Fermentieren wie zu Omas Zeiten Was lange gärt, wird endlich gut

Früher war es üblich, Gemüse durch Fermentieren, also einen Gärprozess in Salzlake, haltbar zu machen. Heute entdecken Spitzenköche dieses Prozedere neu. Es lässt sich leicht umsetzen.

 Einmachgläser in der Speisekammer (Archivfoto).

Einmachgläser in der Speisekammer (Archivfoto).

Foto: iStock/Zigzag Mountain Art/Shutterstock.com

Bevor es Kühlschränke und künstliche Stabilisatoren gab, wurden Lebensmittel durch Fermentation haltbar gemacht, so dass die Ernte des Sommers den Winter überdauerte. Spitzenköche in aller Welt, allen voran René Redzepi vom „Noma“ in Kopenhagen, haben Omas altes Küchenwissen wieder entdeckt und machen die Methode zum Trend. In dem Buch „The Noma Guide to Fermentation“ (erscheint ab März auch auf Deutsch im Workman Publishing Verlag) werden mehr als 100 Rezepte für Kombucha, Shoyu (natürlich fermentierte Sojasauce aus Sojabohnen und Weizen) oder Miso verraten.

Zum Selbermachen braucht man jedoch kein Sternekoch zu sein. Ein erster Versuch lohnt sich. Man nimmt beispielsweise Karotten, Kohl oder Zucchini, die gehobelt, geraspelt oder gerieben, in Stücke oder Streifen geschnitten werden. Am besten alles in einer Schüssel fest zusammendrücken, so dass der Saft austritt. Dann wird das Gemüse in Salzlake eingelegt – geht gut in einfachen Bügelgläsern –, die für die „Gärung“ (im Lateinischen „fermentum“) sorgt.

Eigentlich sind Bakterien und Pilzkulturen im Essen meist unerwünscht. Doch wenn es ums Fermentieren geht, sind die kleinen Helfer unerlässlich. Denn Fermentation ist ein Prozess, der Lebensmittel im Zusammenspiel mit Mikroorganismen haltbar macht – und das ohne jede Konservierung. Hauptsache: das Gemüse ist vollständig mit Flüssigkeit bedeckt – sonst kultiviert man Schimmelpilze statt Milchsäurebakterien. Wenn es gut geht, ist der Fermentationsprozess nach einigen Tagen abgeschlossen. Luftdicht verschlossen hält sich das mit Salz milchsauer vergorene Produkt mit seinem säuerlichen und zugleich salzigen Geschmack monatelang.

Fermentiertes ist nicht nur länger haltbar als industriell verarbeitete Lebensmittel, es eröffnet auch neue Aromen und intensivere Geschmacksnuancen –  sicherlich Gründe, warum es bei Spitzenköchen so beliebt ist. Zudem werden Vitamine und Enzyme gebildet, die vorher nicht enthalten waren. Und wer rohes, fermentiertes Gemüse isst, soll – so die Experten – seiner Darmflora Gutes tun.

In Deutschland ist Sauerkraut das bekannteste Beispiel für ein fermentiertes Lebensmittel, aber auch Bohnen sind früher milchsauer eingelegt worden, Gurken und Rettiche ebenso. In Korea ist das milchsaure Kimchi eine Nationalspeise, in Japan schätzt man Miso oder die Tofu-Alternative Tempeh.

Wer es nicht selbst probieren will, dem hilft Olaf Schnelle weiter. Er betreibt seine Gärtnerei „Schnelles Grünzeug“ in Dorow auf dem Land in Mecklenburg-Vorpommern. Dort wachsen frische Wildkräuter, essbare Blüten, seltene Würzkräuter und rare Gemüsesorten. Und es entsteht fermentiertes Gemüse: Karotte mit Holunderblüte, Rettich mit Wassermelone, Weiße Bete mit Lavendel, Rote Bete mit Johannisbeerholz oder Sellerie mit Quitte und noch mehr besondere Kreationen.

Das haltbar gemachte Grünzeug wird in der eigenen Manufaktur hergestellt. Die Rohstoffe entstammen überwiegend der eigenen Gärtnerei, aber auch die benachbarten Bio-Gärtnereien liefern zu. Die Idee wurde mit dem Bundespreis für Engagement gegen Lebensmittelabfälle ausgezeichnet. Denn fermentiert werden bei Schnelle nur die Überschüsse. Seine Produkte, die an edle Adressen wie das „Nobelhart & Schmutzig“ in Berlin geliefert werden, können auch bestellt werden (schnelles-gruenzeug.de).

Rezept


Birnen-Möhrensuppe mit roher und fermentierter Karotte (nach einem Rezept von Olaf Schnelle)

Zutaten für vier Personen

800 g geschälte und klein geschnittene Möhren

3 große Birnen (Abathe Fetel oder ähnlich)

30 g Butter, 1 EL Honig

2 fein gewürfelte Zwiebeln

1,6 l kräftige Gemüsebrühe

4 EL (ca. 100g) fermentierte Karotten

4 EL Joghurt

Salz, weißer Pfeffer aus der Mühle

Zubereitung

Butter zergehen lassen, die fein geschnittenen Zwiebeln mit Möhren und dem Honig glasig anschwitzen. Brühe zugeben, würzen und die Möhren etwa 20 Minuten weich köcheln. Birnen schälen und vom Kerngehäuse befreien.

Die Birnen und den Joghurt zu den Möhren geben und anschließend im Mixer fein pürieren. Die Suppe danach nochmals gut abschmecken. Die heiße Suppe in vorgewärmte tiefe Teller geben und jeweils einen Esslöffel der fermentierten Karotten in die Mitte geben. So sieht das Gericht auch noch gut aus.

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