Baiser, Meringue und Co. Schneesicher

Es braucht nur Eiweiß und Zucker, schon gibt es weiße Weihnachten. Eischnee ist die Grundlage für Baisers und Makronen. Konditormeister Heinz-Richard Heinemann erklärt, was es zu beachten gibt. Die gute Nachricht für Backneulinge: wenig.

 Auch für Macarons ist Baiser die Grundlage.

Auch für Macarons ist Baiser die Grundlage.

Foto: Getty Images/iStockphoto/Shutterstock.com/ Christian Jung

Angeblich soll es Englands Königin Elizabeth I. gewesen sein, die sagte, das Eischnee-Gebilde, das man ihr als Gast am französischen Hofe kredenzte, schmecke ihr so süß und gut wie ein Kuss. Küssen heißt auf Französisch „Baiser“, und so bekam das Küsschen aus Eiweiß und Zucker seinen Namen. „Früher nannte man es in Deutschland spanischer Wind, heute auch Meringue“, sagt Heinz-Richard Heinemann, Konditormeister aus Mönchengladbach, dessen Café- und Pralinen-Imperium als Markenzeichen die grüne Tüte hat. In der Adventszeit erlebt das Baiser seine Hochzeit, ist doch der süße Eischnee Grundlage für viele Gebäcksorten, zum Beispiel Haselnuss- oder Kokosmakronen. Für letztere empfiehlt der Mönchengladbacher einen Hauch Orangenabrieb. „So schmeckt es noch etwas exotischer.“

Baiser besteht nur aus Eiklar und Zucker, je nach Rezept nimmt man Staub- oder feinen Kristallzucker. Eigentlich kann beim Schlagen von Eiweiß nicht viel schiefgehen: Die Eier müssen sauber getrennt sein, kein Dotter darf in die Masse kommen, zudem müssen Schüssel und der Quirl absolut fettfrei sein. Wird sonst bei Eierspeisen immer auf die absolute Frische von Eiern hingewiesen, dürfen sie für Baiser laut Heinemann ruhig schon ein paar Tage im Nest gelegen haben. Denn wenn das Eiklar zu frisch ist, könnte es Probleme mit der Standfestigkeit geben. Zucker und Eiweiß werden abgewogen Und dann wird die Masse aufgeschlagen, am besten lässt man das eine Küchenmaschine erledigen. Die Schüssel sollte der Hobbybäcker immer im Blick haben, denn der Schnee kann auch überschlagen werden. Dann wird er leicht grieselig und bröckelig – nicht schön. Da Eier unterschiedlich groß sind, wiegt ein Pâtissier das Eiweiß grammgenau ab.

Beim Backen gibt es laut Heinz-Richard Heinemann nicht viel zu beachten. Aber was heißt in dem Fall schon Backen? „Die Meringue werden eher getrocknet“, sagt Heinemann. Die Eiweißtupfen kommen bei 90 Grad für etwa eine Stunde in den Ofen. Nach der Back- beziehungsweise Trockenzeit wird der Ofen abgestellt, die Klappe geöffnet und ein Holzlöffel dazwischen gesteckt. So können Hitze und Restfeuchtigkeit langsam entweichen. Heinemann lässt die Baisers über Nacht im Ofen.

Ein kleiner Hype ist in den vergangenen Jahren um die französischen Macarons entstanden. Die häufig knallbunten Mandelmakronen – ein Baiser mit Mandelmehl – sind mit Cremes in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen gefüllt. Sie werden aus einem italienischen Baiser gemacht, das heißt, der Zucker wird zunächst zu einem Sirup gekocht. Mit einer Temperatur von 114 bis 116 Grad wird er langsam beim Schlagen zum Eiweiß gegeben. So bekommt das Baiser eine glänzende, glattere Oberfläche. Generell wichtig bei der Zubereitung ist, dem Schnee vorm Backen eine gewisse Zeit zum Antrocknen zu geben. „Erst wenn sich eine feine Haut gebildet hat, können die Macarons in den Ofen“, sagt Heinemann. Die Trockenphase gibt es so zum Beispiel auch bei Amarettini, den italienischen Mandelmakronen. Sie werden nach dem Antrocknen ein wenig zusammengeschoben und bekommen so ihre typische Kreuzform.

Anders als in Deutschland ist das Baiser in anderen Ländern ein Ganzjahresgebäck. Bei „meringue glacé“ landen Eis und Sahne zwischen zwei Baiser-Hälften – fertig ist das süß-kalte Sandwich. Die Italiener zum Beispiel geben Meringue-Stückchen gerne in Desserts oder Eis, damit es etwas zu knuspern gibt, sagt Heinemann. Der Engländer setzt auf denselben Effekt bei seinem berühmten Nachtisch „Eton Mess“, der aus Früchten und Sahne hergestellt wird. Eischnee spielt in der klassischen Pâtisserie ebenfalls eine große Rolle für diverse Desserts und Kuchen.

