Die Störenfriede (23) Herr Goertz scheitert regelmäßig beim Staubsaugen

Mönchengladbach · Herr Goertz schafft es nicht, die Wohnung zur Zufriedenheit seiner persönlichen Aufsichtsrätin staubzusaugen. Herr Sieben schlägt smarte technische Lösungen vor. Doch der Teufel steckt auch hier im Detail. Die 23. Folge der Störenfriede.

 Es handelt sich lediglich um ein Symbolbild. Flokatiteppiche spielen im Folgenden keine Rolle. (Symbol!!!)

Es handelt sich lediglich um ein Symbolbild. Flokatiteppiche spielen im Folgenden keine Rolle. (Symbol!!!)

Foto: dpa/Silvia Marks

Einmal in der Woche chatten die Redakteurs-Kollegen Christian Sieben und Wolfram Goertz miteinander, um sich nach dem Befinden des anderen zu erkundigen. Beide verbindet eine satirische Sicht auf die Dinge, ansonsten sind sie streng beim Sie. In ihren Gesprächen geht es oft um Alltägliches, gelegentlich um Grundsätzliches, und manchmal steht am Ende sogar eine Erkenntnis.

Sieben Herr Goertz, wobei störe ich heute?

Goertz Sie stören nicht, denn ich warte. Ich warte auf den Bescheid meiner persönlichen Aufsichtsrätin, dass auch mein heutiger Versuch, die Wohnung mit dem Staubsauger zu reinigen, nicht optimal verlaufen ist. Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen alle Grundflächen und Ecken angesteuert. Doch immer werden mir Wollmäuse oder Krümel präsentiert, verbunden mit der Bemerkung: „Hier in der Ecke warst Du nicht, oder?" Neuerdings sage ich vorbeugend: „Erster Durchgang abgeschlossen." Es folgen dann stets mehrere Korrektur- und Revisionssauggänge.

Sieben Ich unterscheide auch zwischen „schnell saugen" und „gründlich saugen“. Beim Erstgenannten werden nur die Laufwege von Staubmäusen und Unrat befreit. Beim Zweitgenannten werden Sofas, Betten und Tische verrückt. Aber warum vergessen Sie immer Ecken und andere Stellen? Sie wohnen doch nicht im Winterpalais, nehme ich an.

Goertz Ich neige dazu, in Ecken keinen Schmutz zu vermuten. Ich liebe die runde Form, auch beim Saugen. Ecken haben Winkel, damit komme ich nicht zurecht, sosehr ich mir Mühe gebe.

Sieben Vielleicht arbeiten Sie mit unbrauchbarem Werkzeug. Neureiche Bekannte von mir kauften neulich ein Gerät für 699 Euro. Beim V15 Detect Absolute Staubsauger machen – ich denke mir das nicht aus – Laserlichtstrahlen feinste Partikel sichtbar. Brauchen Sie vielleicht einfach einen Laser-Sauger?

Goertz Es reicht schon, dass im Keller unbenutzte Laserschwerter aus früheren Zeiten herumstehen. Es ist ja nicht das Ding als solches, es ist meine Einstellung. Ich zähle eindeutig nicht zu den Saugetieren. Andererseits glaube ich, dass sich am Stromkabel oder unter dem Korpus des Saugers immer Staubpartikel ansammeln, die dann durch die Wohnung gezogen oder kutschiert werden. Kaum habe ich nämlich etwa den Flur gesaugt, finde ich nach Rückkehr wo die meisten Partikel? Im Flur. Um ein Mysterium handelt es sich nicht.

Sieben Sie müssen technisch aufrüsten. Kabellose Geräte ohne Korpus auf Rädern. Flex-Adapter, Haar-Düse, Fugendüse, Kombidüse. Gamification nennt man das im Silicon Valley. Das Saugen muss zum Erlebnis werden, das Sie mit Freude auf TikTok streamen. Haben Sie wenigstens mal an die Anschaffung eines Saug-Roboters gedacht?

Goertz Ich glaube, dass die Vorbereitung der Wohnung für den Roboterdienst (Stühle hochstellen, Boden aufräumen) so viel Zeit in Anspruch nimmt, dass ich lieber direkt selbst sauge. Ich werde aber darüber nachdenken. Letztlich läuft es darauf hinaus, dass ein Boden NIE sauber werden kann. In solcher Hinsicht ist Saugen eine Form von Ewigkeitswerk.

Sieben Man muss sich den Sisyphossauger als glücklichen Menschen vorstellen. Kommen wir zur Gretchenfrage. Wie lange nach einem gründlichen Saugen bringen die Aufsichtsratchefin und Sie die innere Stärke auf, die Straßenschuhe im Treppenhaus auszuziehen und sofort die Hausschuhe anzuziehen?

Goertz Wir betreten die Wohnung fast nie oder nur sehr kurz in Straßenschuhen. Das ist nicht der Punkt. Deshalb gibt es kein „vor dem Saugen" und „nach dem Saugen". Ich sauge immer in Socken. Ich lebe quasi auf Socken. Vielleicht produzieren Socken Staub.

Sieben Ich schaue mir gerade Saugroboter im Internet an. Schließlich ist bald Weihnachten. Aber eine Hilfe für Ihr Ecken-Problem sind die leider nicht. Alle sind rund. Dafür sind Sie ab 129 Euro dabei. Könnten Sie vielleicht die Ecken fegen, und der Roboter macht den Rest? Sonst bin ich bei diesem Thema mit meinem Latein am Ende, Herr Kollege. Kann es sein, dass saugen auf Latein sugere heißt?

Goertz Ja, so ist es. Sugere, sugo, suxi, suctum. Ein Verb, das etwa bei Cicero vorkommt, allerdings unter „mammam sugere" – die Brust saugen. Das freilich ist etwas anderes und erinnert direkt an den Menschen als Saugetier. Was die Wohnung angeht, saugten die alten Römer nicht, sie fegten. Ich beneide sie nachträglich und glaube, ich lebe zwei Jahrtausende zu spät. Ich würde mich gern zuweilen ins Altertum beamen. Für Sie aber käme ich natürlich einmal wöchentlich zurück, edler Septem. Wir sprechen uns noch!

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