Zehn Tipps Wenn die Eltern Hilfe brauchen
Düsseldorf · Viele Menschen der mittleren Generation fragen sich: Was kann ich tun, damit meine Eltern gut durchs Alter kommen? Kinder sollten sich als Assistenten begreifen. Wie das schnell und effzient geht, erklären wir in zehn Tipps.
Wenn Kinder erwachsen und ihre Eltern zu Senioren werden, verkehren sich oft die Zuständigkeiten. Manchmal steht auch das eingeübte Erziehungsverhältnis auf dem Kopf. Dabei ist es oft nur Sorge: Was kann ich tun, damit mein alter Vater nicht vereinsamt, regelmäßig die richtigen Tabletten nimmt, keinen Muskelschwund bekommt, im Notfall die richtige Nummer wählt, endlich wieder besser hört, nicht so oft stolpert, ausreichend trinkt, von der Zigarette lässt und seine letzten (kritischen) Tage und die Zeit danach richtig ordnet? Hier zehn Tipps für den Alltag, für Kinder und Eltern:
Keine Bevormundung, sondern Assistenz
Ältere Menschen hassen es, wenn ihre Kinder sie wie Unmündige behandeln. Sie sind alt genug und können vieles selbst entscheiden - und wollen das auch. Trotzdem ist ihnen die Hilfe der Kinder, die sie lieben, wichtig. Eltern schätzen eine Art herzliche Assistenz. Dieses Verhältnis lässt sich meistens in einem langen Gespräch definieren. Wenn es gut vorbereitet ist, lassen sich fast alle Aspekte so klären, dass beide Seiten hinterher nicht nur zufrieden, sondern glücklich sind.
Telekommunikation
Wenn das persönliche Gespräch an großer Entfernung scheitert, empfiehlt sich die Anschaffung eines Smartphones für Senioren. Die Bedienung ist leicht, und die Mail aus Mallorca mit Foto vom Strand an die Mutter erfüllt beide Seiten mit Freude. Vielleicht kommt sogar eine Mail zurück. Teilhabe am Leben ist für Ältere unentbehrlich. Kinder können dazu entscheidend beitragen. Regelmäßiges Telefonieren macht froh; Kommunikation trägt erheblich zum Erhalt der kognitiven Möglichkeiten bei. Smartphones besitzen übrigens stets einen Notfallknopf oder -pass.
Einmal mit zum Hausarzt gehen
Am Anfang steht immer die Frage: Wie gesund ist mein alter Vater eigentlich? Welche Tabletten muss er nehmen? Mancher Hausarzt ist froh, wenn ein Patient von seinem Sohn (oder seiner Tochter) begleitet wird. Vier Ohren hören mehr als zwei, die oft sowieso nur schlecht funktionieren. Bei diesem Gespräch sollte es auch um Schutzimpfungen gegen Grippe und Pneumokokken gehen. Und um die tägliche Trinkmenge: Manche Senioren trinken zu wenig, manche zu viel. Bewährt hat sich der tägliche Wasserkrug, der abends geleert sein sollte. Der Arzt sollte entscheiden, wie groß dieser Krug ist und womit er zu befüllen ist. Standard: täglich etwa zwei Liter.
Tablettenkästchen entrümpeln
Kinder und Eltern sollten bei diesem Gespräch immer nach dem Sinn und der Dosierung der Medikamente fragen; nicht selten sind sie überdosiert, überflüssig oder gar schädlich - vor allem wenn Ältere bei mehreren Ärzten in Behandlung sind. Kinder und Eltern sollten gemeinsam eine Liste aufstellen, welche Tabletten sie einnehmen, und vom Hausarzt überprüfen lassen. Aus Sorge vor Verwechslung: Senioren sollten unbedingt ein übersichtliches Tablettenschächtelchen oder -kästchen besitzen.
Erreichbarkeit im Notfall
Für Kinder ist der Gedanke Horror, dass ihren Eltern etwas passiert und niemand sich kümmern kann, weil er nichts erfährt. Wer gebrechlich und allein ist, aber zu Hause wohnt, sollte über eine Hausnotruf-Anlage nachdenken. Sie besteht aus einer Basisstation mit Freisprecheinrichtung, die über den eigenen Telefonanschluss installiert wird. Dazu gehört ein Funksender, den man wie eine Armbanduhr am Handgelenk oder eine Kette um den Hals trägt. Auf Knopfdruck kann ein Signal an eine Notrufzentrale gesendet werden, die dann Angehörige oder einen Rettungswagen verständigt. Der Markt für solche Dienstleistungen ist mittlerweile sehr groß: DRK, Johanniter, Malteser, ASB, Caritas, Diakonie und andere bieten Pakete an. Die Kosten sind überschaubar.
