Natürliche Geburt ausgeschlossen? Kaiserschnitt aus Angst vor Gebärmutterriss

Düsseldorf · Ein Kaiserschnitt erhöht das Risiko, dass bei einer weiteren Geburt die Narbe in der Gebärmutter reißt. Viele Frauen verunsichert das so sehr, dass sie eine Vaginalgeburt für ausgeschlossen halten. Ist das wirklich so?

Kaiserschnittrisiken für das Kind
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Foto: dpa, Patrick Pleul

Leana hat nach einem Notkaiserschnitt das Licht der Welt erblickt. Unter den Strapazen der Geburt waren die Herztöne des Babys immer unregelmäßiger geworden. Die Zeit drängte, Handeln war angesagt. Dank des Kaiserschnitts ist Leana gesund auf die Welt gekommen. Ihre Mutter denkt erst jetzt wieder daran zurück, denn sie ist erneut schwanger. Ihre Sorge, das Baby könne jetzt nicht anders als durch einen Kaiserschnitt geboren werden belastet sie sehr. Lediglich 30 Prozent der Frauen, deren Kind mithilfe des Skalpells geboren wurde, bekommen ihr nächstes Baby im Kreissaal.

Wie hoch das Risiko ist

Die gefürchtete Komplikation: Ein Riss im Uterus unter den Belastungen der natürlichen Geburt. In seltenen Fällen kann es tatsächlich dazu kommen. Das Risiko, dass die Schnittnarbe der vorangegangenen Geburt in der Gebärmutter reist, liegt laut Studien bei 0,9 Prozent. Ärzte müssten 370 Wiederholungskaiserschnitte machen, um einen Uterus-Riss dadurch zu verhindern, fanden Wissenschaftler aus den USA im Jahr 2004 heraus. Ohne Voroperation und Narbe reißt die Gebärmutter während der Geburt extrem selten: Dies kommt bei 0,5 bis 2 von 10.000 Geburten vor. Ein vorhergehender Kaiserschnitt steigert die Häufigkeit nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall (DEGUM) auf 75 von 10.000 Geburten.

Das Wagnis lässt sich also berechnen. Kommt es aber zum Unglück unter der Geburt, sind Mutter und Kind in Lebensgefahr. Durch die Komplikation kann es zu sehr starken Blutungen aus der Gebärmutter kommen, die die Frau gefährden. Zudem ist es möglich, dass sich der Mutterkuchen vorzeitig ablöst und damit auch das Leben des Babys am seidenen Faden hängt. Aus diesem Grund raten die Fachärzte auch im Falle einer Vaginalgeburt immer zur Entbindung im Krankenhaus.

Bessere OP-Technik und überschaubare Risikofaktoren

Durch eine veränderte OP-Technik steht einer vaginalen Geburt beim nächsten Mal eigentlich nichts mehr im Wege. Heute öffnen die Ärzte die Gebärmutter im Falle einer ­Sectio mit einem horizontalen Schnitt. Das senkt die Gefahr von Zwischenfällen in nachfolgenden Schwangerschaften und während der mechanischen Belastung einer natürlichen Geburt immens. Ausnahmen bilden allerdings Frauen mit einem zu engen Becken und solche, die starke Krampfadern in der Scheide haben. Einen Kaiserschnitt kann man zudem kaum umgehen, wenn das Kind sehr groß ist.

Das Risiko eines ­Gebärmutterrisses sinkt zudem, je weiter die Geburten zeitlich auseinanderliegen. Mehrere Kaiserschnitte wiederum erhöhen es. Eine Ultraschalluntersuchung kann bei der schwierigen Entscheidung helfen. Per Vaginal-Ultraschall kann der Gynäkologe im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge die alte Schnittnarbe untersuchen. An der Stärke der Muskelschicht im Bereich der Narbe kann ein geübter Arzt bereits zwischen der ­19ten und 22sten Schwangerschaftswoche erkennen, ob die Gebärmutter den Belastungen einer natürlichen Geburt standhalten kann. "Wenn die Muskelwand stark genug ist und im Verlauf der Schwangerschaft nicht wesentlich abnimmt, kann selbst bei einer größeren Narbe eine vaginale Entbindung versucht werden", sagt Professor Dr. Ulrich Gembruch, Leiter der Abteilung für Geburtshilfe und Pränatalmedizin am Universitätsklinikum Bonn.

Sicherheit und eine richtige Einschätzung gibt den Frauen auch das Gespräch mit dem Gynäkologen und der Hebamme. Darum empfehlen diese rechtzeitig über die Gründe zu sprechen, die bei der letzten Entbindung zum Kaiserschnitt geführt haben.

(wat)
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