Karpfen Unbedenklich, aber auch nicht lecker

Düsseldorf · Die Umweltschutz-Organisation Greenpeace rät, Fisch nur noch selten zu essen, und empfiehlt uneingeschränkt den Karpfen. Vielen graust es allerdings vor ihm.

Karpfen: Empfohlen vom Greenpeace Fischratgeber
Foto: DPA/H. Frei

Francisco Costa redet nicht drumherum. "Wer Karpfen isst, der trinkt auch Rheinwasser", sagt der Geschäftsführer beim Neusser Fischhandel Kuhn. Der Karpfen sei "furchtbar", der Geschmack laff und modrig.

Nach Angaben von Costa könne man so viele Fischarten essen, warum müsse es denn ausgerechnet der Karpfen sein? Laut den Umweltschützern von Greenpeace ist er allerdings der einzige Fisch, den man mit gutem Gewissen auf den Tisch bringen und den man bedenkenlos essen könne. Für einen neuen Einkaufsratgeber wurden 115 Arten bewertet; Konsumenten sollen je nach Art auf den Zustand des Bestandes, das Herkunftsgebiet und die Fangmethode achten. "Wir empfehlen, Fisch als Delikatesse zu sehen und ihn so selten wie möglich zu essen", sagt Greenpeace-Expertin Sandra Schöttner.

Nach Angaben der Welternährungsorganisation FAO sind 28,8 Prozent der weltweiten Speisefischbestände überfischt oder erschöpft, 61,3 Prozent würden bis an die Grenze genutzt. Für nicht vertretbar hält Greenpeace zum Beispiel den Verzehr von Aal, Rotbarsch, Makrele, Seehecht und Alaska-Seelachs. Der Bundesverband der deutschen Fischindustrie hält den Einkaufsratgeber für "wirklichkeitsfremd". Er ignoriere viele Entwicklungen, die von der Fischindustrie und zum Teil auch von Greenpeace selbst in den vergangenen zehn Jahren angestoßen worden seien. Greenpeace rate vom Kauf von Kabeljau ab, tatsächlich komme die Mehrzahl der Fische aber aus nachhaltigem Fang. Auch bei der Scholle sei die freigegebene Fangmenge in der Nordsee noch nie so groß wie 2015 und 2016 gewesen.

Damit der Karpfen, der am Boden lebt und zu den mittelfetten Fischen gehört, zu einem beliebten Speisefisch wird, benötigt es eine Imagekampagne und Köche, die sich seiner liebevoll annehmen. So empfiehlt Sternekoch Markus Kebschull vom Restaurant "Seesteg" auf Norderney die gebackene Variante. "Hierzu wird das Fischfilet durch einen pikanten, mit Curry abgeschmeckten Ausbackteig gezogen und in Sesamöl gegart." In der Küche Osteuropas oder Asiens ist der Süßwasserfisch ja ein fester Bestandteil. Früher war er auch hierzulande beliebt. "Ich glaube aber nicht an eine Renaissance", sagt Costa, dafür habe der Verbraucher mittlerweile zu viele andere, geschmackvollere Arten gekostet. Höchstens der Preis sei noch ein Verkaufsargument: Neun Euro kostet das Kilo.

Trotzdem sieht Thomas Rameil, Chef des Verbandes Fischzüchter und Teichwirte NRW, keine Absatzmöglichkeiten. "Der Karpfen muss ordentlich abgefischt werden und vier Wochen in Quellwasser die Bitterstoffe ausschwemmen." Zudem haben die Tiere feine Ypsilon-Gräten, die kompliziert zu entfernen seien. Rameil züchtet Forellen - bei Greenpeace auch auf dem Index: Sie benötigen tierisches (Fischmehl), Karpfen pflanzliches Eiweiß.

Bernhard Zerbe, Besitzer des Angelparks an der Holzmühle in Wegberg, lässt den Karpfen trotz weniger Fans neben der beliebten Forelle in seinen Teichen schwimmen, denn zu Weihnachten und Silvester findet er schon Interessenten. Viele Angler nehmen solch einen Fang allerdings nicht gerne mit nach Hause. "Sie verschenken ihn dann lieber." Zerbe mag den Karpfen auch nicht, auch ihm ist er zu modrig. "Wenn man ihn in Koteletts schneidet, schmeckt er geräuchert ganz gut", räumt er immerhin ein. Vielleicht wäre das ein Anfang.

(RP)
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