Interview mit Annika Walker „Das Studium macht den Beruf attraktiver“

Interview | Krefeld/Kreis Kleve · Annika Walker ist die erste Professorin für angewandte Hebammenwissenschaften an der Hochschule Niederrhein. Sie spricht über die Vorzüge des Studiums und die Situation von Hebammen in den Niederlanden.

 Annika Walker ist Professorin für angewandte Hebammenwissenschaften an der Hochschule Niederrhein.

Annika Walker ist Professorin für angewandte Hebammenwissenschaften an der Hochschule Niederrhein.

Foto: Hochschule Niederrhein

Frau Professor Walker, Sie sind seit November 2021 Professorin für angewandte Hebammenwissenschaften an der Hochschule Niederrhein. Wie viele Studierende haben Sie?

Annika Walker Wir haben aktuell 24 Studierende. Wir hätten Kapazitäten für 45 Studierende, aber um sich bei uns einschreiben zu können, brauchen die Studierenden erst einen Platz an einer Kooperationsstätte der Hochschule. Momentan bauen wir diese Kooperationen weiter aus. Auch das St.-Antonius-Hospital in Kleve gehört dazu.

Das heißt, das Studium ist dual?

Walker Von Anfang wechseln sich Praxis und Theorie miteinander ab. Wir versuchen, das aufeinander abzustimmen. Zum Beispiel haben wir im ersten Semester über das Wochenbett gelehrt, und anschließend waren die Studierenden auf der Wochenbettstation eingesetzt.

War die Akademisierung der Hebammen-Ausbildung aus Ihrer Sicht ein richtiger Schritt, um den Hebammenmangel aufzufangen?

Walker Ja. Der Beruf ist verantwortungsvoll und wird immer komplexer. Das ist schon sinnvoll, dass man das studiert. Und das Studium macht den Beruf attraktiver. Weil man danach mehr Möglichkeiten hat, beispielweise auch noch einen Master machen kann. Und wir hoffen auch, dass durch das Studium die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Weil Hebammen dann auch lernen, durch zum Beispiel eigene Forschung mehr Einfluss auszuüben und der Stellenwert des Berufes sich verbessern kann.

Ein Kritikpunkt am Studium ist ja, dass junge Menschen, die kein Abitur haben, auch nicht Hebamme werden können. Und man diese Menschen dadurch verliert.

Walker Das stimmt. Aber wenn man sich die Statistiken anschaut, sieht man, dass auch schon in den vergangenen Jahren die meisten Menschen, die eine Ausbildung zur Hebamme begonnen haben, Abitur hatten. Und man kann sich auch für den Studiengang bewerben, wenn man eine gleichwertig anerkannte Berufsausbildung mit dreijähriger Berufserfahrung vorweisen kann, zum Beispiel als Gesundheits- und Krankenpfleger:in.

Können Sie skizzieren, wie das Studium aussieht?

Walker Einerseits gibt es natürlich die Praxiseinsätze. Dann die hebammenspezifischen Inhalte. Man lernt alles über die Schwangerschaft, Geburt und die Stillzeit, das ganze Spektrum der Hebammenarbeit. Zusätzlich werden auch Themen zu Frauengesundheit, Kommunikation oder Qualitätsmanagement behandelt. Und, was jetzt durch das Studium neu ist, das wissenschaftliche Arbeiten. Dass die angehenden Hebammen auch lernen, Studien zu interpretieren und durchzuführen. Es ist wichtig, dass man sein Handeln mit wissenschaftlichen Studien unterbauen kann.

Sie haben in den Niederlanden studiert und da auch als Hebamme gearbeitet. Wie ist die Situation dort?

Walker Das System ist ein anderes. Dort ist man als Hebamme erste Ansprechpartnerin für Schwangere. Und dort gibt es grundsätzlich mehr Hebammen. Aber sie übernehmen dort nur die ersten Wochen die Nachsorge, das machen Eltern-Kind-Zentren. Das kann man also auf Deutschland nicht übertragen.

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