Beliebtes Gericht neu interpretiert Von der Rolle

Für gute Rouladen sind nicht nur die inneren, sondern auch die äußeren Werte entscheidend. Das gilt sowohl für die Fleisch- als auch für die Gemüsevarianten. Bei letzteren ist etwas Fantasie bei der Auswahl der Zutaten gefragt.

Beliebt als deftiges Gericht: Rinderrouladen.

Beliebt als deftiges Gericht: Rinderrouladen.

Foto: istock

„Ich bin Franzose und komme von der Atlantikküste. Ich kannte die hier so beliebten Rinderrouladen gar nicht, bis ich vor dreißig Jahren ins Rheinland kam“, ist mit das Erste, was der Koch, Fleischkenner und Metzgerei-Inhaber Nicolas Bonfils aus Mönchengladbach-Windberg auf die Frage, was eine gute Roulade ausmacht, erzählt. Das hat sich mittlerweile gründlich geändert, und so weiß er genau, worauf es bei dem saftigen Schmorgericht ankommt, dessen Name auf das französische Wort „rouler“ für „rollen“ zurückgeht.

„Für die klassische Rinder-Roulade nimmt man sehr mageres Fleisch aus der Oberschale, das etwa fünf bis sieben Millimeter dick geschnitten wird“, erklärt Bonfils. In seiner Metzgerei verwendet er dafür das Fleisch von Färsen, also jungen Kühen, die noch kein Kalb bekommen haben. Es sei ein besonders feinfaseriges Fleisch mit gut verteiltem intramuskulärem Fett und dadurch besonders saftig und aromatisch im Vergleich zum Beispiel zum ebenfalls oft angebotenen Jungbullenfleisch, was etwas gröbere Fasern und eine weniger feine Fettmarmorierung habe. Färsenfleisch verliere beim Braten auch weniger Flüssigkeit und bleibe insgesamt zarter. Im besten Fall kommt das Fleisch dann noch, wie bei Bonfils und vielen noch inhabergeführten Metzgereien, direkt aus regionaler Aufzucht und Schlachtung, was man bei Geschmack und Konsistenz der fertigen Rouladen durchaus merkt.

Klassisch wird gerade im Rheinland die Rinder-Roulade mit geräuchertem Bauchspeck, Senf, Zwiebeln und sauren Gürkchen gefüllt, in Westfalen kennt man auch eine Füllung mit Mett oder sogar Mettenden. „Die enthalten viel Feuchtigkeit, was die Rouladen am Ende sehr saftig werden lässt“, weiß der Fleisch-Fachmann, der auch noch eine Variante aus seinem Heimatland parat hat. „In Südfrankreich füllt man Rinder-Rouladen gerne mit Mett oder dem Brät der scharfen Merguez-Bratwurst und Oliven.“ Die Vor- und Zubereitung ist dann aber überall gleich: Rouladen füllen, aufrollen, verschließen, in etwas Fett anbraten, mit Flüssigkeit wie Wein, Bratenfond oder Brühe aufgießen und schmoren, bis das Fleisch weich und die Füllung gar ist.

Auch mit anderem magerem Fleisch wie Kalb (Oberschale/Hüfte, drei bis fünf Millimeter dick geschnitten) oder Geflügelbrustfilet (Hähnchen oder Pute, sieben bis neun Millimeter dick geschnitten) lassen sich schmackhafte Rouladen herstellen. „In Frankreich beliebt sind ‚Paupiette‘, die hauptsächlich mit Kalbfleisch hergestellt werden. Sie haben eine Füllung aus Brät, mit Champignons, Schalotten, Petersilie, Knoblauch und Weißwein vermischt“, erklärt Nicolas Bonfils eine weitere französische Spezialität. In Italien kennt man die Kalbsschnitzel gefüllt mit Pesto, Parmaschinken, getrockneten Tomaten und Pinienkernen als „Involtini“, was ebenfalls nichts anderes als „Rollen“ heißt, nur viel verheißungsvoller klingt. „Kalbfleisch hat den Vorteil, dass es schneller gart als Rindfleisch und auch noch zarter ist“, weiß der Koch.

Das ist auch bei Geflügelrouladen der Fall, für die Bonfils neben der Verwendung von Brustfilet noch einen Tipp hat: „Fragen Sie nach ausgelösten Hähnchenkeulen, sogenanntem ‚pollo fino‘, ohne Knochen. Das Fleisch ist etwas herzhafter und kräftiger im Geschmack und bleibt beim Schmoren auch saftiger als das Filet.“ Schweinefleisch wird hingegen für Rouladen eher nicht verwendet, da es dafür zu mager ist und bei der Zubereitung trocken werden würde.

