Proteinwunder Kichererbsen Was gibt’s hier zu kichern?
Zu Hummus, Falafel oder Fatteh verarbeitet, sind Kichererbsen besonders beliebt. Die Küche des Levante, des östlichen Mittelmeeres, boomt. Für die Zubereitung ist Geduld nötig.
Genau genommen ist die Kichererbse ein kleiner Betrüger: Hat sie doch weder etwas mit Kichern zu tun noch mit Hühnchen, wie ihre englische Bezeichnung „Chickpea“ vortäuscht. Aber diese Irritation verzeiht man der beigefarbenen Hülsenfrucht doch gerne, wenn sie in Form von Hummus, Falafel oder Fatteh daherkommt und vor allem eins ist: lecker. Da mag sie heißen, wie sie will.
Über eine der wichtigsten Zutaten der levantinischen Küche gerät Fatima Sadal regelrecht ins Schwärmen. Die Ratingerin mit pakistanischen Wurzeln bietet mit ihrem Unternehmen „Chef on Rhine“ Catering und Kochkurse rund um die Levante-Küche und vermittelt die Gerichte der östlichen Mittelmeerregion. In Kochkursen in Volkshochschulen in Düsseldorf, Mettmann und Neuss und in der Familienbildungsstätte in Ratingen verrät die Hobbyköchin jene Rezepte, die sie selbst von ihrer Schwiegermutter, die mehr als zwei Jahrzehnte in der Region lebte, bekommen hat. Und räumt zunächst mit einem großen Kichererbsen-Missverständnis auf: „Den Geschmack, den Hummus durch getrocknete Kichererbsen bekommt, den kann man nicht mit Kichererbsen aus der Dose erreichen.“
Da ist es, das oberste Gebot der Levante-Küche: Essen bedeutet Genuss. Und der braucht Zeit. „In diesen Ländern gibt es kein Konzept von schneller Küche“, erklärt Sadal. „Da wird das Essen gefeiert, das ganze Leben dreht sich ums Essen.“ Für die Kichererbsen heißt das: Sie erhalten in getrocknetem Zustand erst einmal eine stundenlange Badebehandlung. „Man weicht sie zuerst über Nacht oder mindestens sechs bis sieben Stunden in Wasser ein“, erklärt Sadal. Wer jetzt schon sein appetitlich mit Granatapfelkernen oder warmen Mandelsplittern dekoriertes Hummus vor sich sieht, dem sei Geduld empfohlen. „Danach kocht man die Kichererbsen noch einmal stundenlang.“ Die italienische „al dente“-Idee kennt die Levante-Küche nicht. Das Essen muss auf der Zunge zergehen, sonst ist es nicht perfekt.
Mit Tahini, einer Sesampaste, Zitronensaft, Salz und Olivenöl püriert, ergeben die weichgekochten Kichererbsen einen herrlichen Brei und Dip für dünnes Fladenbrot: Hummus. Das allerdings ist nur die Anfängerversion. „Wer es richtig gut machen möchte, nimmt die Kichererbsen, weicht sie ein, kocht sie – und pellt dann jede einzelne Erbse“ sagt Sadal. Diese Erbsenzählerei lohne sich, beteuert sie. Der Geschmack sei einfach noch feiner, noch besser. So, wie ein gutes Hummus eben sein müsse. „Natürlich ist das eine Knochenarbeit“, sagt sie und lacht. „Aber das Ergebnis, wenn die Menschen strahlen beim Essen, das entschädigt für alles.“
Überhaupt ist es der Genuss, der die Levante-Küche ausmacht. Es geht um frische Zutaten und vor allem um Geselligkeit. „Die Tradition ist, dass man ein Essen mit ganz vielen Mezzes, also Vorspeisen, beginnt“, erklärt die Mutter zweier Söhne. Aufgetischt werden kalte Varianten – Hummus, die Auberginencreme Baba Ganoush oder Mutabbel, der Petersiliensalat Tabouleh – in vielen Schälchen: Jeder isst von jedem Teller. „Das Zauberhafte ist diese Esskultur, in der man alles teilt. Das bringt die Menschen zusammen“, sagt Sadal. Als zweiter Gang folgen warme Vorspeisen wie das Schicht-Gericht Fatteh, die Teigtaschen Fatayer oder Sfiha, die gefüllten Klöße Kibbeh oder Falafel. Vor allem bei den Kichererbsenbällchen sei die Zubereitung entscheidend, sagt Sadal: „Wenn man Falafel macht, darf man auf keinen Fall Kichererbsen aus der Dose nehmen, sonst wird die Masse zu feucht und fällt beim Frittieren auseinander.