produkt machen kann, beweist das Start-up Brüsli aus Wien seit Februar 2021. Der Name verrät schon, dass daraus ein Knusper-Müsli entsteht. Die Grundzutat kommt aus den drei Wiener Bäckereien „Der Mann“, „Ströck“ und „Anker“. „Es handelt sich dabei tatsächlich um überproduziertes Brot, das direkt aus den Zentralen, der Backstube, kommt“, erklärt das Brüsli-Team. Dort fielen pro Sorte etwa fünf bis zehn Prozent an zu viel gebackenem Brot an. Darüber hinaus bestehe noch die Möglichkeit, Retourware zu verarbeiten. „Hier ist die Handhabung speziell in Hinblick auf die Lebensmittelhygiene zwar schwieriger, mit unserem Prozess aber machbar.“  Es handele sich bei Brüsli tatsächlich um 100 Prozent Altbrot. „Für unsere Produkte wird kein Brot zusätzlich gebacken“, betont das Team.

 Das Wiener Unternehmen Brüsli macht Müsli aus gerettetem Brot.

Das Wiener Unternehmen Brüsli macht Müsli aus gerettetem Brot.

Foto: Brüsli

Misch-, Sauerteig-, Weizen- oder Roggenbrote – hinein kommt alles, was Menschen auch gerne mit Käse, Wurst oder Marmelade essen. In der Produktion wird das Brot zerkleinert und dann schonend geröstet. Danach wird das Granulat mit Früchten, Nüssen, Gewürzen, Zucker und Haferflocken gemischt und nochmals gebacken. „Im fertigen Müsli landen so 60 bis 70 Prozent Brotgranulat, was dabei 90 bis 100 Prozent frischem Brot entspricht“, erklären die Macher. In dem hochwertigen Brot stecke  viel Zeit, Arbeit und Liebe. Das schmecke man. Außerdem sei geröstetes Brot sehr bekömmlich. Und so erwacht das, was sonst im Müll gelandet wäre, zu neuem Leben. Die drei Geschmacksrichtungen „Schoko Nuss“, „Cranberry Nuss Zimt“ und „Walnuss Kokos“ lassen sich mit Milch, Joghurt oder als Topping zu Porridge kombinieren. Es ist sehr knusprig und geschmacklich deutlich anders als normales Knuspermüsli. In Österreich ist Brüsli schon im Supermarkt zu finden, in wenigen Wochen gibt es in Deutschland einen Testlauf in Filialen von Rewe Süd. Verläuft das positiv, wird das Produkt wohl großflächiger in ganz Deutschland angeboten. Darüber hinaus, so das Start-up, plane es,  im Laufe des Jahres auch in Deutschland Restbrot zu beziehen und entsprechend regional, das heißt in einer deutschen Produktion, zu verarbeiten. Die Testversion mit den drei Geschmacksrichtungen (jeweils 400 g) kostet im Online-Shop, der auch nach Deutschland liefert, 17,85 Euro (ohne Versandkosten).

Wer dieses Müsli isst, rettet Lebensmittel. Aber vielleicht lohnt auch ein Blick in den eigenen Brotkasten – und mit der richtigen Idee bekommen das trockene Stück Toast oder die Scheibe Stuten eine zweite Chance, auf ihre alten Tage doch noch zu einem Leckerbissen zu werden.

Brotpudding

Zutaten  250 ml Vollmilch, 300 ml Sahne oder Creme Double, 1 Vanilleschote, 3 Eier (L) plus 1 Eigelb, 3 Tl Puderzucker, 8 Scheiben altes Weißbrot, 50 g gesalzene Butter, 75 g Rosinen oder andere Trockenfrüchte, Schale einer halben Zitrone, 2 Tl brauner Zucker

Zubereitung Den Ofen auf 180 Grad Ober- und Unterhitze (160 Grad Umluft) vorheizen. Für die Vanillesauce Milch, Sahne  sowie das Mark und die ausgekratzte Vanilleschote erhitzen bis kurz vorm Siedepunkt. In der Zwischenzeit Eier, Eigelb und Puderzucker verrühren.  Langsam die warme Milch in die Eimischung geben und rühren, bis eine glatte Sauce entstanden ist. Eine ofenfeste Form einbuttern, Brotscheiben entrinden, beide Seiten buttern  und in kleine Stücke, zum Beispiel Dreiecke, schneiden. Die Hälfte des Brots in die Form legen, Hälfte der Trockenfrüchte mit der Zitronenschale darauf verteilen. Vorgang wiederholen.  Vanilleschote aus der Sauce entfernen und die Sauce über das Brot gießen. Mindestens 30 Minuten einweichen lassen. Mit Rohrzucker bestreuen und 35 bis 40 Minuten goldbraun backen.

Kaspressknödel

Zutaten 250 g Semmelwürfel,  125 ml Milch (warm),  50 g Zwiebel,  250  g Bergkäse,  1       Bund Schnittlauch, 1 Bund Petersilie,  50 g Butter, 4 Eier,  2 El Öl zum Backen

Zubereitung Die Zwiebeln würfen und in Butter glasig anschwitzen, Petersilie hacken und mitanschwitzen. Schnittlauch kleinschneiden, Milch erwärmen und mit Zwiebeln, Petersilie und Schnittlauch zu den Semmelwürfeln geben. Den Käse grob reiben oder in kleine Würfel schneiden. Zum Brot geben, dann die Eier hinzugeben und zu einem Teig verrühren. Daraus flache Knödel formen und in Öl goldbraun backen. Kaspressknödel passen zu Salat oder als Suppeneinlage in eine klare Brühe.

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