Was aber sehr gut funktioniert, sind Gemüse-Rouladen, und nein, damit sind hier nicht Kohlrouladen mit Mettfüllung gemeint. Wie es ohne Fleisch, dafür aber nicht weniger würzig, aromatisch und geschmackvoll geht, wissen die Inhaberinnen des veganen Restaurants „Die fette Beete“ in Krefeld. Jessica Wolf und Kristina Mohr kochen nicht nur frisch, saisonal und möglichst regional mit Gemüse und Fleischersatzprodukten aus Soja, sondern bieten auch vegane Kochkurse an. „Rouladen sind tatsächlich bei unseren Gästen im Restaurant und den Kochschülern das ganze Jahr über beliebt“, berichten die beiden. Für die Umhüllung ihrer gerollten Köstlichkeiten greifen sie am liebsten zu Wirsingblättern, die von der Konsistenz her sogar noch etwas besser geeignet sind als Spitz-, Weiß- oder Rotkohl. Auch Radicchio-Blätter mit ihrem leicht bitteren Geschmack und der festen Struktur kommen schon mal zum Einsatz.

Bei der Füllung kann man dann seiner Fantasie freien Lauf lassen, findet Jessica Wolf: „Wir kreieren unsere Rezepte immer sehr spontan, je nach Jahreszeit und Marktangebot. Gerade im Sommer kommen orientalisch angehauchte und leichte Füllungen mit Hirse, Couscous oder Bulgur zusammen mit Zwiebeln, Knoblauch und Kurkuma, getrockneten Früchten wie Aprikosen, Rosinen oder Datteln, frischen Paprika und Nüssen als knackiger Komponente gut an. Dazu passt als Sauce eine Möhrencreme oder in den Herbst hinein auch eine Variante mit Kürbis.“ Als Vorspeise oder kleinen Snack empfehlen die Köchinnen längs geschnittene, angebratene Auberginen- oder Zucchinischeiben aufgerollt mit Frischkäse-Kräuterfüllung, gerne auch verfeinert mit Sesamsamen.

Und auch für die, die zwar kein Fleisch essen möchten, aber trotzdem gerne den typisch würzigen Charakter eines Schmorgerichtes hätten, gibt es bei der „Fetten Beete“ eine Lösung, deren genaues Rezept aber nicht verraten wird. Nur so viel lässt Kristina Mohr sich entlocken: „Ich mag in der kälteren Jahreszeit sehr gerne den deftigen Rouladen-Geschmack und die klassische Füllung. Das verwirklichen wir mit einem Grundprodukt aus texturiertem Soja, das wir mit Senf, Zwiebeln, sauren Gurken und Räuchertofu als Alternative zum Bauchspeck füllen. Gegart wird es in einer kräftigen Sauce aus angebratenem Wurzelgemüse, abgelöscht mit Rotwein und kräftig gewürzt mit allem, was man auch zu Fleisch-Rouladen verwenden würde. Dazu servieren wir passend Semmelknödel und Rotkohl.“

Für die Zubereitung aller Rouladen können ein paar Hilfsmittel sehr nützlich sein: Damit die Rollen nicht auseinanderfallen, gibt es Rouladenringe oder Rouladenklammern aus Metall, Rouladenbinder aus wiederverwendbarem Silikon oder sogar Hülsen-Vorrichtungen, mit deren Hilfe man Rouladen einnetzen kann, wie man es vom Weihnachtsbaum-Verkauf kennt. Es geht aber auch ganz einfach mit Küchengarn oder Zahnstochern. Ein ausreichend großer Schmortopf oder Bräter sollte ebenfalls vorhanden sein, ein guter Tipp ist auch ein Schnellkochtopf, in dem das Schmorgericht schneller und schonender gegart werden kann und das Fleisch weniger Gefahr läuft, während der Zubereitung auszutrocknen. Wer die Kapazitäten hat, kann auch gleich eine größere Menge zubereiten – Rouladen, egal ob aus Fleisch oder Gemüse, lassen sich mit der Sauce zusammen gut portionsweise einfrieren und bei Bedarf einfach erwärmen.

Nicht zuletzt könnte man nach Vorspeise und Hauptgericht auch beim Dessert auf Rouladen setzen, man denke nur an eine luftige Biskuitrolle mit sahnig-fruchtiger Füllung – aber das ist ein anderes Thema.