Ein berühmter Nachtisch, den auch Heinemann gerne mag, ist „Île flottante“, die schwimmende Insel. Dafür zieht eine Nocke süßer Eischnee in Milch gar und wird dann in einer Vanillesauce serviert, obenauf liegt noch karamellisierter Zucker. Auch Salzburger Nockerln bestehen aus Eischnee, sie werden aber gebacken. Eine Pavlova sind kleine Böden oder kunstvoll aufdressierte Gebilde aus Baiser, die heißer gebacken werden und deshalb in der Mitte noch etwas feuchter sind. Sie werden mit Cremes, Eis oder Früchten gefüllt. Auch in Kuchen und Torten hat der süße Schnee einen großen Auftritt – zum Beispiel in Eissplittertorte, in der Grillagetorte oder in der Zuger Kirschtorte. Da einige Kunden sich mit Schweizer Kantonen nicht so gut auskannten und meinten, die Zuger Torte hätte etwas mit der Bundesbahn zu tun, heißt sie bei Heinemann mittlerweile Kirschwassertorte – Verwirrung ausgeschlossen. Der Baiser-Boden in der Kirschtorte mit Hochprozentigem, Biskuit und Buttercreme wird in der Pâtisserie auch „Japonaise“ genannt, weil sich gemahlene Haselnüsse im Schnee verstecken.

Eischnee muss nicht per se gebacken werden: Bei Kuchen wie der französischen „Tarte au Citron“ bleiben die aufgespritzten Tupfen roh und werden nur abgeflämmt oder unter einem Grill sanft gebräunt. Sorgen um die Genießbarkeit und die Bekömmlichkeit muss sich niemand manchen. „Der Zucker konserviert“, sagt Heinemann.

Und was macht man in dieser Schneeschlacht mit dem ganzen Eigelb? Man kann die Dotter einige Tage abgedeckt im Kühlschrank aufheben und sogar einfrieren. Heinz-Richard Heinemann empfiehlt mit einem Augenzwinkern ansonsten eine aufgeschlagene Zabaione als Dessert oder ein Omelette aus mehreren Eigelb und einem Ei. „Dann haben Sie genügend Cholesterin für mehrere Tage.“

Dattelplätzchen

Zutaten 250 g Datteln, 250 g Mandeln, 250 g Zucker, 3 Eiweiß, Oblaten.

Zubereitung Wer ganze Mandeln gekauft hat, überbrüht sie, zieht die Schale ab und stiftelt die Mandeln. Die Datteln entkernen und in längliche Streifen schneiden. Eiweiß mit Zucker steif schlagen. Mandeln und Datteln unterheben und mit zwei Löffeln Baiser-Häufchen auf die Oblaten setzen. Bei 150 Grad Heißluft ca. 40 Minuten backen.

Haselnussbrötchen

Zutaten 4 Eiweiß, 250 g Zucker, etwas Vanillezucker, 140 g gemahlene Mandeln, 140 g gemahlene Haselnüsse.

Zubereitung Aus Eiweiß und Zucker Schnee schlagen. Von der Baisermasse zwei Esslöffel abnehmen und beiseite stellen. In die Restmasse gemahlene Nüsse und Mandeln einarbeiten. Mit zwei Löffeln längliche kleine Brötchen formen und auf ein Backblech setzen. Mit der restlichen Baisermasse Tupfen auf jedes Brötchen setzen. Bei 150 Grad Heißluft etwa 35 Minuten backen.

Vanille-Macarons

Zutaten 200 g gemahlene Mandeln, 200 g Puderzucker, 75 ml Wasser, 200 g Raffinadezucker, zwei mal 80 g Eiweiß, Mark einer Vanilleschote

Für die Creme: 250 g weiche Butter, 140 g Puderzucker, 160 g gemahlene Mandeln

Zubereitung Mandeln mit Puderzucker mischen und sieben. Wasser und Raffinadezucker ohne Rühren zum Kochen bringen. Die Temperatur des Sirups darf 115 Grad nicht überschreiten.

80 g Eiweiß zu Schnee schlagen. Hat der Sirup 115 Grad erreicht gießt man ihn in dünnem Strahl in den Eischnee, der in der Maschine weiter geschlagen wird. Weiterrühren, damit der Schnee etwas abkühlt,

Die anderen 80 g Eiweiß in die Zucker-Mandel-Masse einarbeiten. Das ausgekratzte Vanillemark zugeben und eventuell Farbstoff.

Ein Drittel des Schnees unter die Mandelpaste geben, dann den Rest. Masse in einen Spritzbeutel geben und in walnussgroßen, gleichmäßigen Klecksen auf ein Backblech geben.

Die Macarons 30 Minuten antrocknen lassen. Dann bei 150 Grad 14 Minuten backen. Backpapier vorsichtig auf angefeuchtete Arbeitsfläche ziehen, dann lösen sich die Makronen leichter.

Für die Buttercreme die weiche Butter aufschlagen und Puderzucker hinzugeben. Die gemahlenen Mandeln unterheben und zu einer luftigen Creme aufschlagen. Je einen Klecks auf die abgekühlten Macarons geben und weitere als Deckel draufsetzen.

(mso)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort