Bernhard Robbers Wenn Kinder laut schnarchen

Nächtliche Atemgeräusche sollten immer vom HNO-Arzt untersucht werden.

Unsere Leserin Astrid M. (32) aus Viersen fragt: "Mein vierjähriger Sohn Max schnarcht nachts, und an manchen Tagen sieht er ziemlich käsig und müde aus. Der Kinderarzt meint, da müsse er größere Diagnostik betreiben, und will ihn zum HNO-Arzt schicken. Warum?"

Bernhard robbers Schlafstörungen im Kindesalter sind kein harmloses Problem. Immerhin leiden fast 40 Prozent aller Kinder darunter. Schon im Kleinkindalter kommt es bei zwei Prozent der Kinder während des Schlafes zu Atemaussetzern (Apnoe). Diese können länger als zehn Sekunden dauern. Kinder- und HNO-Ärzte werden häufig mit lauter Schnarchatmung bei Kindern konfrontiert. Dabei kann dies ein Indiz für Atemaussetzer und eine Schlaf-Apnoe sein. Dem Atemaussetzer folgt ein tiefer Atemzug, der die verengten Atemwege öffnet und als lauter Schnarcher zu hören ist. Die betroffenen Kinder sind durch die verstärkte Atemmuskelarbeit im Schlaf häufig sehr unruhig, wachen häufig auf, schwitzen und sind durstig. Ein Tiefschlaf ist durch die häufigen Weckreaktionen oft nicht möglich. Durch die Atemaussetzer kommt es zu einem verminderten Sauerstoffgehalt im Blut. Die Folgen sind Appetit- Lustlosigkeit, Aggressivität, Gedeihstörungen, Müdigkeit. Ursächlich liegt diesen Symptomen neben einem möglichen Übergewicht und vergrößerten Gaumenmandeln meistens eine mechanische Verengung des Nasenrachenraums als sogenanntes "Adenoid-Syndrom" zugrunde, das in unterschiedlichen Störungen des Gesamtorganismus gipfelt. Diese "Adenoide Vegetationen" werden im Volksmund "Rachenmandeln" oder "Polypen" genannt. Zu den Problemen des "Adenoid-Syndroms" zählen neben dem Schnarchen bis zum Schlaf-Apnoe-Syndrom eine behinderte Nasenatmung und häufige Infekte der Atemwege durch eine fehlende Luftanfeuchtung, eine nasale Sprache, Mittelohrbelüftungsstörungen mit Hörstörungen sowie Veränderungen der Kiefer- und Zahnstellung. Die Rachenmandel ist Teil des lymphatischen Waldeyerschen Rachenrings und physiologisch im Nasenrachenraum im Kindesalter vorhanden. Durch die intensive Auseinandersetzung mit den Fremdstoffen (Viren, Bakterien, Allergenen) ist das Rachenmandelgewebe als Teil des Immunsystems im Kindesalter sehr aktiv und schwillt daher stark an. Die Rachenmandelschwellung ist erst dann als Erkrankung anzusehen, wenn Symptome des Adenoid-Syndroms vorliegen. Im jugendlichen Alter hat sich das lymphatische Rachenmandelgewebe üblicherweise zurückgebildet. Eine vergrößerte Rachenmandel im Jugendalter ist immer abklärungsbedürftig. Die operative Entfernung der Rachenmandeln geschieht meist ambulant in Vollnarkose und führt rasch zum Rückgang der Beschwerden und zu einer positiven Entwicklung des Kindes. Bleiben schnarchende Kinder unbehandelt, werden sie oft schlechter in der Schule. Daher sollten Schlafstörungen früh ärztlich untersucht werden.

Bernhard Robbers ist HNO-Chefarzt am Dominikus-Krankenhaus in Düsseldorf-Heerdt.

(RP)
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