REZEPTE

Provenzalische Rinderrouladen (von Nicolas Bonfils)

Zutaten (für 6 Rouladen): 6 Rinderrouladen (vorzugsweise Färsenfleisch, dünn geschnitten), 7 Knoblauchzehen, 3 Schalotten, 4 Stängel glatte Petersilie, 3 Zwiebeln, 4 reife Tomaten, 300 g Merguez, 100 g Mett, 1 Ei, 2 EL Olivenöl, 250 ml Weißwein, 100 g schwarze Oliven, 2 Zweige Thymian, Salz, Pfeffer

Zubereitung: Zwei Knoblauchzehen und die Schalotten schälen, zusammen mit der Petersilie hacken. Die restlichen Knoblauchzehen schälen, die Zwiebeln schälen und in Scheiben schneiden. Die Tomaten schälen und zerdrücken. In einer großen Schüssel Merguez und Mett mit der Knoblauch-Schalotten-Petersilienmischung vermengen. Das Ei in einer kleinen Schüssel verquirlen und anschließend mit dem vorbereiteten Hack vermischen.

Die Rouladen von außen etwas salzen, auf der Arbeitsfläche auslegen und die Füllung gleichmäßig jeweils in die Mitte aller Scheiben setzen und etwas verteilen. Rouladen aufrollen und verschließen. Öl in einem ausreichend großen Bratentopf/Bräter erhitzen, und die Rouladen von allen Seiten anbraten, danach aus dem Topf nehmen und beiseitelegen.

Die Zwiebelscheiben und die restlichen ganzen Knoblauchzehen im selben Topf bei schwacher Hitze dünsten, bis die Zwiebeln glasig werden, fast „schmelzen“. Mit Weißwein ablöschen und, wenn dieser zu köcheln beginnt, die zerdrückten Tomaten und den Thymian hinzugeben. Rouladen ebenfalls wieder in den Bräter geben und ca. 30 Minuten köcheln lassen. Die Oliven hinzugeben, Sauce mit Salz und Pfeffer abschmecken und alles noch mal 10 Minuten köcheln lassen (Färsenfleisch hat eine kürzere Garzeit als zum Beispiel Jungbullenfleisch, dieses ggf. etwas länger köcheln). Mit frischen Tagliatelle oder Polenta servieren.

Kohlrouladen mit Hirsefüllung

Zutaten (für 4 Rouladen): 1 Spitzkohl o. kleiner Weißkohl (ca. 500-600 g), 75 g Hirse, 300 ml Gemüsebrühe, ½ Bund Schnittlauch, 1 Zwiebel, 1 Knoblauchzehe, 1 kleiner Kohlrabi, 1-2 EL Rapsöl, 5 EL Paprikapaste (Ajvar), Salz, Pfeffer, Muskatnuss

Zubereitung: Vom Kohlkopf evtl. welke äußere Blätter entfernen und den Kohlkopf im Ganzen etwa 2 Minuten in kochendem Wasser garen, anschließend abtropfen lassen und 8-12 größere Blätter ablösen. Diese auf der Arbeitsfläche ausbreiten, nochmals trocken tupfen und dickere Blattrippen etwas flach schneiden. Den restlichen Kohl in feine Streifen schneiden. 150 ml Gemüsebrühe aufkochen, die Hirse einstreuen und nach Packungsanweisung wie gewünscht bissfest bis weich garen. In der Zwischenzeit den Schnittlauch waschen und in kleine Röllchen schneiden, Zwiebel und Knoblauch schälen und fein hacken. Den Kohlrabi schälen und in feine Streifen schneiden.

Etwas Öl in einer Pfanne erhitzen und Zwiebeln und Knoblauch darin andünsten. Kohlrabistreifen dazugeben und 3 Minuten mitdünsten. Die Mischung mit der Paprikapaste und der Hälfte des Schnittlauchs unter die Hirse heben, alles kräftig mit Salz und Pfeffer abschmecken. 2-3 Kohlblätter übereinanderlegen, Füllung gleichmäßig darauf verteilen und die Rouladen aufrollen und verschließen.

In einem großen Topf das restliche Öl erhitzen, zunächst die Rouladen darin rundum anbraten und dann die restliche Gemüsebrühe angießen. Zerkleinerten Kohl dazugeben, kräftig mit Salz, Pfeffer und Muskat würzen und alles zusammen ca. 20 Minuten garen, bis der Kohl die gewünschte Konsistenz hat. Mit dem restlichen Schnittlauch bestreut servieren.

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