Das macht ein gutes Messer aus Alle mögen's scharf

Düsseldorf · Wer gerne kocht, braucht gute Messer. Solinger Hersteller bürgen dabei nach wie vor für hohe Qualität. Sie bieten Spezialklingen für jeden Zweck - notwendig ist das nicht.

 Ein gutes Messer in der Küche ist Gold wert.

Ein gutes Messer in der Küche ist Gold wert.

Foto: thinkstock

Eine gewisse Schärfe wissen Köche nicht nur beim Essen zu schätzen, sondern bereits bei der Zubereitung. Denn kaum etwas ist ärgerlicher als ein stumpfes Messer, das eher rupft als schneidet. In Zeiten des allgemeinen Optimierungswahns, der auch vor der Küche nicht Halt macht, reicht freilich eine scharfe Klinge allein nicht aus - wer Messer sagt, meint damit in der Regel ein hochspezialisiertes Werkzeug. So gibt es etwa Koch-, Käse-, Brot-, Obst-, Steak-, Spick, Filetier-, Schäl- und Ausbeinmesser, mit Klingen aus Kohlenstoffstahl oder zweimal gebrannter Keramik und Griffen aus uraltem Olivenholz oder einfachem Kunststoff. Um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Stephan Tang, Messer- und Scherenschleifer aus der Klingenstadt Solingen, hat dafür nur einen Kommentar: "Überdimensioniert".

In den vergangenen Jahren seien, so Tang, viele Hersteller übers Ziel hinausgeschossen. Vielleicht auch als Folge davon, dass sich das Kochen durch das Fernsehen neue Schichten erschlossen hat. Vor allem welche, die bereit sind, für die Küchenausstattung viel Geld auszugeben. Ein gutes Kochmesser liegt im Durchschnitt bei 100 Euro, günstigere sind bereits ab 50 Euro zu bekommen. Nach oben gibt es kaum Grenzen. "Dabei", sagt Tang, "reichen vier Messer für die meisten Zwecke aus: ein Koch-, ein Parier-, ein Brot- und ein Ausbeinmesser." Claudia Powell vom Solinger Hersteller Güde pflichtet da zwar grundsätzlich bei, sieht aber natürlich auch angesichts des breiten eigenen Sortiments ausreichend Bedarf für Spezialklingen. "Man lernt zu schätzen, was solche Messer zu leisten imstande sind", sagt Powell. "Das macht einfach Spaß."

"Guter Stahl bleibt lange scharf"

Wie viele Schneidwerkzeuge daheim wirklich notwendig sind, mag also individuell differieren. Weniger Spielraum gibt es bei der Qualität. Entscheidend, sagt Tang, ist der benutzte Stahl und dessen Verarbeitung. "Guter Stahl bleibt länger scharf", erklärt der 54-Jährige, und vor allem lässt er sich nachschleifen. Bei billig verarbeiteten Messern sei das oft schwierig oder überhaupt nicht möglich. Als Alternative bietet sich auch Keramik an. Diese Messer bleiben zwar besonders lange scharf, sind aber wegen ihres hohen Härtegrades auch spröde und brechen leicht.

Solinger Hersteller sind seit Jahrhunderten für erstklassiges Handwerk bekannt, etwa einen besonders hochwertigen, sehr feinen Schliff. "Blaupließten" wird dieser genannt. "Im Licht spiegelt so eine Klinge dann bläulich", erklärt Tang. Nicht einmal japanische Spezialklingen, in europäischen Küchen seit Jahren sehr gefragt, kämen da heran. Viele dieser Messer, wie das Deba, das Usuba oder das Yanagiba, seien nur einseitig geschliffen und deshalb begrenzt einsetzbar.

Die Firma Güde beispielsweise nimmt für sich in Anspruch, einen Wellenschliff mit spitzen Zähnen erfunden zu haben. Vor allem Brot lässt sich damit sauber schneiden. "Früher galt die Maxime, dass man mit jedem Messer alles klein bekommt", sagt Powell. "Heute will man Produkte aber auch ansehnlich verarbeiten." Ästhetik gilt dabei nicht nur beim Arbeitsprozess als Kriterium, sondern auch für das Messer selbst. Güde treibt das sehr weit, bietet etwa auch Klingen aus wertvollem Damaststahl (die den Preis für ein Kochmesser auf bis zu 1300 Euro treiben) und Griffschalen aus dem Eichenholz alter Weinfässer oder venezianischer Gondelpfähle.

Schleifer Tang ist da ganz pragmatisch. "Ein Griff muss gut in der Hand liegen", sagt er. Das Material sei in diesem Fall nicht so wichtig. Auf die Klinge komme es an, und die will gepflegt werden. Regel eins: Für Messer tabu ist die Spülmaschine. Die Salze fressen den Schneidgrad weg. Regel zwei: Messer niemals zusammen in einer Schublade aufbewahren. Wenn die Schneiden aneinander stoßen, entstehen leicht Macken. Stattdessen sollte man alle Schneidwerkzeuge unter fließendem Wasser abwischen (nicht scheuern!) und danach abtrocknen. Aufbewahrt werden sie am besten in einem Messerblock oder an einer Magnetleiste. Letzteres findet Tang auch nicht optimal, weil die Klingen auf Dauer verkratzen können. Geschnitten wird am besten auf einem Holz- oder Kunststoffbrett; Lebensmittel schiebt man mit dem Messerrücken vom Brettchen. Tang empfiehlt zudem, Klingen regelmäßig mit dem Wetzstahl zu bearbeiten. Beim Schneiden bildet sich an der Schnittfläche ein kleiner Grat, den man mit dem Wetzstahl wieder aufrichtet.

Irgendwann aber hilft nur noch das Nachschleifen. Und da kommt Stephan Tang ins Spiel. Meist auf Wochenmärkten im Ruhrgebiet ist der Messerschleifer unterwegs. Gut gefragt sei sein Handwerk mittlerweile, erzählt er. Wer sich ein gutes Messer leistet, will eben auch möglichst lange damit arbeiten. Und dafür braucht es eben eine gewisse Schärfe.

(RP)
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