Start der Pilzsaison Glücks-Pilze

In diesem Jahr könnte die Ausbeute für Sammler wegen der anhaltenden Trockenheit magerer ausfallen. Bei der Suche nach den Waldfrüchten gilt es einiges zu beachten.

Pilzsaison bislang so schlecht wie nie
Foto: grafik

Dieser Sommer ist auch an den Pilzen nicht spurlos vorübergegangen. „Tatsächlich sind die meisten Gebiete noch pilzlos“, sagt Rainer Wald, Pilzsachverständiger bei der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM). Normalerweise beginnt im September die Saison. Aber Pilze brauchen Feuchtigkeit, und geregnet hat es seit Februar nicht nennenswert. „Das macht sich natürlich bemerkbar“, erklärt Wald. „Ich gehe davon aus, dass dieses Jahr das schlechteste Pilzjahr wird, das wir je hatten.“

Denn auch wenn es demnächst wieder regnen sollte, heißt das nicht, dass die Pilze sofort sprießen. Erstens müssten ordentliche Wassermengen möglichst über mehrere Tage niedergehen, zweitens brauchen auch die Pilze etwas Zeit, um zu wachsen. Bei kleineren Arten müsste man laut Wald etwa vier bis fünf Tage veranschlagen, größere entwickeln sich in zehn bis 14 Tagen. Heißt aber auch: Vor Anfang Oktober, den notwendigen Niederschlag vorausgesetzt, werden Sammler wohl meistens leer ausgehen.

Wenn es dann soweit ist, gilt es, einige einfache Regeln zu beherzigen. Die wichtigste lautet: Nur die Pilze mitnehmen, die man wirklich kennt. Bei Hilfsmitteln wie Pilz-Bestimmungs-Apps oder entsprechenden Büchern rät Wald zu Vorsicht. „Gerade Apps sind eine schöne Spielerei, verlassen würde ich mich darauf nicht“, sagt der Experte. „Schließlich steht die eigene Gesundheit auf dem Spiel.“ Auch Pilzführer sieht Wald mit einer gewissen Skepsis. Sie sollten seiner Meinung nach mindestens 1500 bis 2000 Arten enthalten, um ein Gefühl dafür zu vermitteln, welche Sensibilität das Thema verlangt.

Walds Tipp: Wer sich unsicher ist, sticht den entsprechenden Pilz vorsichtig heraus – nicht abschneiden, um den Stiel zu erhalten –, packt ihn in eine Tupperdose und bestimmt ihn in Ruhe zu Hause. Entweder mit Hilfe von Bestimmungsgruppen im Internet oder am besten über die Pilzsachverständigen der DGfM. Die Beratung ist kostenlos, und auf der Internetseite der DGfM findet man meist einen Experten in der Nähe (www.dgfm-ev.de). Da es fast zu jedem Speisepilz einen giftigen oder zumindest ungenießbaren Doppelgänger gibt, kann eine Verwechslung schwerwiegende Folgen nach sich ziehen.

Wobei die Vergiftungsursache Nummer eins laut Wald auf den Verzehr zu alter Pilze zurückzuführen ist. Verdorbene Bestandteile lösen die sogenannte unechte Pilzvergiftung aus – vor allem zersetztes Eiweiß. „Manche Sammler pflücken entweder schon alte Pilze, transportieren sie in Plastiktüten oder lagern sie zu lange und falsch“, sagt Wald. Als Transportgefäß eignen sich Körbe sehr gut, auf jeden Fall aber gut durchgelüftete Behälter.

Bei der Frage, wie sich alte und junge Pilze voneinander unterscheiden lassen, solle man auf seinen Instinkt vertrauen, empfiehlt Wald. „Eine alte Gurke oder alte Tomaten im Supermarkt erkennt man ja auch“, sagt er. Generell gilt: Wirkt ein Pilz schwammig oder bilden sich Dellen, wenn man den Hut zusammendrückt, sollte man ihn besser stehen lassen. Manche Arten neigen auch zu Schimmelbefall, der äußerlich nicht sichtbar sein muss.

Wirklich gefährlich wird es aber bei hochgiftigen Exemplaren wie dem Grünen Knollenblätterpilz, dem Orangefuchsigen Raukopf oder dem Schöngelben Klumpfuß, weil diese Arten teils schwere Organschäden hervorrufen können. So greift etwa das im Knollenblätterpilz enthaltene Gift Amanitin massiv die Leber an. „Deshalb muss man sich mit dem Aussehen dieser Pilze eingehend beschäftigen“, sagt Wald.

Hauptsächlich gesammelt werden hierzulande allerdings Röhrenpilze wie Steinpilze oder der Maronen-Röhrling, zudem Champignons und Pfifferlinge. Auch dabei gibt es zwar Verwechslungsgefahren, allerdings laut Wald mit überschaubaren Folgen. Gerät etwa ein Schönfuß-Röhrling mit in die Pfanne, kann dies zu Bauchschmerzen führen, weil der Pilz unbekömmlich ist. Lebensgefahr aber besteht nicht. Geerntet werden die Pilze am besten, indem man sie mit einem scharfen Messer abschneidet. Das macht zum Beispiel Sinn bei Parasol-Pilzen, weil der Stiel holzig ist. Steinpilze dagegen kann man auch vorsichtig herausdrehen, um möglichst viel zu erhalten. Am besten reinigt man sie vorsichtig noch vor Ort, damit sie sich länger halten.

Die meisten Sammler haben es aber ohnehin auf die sehr leckeren Steinpilze abgesehen. Wobei es verboten ist, den Wald leer zu pflücken. Im Bundesartenschutzgesetz ist eine Höchstgrenze für den Eigenbedarf festgelegt, um den gewerblichen Handel zu verhindern – ein Kilogramm pro Kopf und Tag. Wer mehr sammeln will, braucht eine Lizenz. Damit soll laut Wald professionell organisierten Sammlern, die in Mannschaftsstärke anrücken und ihren Ertrag teuer an Restaurants verkaufen, ein Riegel vorgeschoben werden.

Jetzt gilt es nur noch zu hoffen, dass die Pilzsaison in diesem Jahr nicht komplett ausfällt. Normalerweise ist ungefähr Ende Oktober Schluss, sagt Wald, aber möglicherweise verschiebe sich die Saison in diesem Jahr nach hinten. In der Regel müssen Sammler auch in den kalten Monaten nicht komplett auf Pilze verzichten. In den frostfreien Perioden im Dezember und Januar lassen sich gut Winterpilze sammeln, zum Beispiel der Austern-Seitling, der Samtfußrübling oder das Judasohr. Diese wachsen meist an Stämmen oder abgestorbenen Baumstümpfen. „Eins steht fest“, sagt Wald, „Pilze halten sich nicht an den Kalender.“

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