Wann gibt es wieder mal Kinder? Unser Baby - unsere Hoffnungen

Geldern · Wann gibt es wieder mal Kinder? Mal kommen sie geplant, mal melden sie sich ganz unverhofft an. In jedem Fall verändern Kinder ein Leben von Grund auf. Drei Paare berichten, welche Wünsche sie für das Zusammenleben mit dem Nachwuchs haben.

Viel Zeit zum Nachdenken blieb Jürgen Bey und Marion Holbeck nicht. "Das Kinderkriegen ist über uns hereingebrochen", erzählt der 38-jährige Softwareberater. Während einer Dienstreise erfuhr er am Telefon, dass er Vater würde. "Da hatten wir uns gerade erst kennen gelernt." Trotzdem war klar: Sie wollten das Kind. Im Mai zogen sie zusammen, und seit dem 13. August ist Paula da.

Seitdem hat sich das Leben verändert - besonders für Marion Holbeck. Die 40-Jährige stand als Pressesprecherin und Marketingleiterin der Brauerei Diebels in Issum voll im Berufsleben und dachte nicht daran, eine Familie zu gründen. Plötzlich schwanger zu sein, fand sie dennoch "einfach schön", erzählt sie, während Paula auf ihrem Arm schläft. "Ich habe gedacht: Entweder ist es jetzt so, oder die Zeit zum Kinderkriegen ist bald vorbei."

Erst wollte sie unbedingt bis zum letzten Tag arbeiten, aber dann nahm sie lange angesparten Urlaub. "Das Kind kam ganz entspannt, weil ich keinen Stress mehr hatte." Sie musste nichts mehr organisieren, das werdende Leben gab einen eigenen Rhythmus vor.

Erst mal stillen

Den Kontakt zu ihrem beruflichen Umfeld hält Marion Holbeck immer noch - mit einem Unterschied: "Man geht nicht mehr raus, man telefoniert mit den Leuten." Ein halbes Jahr Elternzeit hat sie sich erst einmal genehmigt, damit sie Paula stillen kann: "Danach weiß ich mehr." Immerhin: Die Wohnung in Issum bietet auch Platz für ein zweites Kind.

Rita Honnen (27) und Klaus Slooten (30) haben sich den Entschluss, Eltern zu werden, dagegen reiflich überlegt. Seit einer Krebserkrankung im Alter von elf Jahren ist Rita Honnen querschnittgelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen. "Früher habe ich geglaubt, das schaffe ich nicht - das Kind ins Auto zu legen und wieder rauszunehmen. Aber irgendwann kam ein Kick, und ich habe gedacht, ich möchte doch Kinder haben." Als sie sich das einmal klar gemacht hatte, setzte die Diplom-Sozialpädagogin die Pille ab. Zwei Monate später war sie schwanger. Am 29. September kam die kleine Bele zur Welt.

Problemlose "Sahne-Schwangerschaft"

Eine problemlose "Sahne-Schwangerschaft" liegt hinter ihr. Seit ein paar Tagen ist sie wieder zu Hause in Straelen. "Der erste Abend war schon eine Umgewöhnung. Aber erst mal ist man nur beseelt. Da ist das kleine Wunder, und man kann den ganzen Tag ins Bettchen schauen." Nach dem Kaiserschnitt möchte Rita Honnen erst mal ein paar Jahre abwarten, aber grundsätzlich soll Bele Geschwister haben.

In die Zukunft blickt sie optimistisch. "Ich bin sehr beweglich und mobil, ich kann halt einfach nur nicht laufen", beschreibt Rita Honnen ihre Behinderung. "Aber hinstellen und abstützen oder irgendwo hinhangeln, das geht schon." Freunde und Verwandte unterstützen das Paar. "Meine Geschwister haben Kinder, und da habe ich als Babysitter gesehen, wie problemlos es laufen kann. Natürlich ist es etwas anderes, wenn ich jetzt 24Stunden mit meinem Kind zusammen bin. Bele wird lernen, dass manches bei mir etwas länger dauert und dass sie mal warten muss, bis ich fertig bin. Fünf Minuten entfernt wohnt der nächste Verwandte, der sofort kommen könnte, wenn mal was wäre."

In einem Punkt sind sich Rita Honnen und Klaus Slooten, ein Bus-Unternehmer, einig: "Entscheidend ist, dass wir eine erfüllte Partnerschaft haben. Wir sind fünf Jahre zusammen und haben es genossen, als Paar zu leben. Und dann haben wir uns gefragt: Gehen wir jetzt den nächsten Schritt, oder nicht? Ich finde, es ist eine Bereicherung. Kinder gehören zum Leben dazu."

"Mit Kindern hat man immer Termine"

Das finden auch Peter und Monika Hanßen aus Geldern-Veert. Seit dem 9. Juni leistet Tochter Merle ihnen und den Geschwistern Marcel (12), Carina (11), Mirko (8), Aaron (4) und Nora (2) Gesellschaft. "Kinder sind ein Geschenk Gottes", meint der 39-jährige freiberufliche Ingenieur. "Auch wenn wir wissen, dass sie mit Arbeit, Kosten und schlaflosen Nächten verbunden sind." Hinzu kommt, dass die Freizeit der Eltern stark eingeschränkt ist: "Mit Kindern hat man immer Termine - in der Schule, im Kindergarten, beim Sport." Keine Sorge haben die Hanßens mit dem Wohnraum: Auf ihrem Bauernhof ist Platz für alle. Doch mit öffentlichen Betreuungsangeboten könnte es besser aussehen, meint Hanßen: "So wird vielen Eltern und besonders Alleinerziehenden nicht die Möglichkeit gegeben zu arbeiten."

"Wir sind seit 20 Jahren zusammen", erzählt Monika Hanßen (37). Das erste Kind kam ungeplant, als die gelernte Krankenschwester gerade mit dem Studium der Ernährungswissenschaften begonnen hatte. "Dann kam sehr schnell das zweite, und ich bin in meine Mutterrolle hineingewachsen." Rückblickend stellt sie fest: "Man wird überhaupt nicht darauf vorbereitet, wie grundlegend sich das Leben mit Kindern ändert. Erst als die Kleinen größer wurden, habe ich angefangen, mich mit Pädagogik zu beschäftigen." Vielleicht, meint Monika Hanßen, fühle sie sich erst jetzt, beim sechsten Kind, wirklich kompetent für die Erziehung. "Nicht dass ich jetzt alles besser machen würde - aber bewusster. Das merken auch die Größeren."

Auch bei ihrer Arbeit als Stillberaterin im Geburtshaus Geldern hat sie erfahren, dass der Beratungsbedarf bei jungen Eltern groß ist: "Früher gab es in den Großfamilien eine Art Erziehungswissen. Das fehlt heute. Es gibt kein allgemeines Einverständnis über die Ziele mehr." Trotzdem ermutigt sie junge Paare: "Kinder sind unsere Zukunft. Sie sind die Basis des sozialen Lebens. Indem ich meine Kinder zu selbständigen, freien Menschen erziehe, habe ich die Möglichkeit, an der Entwicklung der Gesellschaft mitzuwirken."

(RP)
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