Sprechstunde Schmerzloses Zucken

Unwillkürlich zuckende Bewegungen kleiner Muskelgruppen sind gar nicht so selten. Meistens sind sie harmlos. Neurologen wissen Rat.

Unser Leser Julian S. (39) aus Meerbusch fragt: "In den vergangenen Wochen habe ich immer wieder kleine Zuckungen an unterschiedlichen Stellen in meinen Wadenmuskeln und zuletzt auch am Augenlid bemerkt. Andere Symptome habe ich bisher nicht beobachtet. Mein Hausarzt sagt, es seien harmlose Muskelzuckungen. Muss ich mir wirklich keine Sorgen machen? Man hört ja viel über tückische Muskelerkrankungen, etwa ALS, an der zum Beispiel der Maler Jörg Immendorff gestorben ist."

Winfried Neukäter Bei den von unserem Leser beschriebenen Muskelzuckungen handelt es sich um sogenannte Faszikulationen. Dies sind unwillkürliche Bewegungen sehr kleiner Muskelgruppen (Muskelbündel), die zwar unter der Haut sichtbar und auch spürbar sind, aber zu keinem wesentlichen Bewegungseffekt führen. Sie sind nicht schmerzhaft und können oft durch Beklopfen des Muskels provoziert werden. Diese gutartigen Faszikulationen treten häufig im Gesicht, aber auch an den Extremitäten auf. Das kurze Zucken des Muskels kann sich mehrfach wiederholen.

Wenn man diese Muskelzuckungen mit Besorgnis beobachtet, können diese hierdurch verstärkt werden und über mehrere Minuten anhalten. Seelisches Ungleichgewicht, Stress, die Einnahme von Stimulantien beispielsweise bei übermäßigem Kaffeegenuss können Faszikulationen auslösen oder verstärken. Zudem treten diese harnlosen Zuckungen gehäuft in der Ruhephase nach einer ausgedehnteren sportlichen Belastung auf. Dies hat keinerlei Krankheitswert, auch wenn Faszikulationen im Einzelfall lästig sein können.

Abzugrenzen sind die benignen (gutartigen) von den pathologischen (krankhaften) Faszikulationen. Diese sind Ausdruck einer Schädigung des sogenannten zweiten Motoneuron, welcher in der Vorderhornzelle des Rückenmarks beginnt und bis zum Muskel führt. Sie treten bei Erkrankungen wie der von unserem Leser erwähnten Amyotrophen Lateralsklerose oder auch bei sogenannten Polyneuropathien auf; das sind Nervenschädigungen. Sie sind Ausdruck des gestörten Übergangs des Nervenimpuls auf die Muskelbündel, so dass sich diese spontan ohne vorangegangenen Nervenimpuls entladen.

Krankhafte Faszikulationen gehen aber immer mit anderen Symptomen wie einer Verschmächtigung und einer Schwäche des Muskels einher. Da diese Symptome bei unserem Leser offenbar nicht bestehen, muss er sich keine Sorgen machen. In fast allen Fällen sind Faszikulationen auch vorübergehend und hören nach einigen Tagen oder Wochen wieder auf. Wer sich unsicher ist, sollte sich vom Neurologen untersuchen lassen.

(RP)
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