“ Auch hier sind stundenlang eingeweichte, jedoch nicht gekochte Kichererbsen die beste Zutat. Die gibt es in arabischen, türkischen und indischen Lebensmittelgeschäften. „Früher war die levantinische Küche in Deutschland nicht sehr verbreitet“, erinnert sich die Linguistin. „Inzwischen sind die Produkte einfacher zu bekommen – die Menschen sind interessierter.“
Dass Kichererbsen nicht nur gut schmecken, sondern auch gut tun, weiß die Düsseldorfer Ernährungswissenschaftlerin und zertifizierte Ernährungsberaterin Kamilla Pyka: „Es ist ein gesundes Lebensmittel mit gesundheitsfördernden Eigenschaften.“ So seien Kirchererbsen kleine Proteinbomben. „100 Gramm haben genauso viel Eiweiß wie drei mittelgroße Eier.“ Der Proteingehalt sei vergleichbar mit dem von Muskelfleisch – egal ob Schwein, Rind, Geflügel oder Fisch, sagt Pyka. „Kichererbsen haben viele Vitamine, und der hohe Gehalt an Eisen, Zink und Folsäure macht sie auch für Vegetarier sehr interessant.“ Pyka hebt zudem den hohen Gehalt an Ballaststoffen hervor – „die sind wichtig für die Verdauung und das gesamte Magen-Darm-System“: 100 Gramm können mit 250 Gramm Grieß, 560 Gramm Weißbrot oder 210 Gramm rohen Vollkornnudeln mithalten. Haut und Haar stärken Kichererbsen auch, fördern Konzentration und Energie und den Stoffwechsel. Wahre Wundermittel, diese Kirchererbsen, deren Name vom lateinischen Wort „Cicer“ für „Erbse“ stammt, und bei Genießern nach einem langen Menü vielleicht nicht für ein Kichern, aber auf jeden Fall für ein zufriedenes Lächeln sorgen.
Hummus
Zutaten 1 Dose (480 Gramm Abtropfgewicht) Kichererbsen, 1 gepresste Knoblauchzehe, Saft einer halben Zitrone, 1,5 El Kuminpulver,
7 El Tahini, 8 El Olivenöl – Salz, Olivenöl und Minze zum Garnieren
Zubereitung Die Kichererbsen abtropfen lassen, in einem Liter Wasser etwa 10 Minuten ganz weich kochen. Das Wasser auffangen, nach Wunsch einige Kichererbsen für die Garnitur zurückbehalten. Die Kichererbsen mit dem Stabmixer fein pürieren. Die restlichen Zutaten untermengen. Nach Bedarf Wasser hinzufügen, bis eine kartoffelpüree-artige Konsistenz erreicht ist. Mit Olivenöl, Kichererbsen und frischer Minze garnieren.
Falafel
Zutaten 1 Glas (240 ml) getrocknete Kichererbsen, 1 Handvoll Koriander, 1 Handvoll Petersilie, 2 Knoblauchzehen, 1 kleine Zwiebel, ½ Chilischote, 1 Tl Salz, ½ Tl Pfeffer, 2 El Kuminpulver, 1 El Korianderpulver, 3 El Semmelbrösel, Öl zum Frittieren
Zubereitung Die Kichererbsen in einer Schüssel mit reichlich kaltem Wasser bedecken und zwölf Stunden quellen lassen. Abtropfen lassen. Zwiebel und Knoblauch schälen und grob zerkleinern. Petersilie und Koriander waschen und klein hacken. Zwiebel, Knoblauch, Koriander, Chili, Petersilie und Kichererbsen im Mixer fein zerkleinern. Mit Korianderpulver, Kumin, Pfeffer und Salz abschmecken und mit Semmelbrösel verkneten. Ovale oder runde Bällchen formen. Das Öl erhitzen. Die Falafel darin portionsweise vier bis fünf Minuten goldbraun frittieren. Jeweils auf Küchenpapier abtropfen lassen.
Die Rezepte hat Fatima Sadal zur Verfügung gestellt. Mehr unterwww.chefonrhine.com
Dieser Artikel ist bereits zuvor bei der Rheinischen Post erschienen, da er aber weiterhin aktuell ist, bieten wir ihn erneut zum Lesen an.