Mobilisierung und Muskelkraft sind das A und O
Ein Sturz und der Verfall alter Menschen sind in sehr vielen Fällen Folge mangelnder Beweglichkeit und einer unzureichend trainierten Muskulatur. Deren Degeneration beginnt übrigens - wie unser Alterungsprozess - ab Mitte 30. Kinder und Eltern sollten daraus kluge Konsequenzen ziehen - am besten, indem sie sich gemeinsam fit machen. Das Beste: Vater und Sohn verabreden eine gemeinsame Schnupperstunde im Fitness-Studio. Vielleicht wird eine Dauereinrichtung zu zweit daraus. Rituale, auf die sich alle Beteiligten freuen, sind für das Innenverhältnis von Kindern und Eltern sehr wichtig.
Stolperfallen beseitigen Gern darf man an den Diener in "Dinner for one" denken. Schusseligkeit, Sehschwäche und verminderte Muskelkraft sind drei Garanten für Stürze - und die münden oftmals in die Bettlägerigkeit und eine lange Leidenszeit, nicht selten mit Komplikationen. Stolperfallen in einer Wohnung - etwa Teppichkanten - sollten Eltern und Kinder gemeinsam erkennen und entschärfen.
Hörgeräte besser früher als später
Während Menschen nur selten eine Aversion gegen Brillen oder Kontaktlinsen entwickeln, ist das bei Hörgeräten leider oft der Fall. Dabei geht die Verminderung der Hörfähigkeit oft mit sozialer Vereinsamung einher. Wer nur schlecht oder verzerrt hört, zieht sich zurück. Das muss nicht sein. In diesem Punkt sollten Kinder insistieren, weil Ältere aus Eitelkeit zur Bockigkeit neigen. Ein gemeinsamer Gang zum HNO-Arzt und dann zum Hörgeräteakustiker kann helfen. Ausprobieren des Geräts ist unerlässlich, Gewöhnung funktioniert meist überraschend gut. Zurückgeben bei Nichtgefallen geht immer.
Zum Nichtrauchen ist es nie zu spät
Ältere Raucher neigen auf die Frage, ob sie die Zigaretten nicht weglassen wollen, zu der lakonischen Auskunft: Ach, das bringt bei mir doch sowieso nichts mehr! Das ist ein Irrtum: Die positiven Effekte auf Lungenfunktion, Blutdruck, Geruchssinn und Geldbeutel sind auch bei Älteren schon schnell zu spüren. Auch sinkt das Krebsrisiko. Raucherentwöhnungskurse sind auch für Senioren geeignet. Krankenkassen geben Zuschüsse und halten Infomaterial bereit. Auch hier winkt ein Ritual: Tochter und Vater besuchen den Kurs gemeinsam.
Patientenverfügung und Generalvollmacht
Wenn ein Ernstfall wie Pflegebedürftigkeit oder Intensivpflichtigkeit eintritt, stehen viele Beteiligte oft ratlos da: Hat Papa eine Vollmacht hinterlassen? Was würde er jetzt tun? Wie wäre sein Wille? Wer darf sich jetzt kümmern? Damit das Vormundschaftsgericht nicht einen Fremden bestellt, ist es klug, rechtlich vorzusorgen. In vielen Fällen ist die Aktenlage nicht so einfach durch Musterformulare aus dem Internet abzudecken. Dann empfiehlt sich ein Besuch beim Notar oder beim Fachanwalt für Familienrecht. Die sind in solchen Fragen firm und können helfen, dass es im Ernstfall nicht zu einem anderen Ernstfall bei den Angehörigen kommt, der erst recht nicht im Sinne von Vater oder Mutter ist.
Mitarbeit Paul Dann (Orthopäde), Klaus Dominick (Kardiologe), Walter Frasch (Gastroenterologe), Thomas Jaeger (Geriater), Johannes Uerscheln ( Pneumologe), Xenia Weiß (Familienrechtlerin).